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Leitartikel: Kein Argument für den Mindestlohn

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Leitartikel: Kein Argument für den Mindestlohn

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    Leitartikel: Kein Argument für den Mindestlohn
    Leitartikel: Kein Argument für den Mindestlohn

    Immer mehr Deutsche bessern ihr Einkommen mit einem Zweitjob auf. Heute hat fast jeder zehnte Arbeitnehmer einen zweiten Arbeitgeber. Für die Linkspartei der Beweis, dass ein Einkommen in Deutschland nicht reicht und wir den Mindestlohn brauchen. Das ist genauso falsch, wie der Hinweis des Bundesarbeitsministeriums zynisch ist, es könne ja auch „gestiegene Konsumlust“ die Ursache sein.

    Natürlich gibt es Arbeitnehmer, die einen zweiten Job brauchen, um über die Runden zu kommen. Der enorme Anstieg bei den Minijobs als Zusatzverdienst hat aber ganz andere Gründe. Seit 2003 darf jeder über einen Minijob bis zu 400 Euro steuer- und abgabenfrei hinzuverdienen. Das heißt: mache ich in meinem Hauptjob Überstunden, die ausbezahlt werden, fallen die vollen Abgaben an; habe ich nebenher einen zweiten Arbeitgeber, der mich als Minijobber anstellt, erhalte ich den Stundenlohn netto ausgezahlt. Alle Abgaben zahlt der Arbeitgeber.

    Seit diese Regelung gilt, hat sich die Zahl derer, die einen Minijob als Nebenjob machen, verdoppelt. Und das hat auch mit der Möglichkeit zu tun, ganz legal Steuern zu sparen. Aber es gibt weitere Gründe für den aktuellen Zuwachs an Minijobs. So stieg der Anteil ausländischer Arbeitnehmer an den Minijobs – eine Folge der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU und der Krise in einigen unserer Nachbarstaaten. Und 2013 wurde die Verdienstgrenze auf 450 Euro aufgestockt.

    Der Ruf nach einem Mindestlohn lässt sich aus der Entwicklung bei den Nebenjobs also eher nicht verstärken. Zumal gerade die Minijobs bei den Gewerkschaften zu Recht im Ruf sehr geringer Stundenlöhne stehen.

    Vielmehr sollte man das Instrument Minijob an sich einmal kritisch betrachten. Es ist längst kein Instrument mehr, Menschen nach einer Unterbrechung ihrer Arbeitstätigkeit wieder in Lohn und Brot zu bringen. Es ist eben kein Einstieg in eine geregelte Arbeit, sondern eher ein Ausstieg. Denn mittlerweile steigt die Zahl derer, die den Minijob als Zweitjob ausführen, während die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten abnimmt.

    In Deutschland gibt es rund 7,5 Millionen Minijober. 2,6 Millionen davon haben noch eine Hauptanstellung, weitere gut zwei Millionen leben mit einem vollzeitbeschäftigten Partner zusammen. Auch bei ihnen sprechen vor allem steuerliche Gründe für den Minijob, denn über den sinkenden Splittingvorteil würde eine reguläre Beschäftigung zu einem überproportionalen Anstieg der Steuerlast führen.

    Wundert es da noch, dass es vor allem Frauen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung sind, die heute in Minijobs arbeiten? Haben wir hier nicht einen gigantischen Fehlanreiz im Steuersystem geschaffen? Die Kombination aus steuerfreien Minijobs und Ehegattensplitting führt dazu, dass Frauen, die nicht Vollzeit arbeiten können oder wollen, in geringfügige Beschäftigung gedrängt werden. Sie sind jeglicher Aufstiegschancen beraubt und im Alter schlecht abgesichert.

    Im Wahlkampf entdecken fast alle Parteien die soziale Gerechtigkeit als Thema. Doch die Mehrheit der Deutschen meint damit nicht mehr Umverteilung, sondern Chancengerechtigkeit. Für die aber braucht es Dynamik und Anreize. Das Minijob-System im Verbund mit dem Ehegattensplitting bewirkt das Gegenteil, ein Mindestlohn würde daran nichts ändern.

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