Eine Woche nach dem Rücktritt von Pegida-Gründer Lutz Bachmann wegen ausländerfeindlicher Äußerungen steht das islamkritische Bündnis ohne klare Führung da. Das Pegida-Organisationskomitee teilte am Mittwoch im Internet mit, dass Sprecherin Kathrin Oertel ihr Amt niedergelegt habe. Sie habe eine „Auszeit“ wegen massiver Anfeindungen, Drohungen und beruflicher Nachteile genommen, hieß es. Mit Oertel zogen sich vier weitere Mitglieder aus der Pegida-Führung zurück.
Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann sagte der „Süddeutschen Zeitung“ Oertel sei zurückgetreten, weil sie aus Antifa-Kreisen massiv bedroht worden sei. Weder Oertel noch er stünden künftig für Vorstandsposten zur Verfügung.
Seit Oktober vergangenen Jahres gehen die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) meist montags in Dresden auf die Straße. Zuletzt nahmen nach Polizeiangaben am vergangenen Sonntag mehr als 17 000 Menschen an der Kundgebung vor der Semperoper teil.
Nach Berichten mehrerer Medien ging den Rücktritten ein Streit im zwölfköpfigen Organisationskomitee um die künftige Rolle Bachmanns voran, der sich entgegen seiner Ankündigungen offenbar doch nicht ganz aus der Bewegung zurückziehen wolle.
Bachmann, Mitgründer der Pegida und bis dato das Gesicht der islamkritischen Bewegung, war über die Veröffentlichung eines Fotos mit „Hitler-Bärtchen“ und Facebook-Posts mit menschenverachtenden Beleidigungen gegen Ausländer gestolpert. Am Mittwoch vergangener Woche hatte er sein Amt als Vorsitzender des Pegida-Vereins niedergelegt. Neben dem 42-Jährigen war bisher nur Oertel öffentlich in Erscheinung getreten. Bei der letzten Pegida-Kundgebung hatte sich die 37-Jährige noch kämpferisch gezeigt.
Spätestens seit ihrem Auftritt in der ARD-Talkshow von Günther Jauch Mitte Januar galt Kathrin Oertel als das Gesicht von Pegida. Die 37-Jährige wirkt etwas streng, ihre Rhetorik ist nicht geschliffen wie die von Politikern. Stattdessen ein sächsischer Zungenschlag, einfache Worte, die scheinbar das unterstreichen, was Oertel sein will: „Eine ganz normale Frau aus dem Volk.“
Obwohl sie bereits seit Wochen als Sprecherin von Pegida fungierte und von Anfang an bei den Demonstrationen in Dresden dabei war, ist nur relativ wenig über Oertel bekannt. Interviews mit der von den Pegida-Anhängern oft verschrienen „Lügenpresse“ lehnte sie bisher meist ab. Bei den Kundgebungen ergriff sie dagegen schon früh das Wort. Die Mutter von drei Kindern lebt in Coswig, einer Kleinstadt in der Nähe von Dresden, und arbeitet frei als Beraterin im Immobilienbereich.
Zu den Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes kam sie, weil sie nach eigenen Worten immer schon politisch interessiert war, aber nie eine Partei fand, in der sie sich zu Hause fühlte. Bisher habe sie ihr Kreuzchen zur Wahl bei der FDP gemacht, im vergangenen Jahr dann zum ersten Mal bei der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD).