„Nur bis dahin“, fügte er hinzu. Jede weitere Kommunikation über dieses Thema werde er fortan ausschließlich mit der Universität führen, denn er müsse sich um sein „forderndes“ Ministeramt kümmern. Nachfragen waren nicht zugelassen. Doch der Befreiungsschlag misslang. Hinterher verschärfte sich die Debatte eher, was auch mit den Umständen der Erklärung zu tun hatte.
Zum einen war überdeutlich, dass Guttenberg offenbar auf Druck der Kanzlerin handelte. Diese hatte ihn am Vorabend zu einem Krisengespräch ins Kanzleramt gebeten. Beim Betreten wurde Guttenberg offenbar ungewollt gefilmt, sodass sich die Nachricht schnell verbreitete. Hinterher wurde von ungenannter Seite in Berlin erklärt, Angela Merkel werde den Minister Rückendeckung geben, erwarte aber, dass dieser sich zu den Vorwürfen erkläre.
Die Presse ist brüskiert
Guttenberg sah sich genötigt, seinen Auftritt mit dem Satz „Für diese Stellungnahme bedurfte es keiner Aufforderung, sie gab es auch nicht“ zu beginnen. Er setzte dann fort: „Die von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat. Sie ist vor über etwa sieben Jahren in meiner Berufs- und Abgeordnetentätigkeit, als junger Familienvater in mühevoller Arbeit entstanden und sie enthält fraglos Fehler. Und über jeden einzelnen dieser Fehler bin ich selbst am unglücklichsten. Es wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht.“
Zum anderen brüskierte Guttenberg die Presse. Er rief für seine Erklärung einige Kamerateams genau in jenem Moment in sein Ministerium, als die routinemäßige Bundespressekonferenz zwei Kilometer entfernt im Regierungsviertel begann. Sein Sprecher Steffen Moritz löste dort bei den zahlreich erschienenen Journalisten Tumulte aus, als er sagte, der Minister äußere sich gerade woanders; er könne daher leider nichts sagen.
Viele Korrespondenten warfen Moritz daraufhin vor, der Minister sei „feige“ und weiche kritischen Fragen aus. Der Vorsitzende der Bundespressekonferenz nannte das Vorgehen „nicht fair“. Als Regierungssprecher Steffen Seibert mit der Bekanntgabe der Kanzlerin-Termine der nächsten Woche begann, verließen die meisten Pressevertreter demonstrativ den Saal. Einen derartigen Eklat hat es bei der Hauptstadtpresse in Berlin noch nicht gegeben. Am Nachmittag entschuldigte sich Guttenberg per Brief und sprach von einem durcheinander geratenen Zeitplan.
In Koalitionskreisen zeigte man sich entsetzt, das Wort „Desaster“ war zu hören. „Das wird nicht ausreichen, den Feuersturm zu löschen“, hieß es bei der Union. Guttenbergs Erklärung sei zwar richtig gewesen, nämlich den Doktortitel ruhen zu lassen und die Aufklärung voranzutreiben. „Jetzt bläst sich die Blase aber wieder auf.“ Zudem wird dem Minister vorgeworfen, zu spät reagiert zu haben. Gleich am Mittwoch, als die Plagiatsvorwürfe aufgekommen seien, hätte er sich erklären müssen, statt die Affäre wabern zu lassen, hieß es. „Die Bluthunde haben dann die Fährte aufgenommen.“ Andererseits ist auf Unionsseite auch von einer Kampagne gegen den Freiherrn die Rede. Die CSU verlangte ein Ende der Angriffe.
Die Opposition schäumt
Falls Guttenberg seinen Doktortitel verliere, so die Einschätzung aus der FDP, wäre er politisch erledigt. „Dann kann er sich nirgendwo mehr blicken lassen.“ Erwartet wurde allerdings, dass die Union Guttenberg unbedingt halten wolle. „Sie hat keinen anderen für den Job.“ Auch auf Unions-Seite hieß es, Angela Merkel wolle ihren beliebtesten Minister auf keinen Fall loswerden, denn die Folgen für die Regierung und auch die Union seien dann nur noch schwer zu kontrollieren. Die Opposition schäumte. „Der heutige Auftritt von Karl-Theodor zu Guttenberg ist eine Brüskierung der Öffentlichkeit und das in einer Form, die wirklich jedes Gefühl für Stil und für Anstand vermissen lässt“, so Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Er forderte eine Erklärung des Ministers vor dem Bundestag. Zahlreiche Sozialdemokraten gingen da schon weiter; sie verlangten den Rücktritt des Freiherrn: „Guttenberg sollte sich ein Beispiel an seinen Showmaster-Kollegen Thomas Gottschalk nehmen“, ätzte SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Sebastian Edathy.
Die Sache liegt nun bei der Universität Bayreuth. Sie hat die rechtliche Möglichkeit, Guttenbergs Doktorprüfung nachträglich für nicht bestanden zu erklären. Zuständig für die Überprüfung ist die Promotionskommission. Guttenberg wurde von ihr bereits aufgefordert, binnen 14 Tagen schriftlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Korrekt zitieren
Studenten müssen in wissenschaftlichen Arbeiten richtig zitieren. Anderenfalls laufen sie Gefahr, als Abschreiber bestraft zu werden. Die Grundregel ist ganz einfach: „Wo Du wörtlich zitierst, muss ein Beleg hin“, erklärt Prof. Roland Schimmel von der Fachhochschule Frankfurt. Eine wissenschaftliche Arbeit dürfe außerdem keine reine Aneinanderreihung von Zitaten sein: „Eine Doktorarbeit kann nicht nur drei Zeilen eigene Gedanken haben“, sagte der Jurist, der sich mit Plagiaten befasst hat. Folgendes gilt es laut Schimmel beim Zitieren zu beachten: Literaturangaben: Wörtliche Zitate aus anderen Werken werden immer in Anführungszeichen gesetzt. Der Urheber muss mit Namen und der Fundstelle gekennzeichnet werden. Internetquellen: Beim Zitieren aus dem Netz gelten Sonderregeln. Da es ein flüchtiges Medium ist, können Studenten nicht sicher sein, dass ihre Quelle auch später noch abrufbar ist. Sie müssen daher bei Zitaten aus dem Netz immer die Fundstelle und den Zeitpunkt des Seitenaufrufs angeben. Außerdem sollten sie die Seite speichern und ausgedruckt oder auf CD mit einreichen. Inhaltliche Verweise: Nicht nur wörtliches Abschreiben ist tabu sondern auch der Ideenklau. Studenten müssten daher auch dann eine Quelle angeben, wenn sie sinngemäß zitieren oder auch nur auf einen Gedanken Bezug nehmen. Text: dpa