Lange hat er geschwiegen. Thomas de Maiziere (CDU) blieb nach außen, was er immer war – ein loyaler und disziplinierter Parteisoldat, der sich klaglos den Entscheidungen seiner Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden Angela Merkel fügte. Diese hatte ihn erst am Wochenende vor der Kabinettsbildung Mitte Dezember vor vollendete Tatsachen gestellt und ihm mitgeteilt, er werde sein Amt als Verteidigungsminister an seine Parteifreundin Ursula von der Leyen verlieren und müsse zurück ins Innenministerium. Er nahm es hin, gab öffentlich keinen Kommentar ab, auch wenn es ihn schwer traf.
Ungewohnte Offenheit
Bei seiner offiziellen Verabschiedung am Mittwochabend im Hof des geschichtsträchtigen Bendlerblocks am Rande des Berliner Tiergartens, dem Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums, legt der scheidende Minister allerdings seine bis dahin geübte Zurückhaltung ab und redet Klartext. In ungewohnter Offenheit macht er deutlich, dass es nicht sein Wunsch war, aus dem Amt zu scheiden. „Das war keine Liebe auf den ersten Blick. Gerne wäre ich vor fast drei Jahren Innenminister geblieben. Die Bundeskanzlerin hat es anders entschieden. So wie jetzt auch“, sagt er vor 500 geladenen Gästen. „Diese Bundeswehr ist mir ans Herz gewachsen, das bleibt, auch über meine Dienstzeit hinaus.“ Und er gibt erstmals zu, dass er im vergangenen Sommer als Konsequenz der Drohnen-Affäre daran gedacht habe, seinen Hut zu nehmen. „Die Soldaten – da lüfte ich ein Geheimnis – haben mich übrigens auch von einem Rücktritt abgehalten.“
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Karl-Theodor von Guttenberg (CSU), der bei seinem Rücktritt im März 2011 verkündete, er hinterlasse ein „bestelltes Haus“, räumt de Maiziere am Rande des Großen Zapfenstreichs offen ein, dass es in der Armee erhebliche Probleme gebe. „In der Bundeswehr ist natürlich vieles nicht in Ordnung, nicht nur im Rüstungsbereich.“ Dies sei allerdings „normal für Institutionen dieser Größenordnung“. Gleichzeitig macht der scheidende Minister deutlich, dass er die Unzufriedenheit der Soldatinnen und Soldaten mit der von ihm durchgesetzten Neuausrichtung der Bundeswehr nicht beunruhigend finde. „Es wäre ein Wunder, wenn es anders wäre“, sagt er. „Ziel der Neuausrichtung war es nicht und konnte es nicht sein, die Zufriedenheit der Soldaten und Mitarbeiter zu erhöhen.“ Das Ziel sei es vielmehr, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen.
Und dann legt de Maiziere jede diplomatische Zurückhaltung ab und attackiert die europäischen Bündnispartner. „Deutschland braucht von niemandem in Europa Belehrungen über Art und Ausmaß unserer internationalen Einsätze – auch nicht aus Frankreich und Großbritannien.“ Die Bundeswehr sei international „mehrfach stärker engagiert“ als Frankreich. Deutschland stehe zu seinen Verpflichtungen, auch wenn dies innenpolitisch schwierig sei. „Eine Abstimmungsniederlage zur Zustimmung zu einem Einsatz hat eine deutsche Bundesregierung noch nicht erlebt“ – eine direkte Anspielung auf die Niederlage des britischen Premierministers David Cameron im Unterhaus bei einer Abstimmung über ein militärisches Engagement in Syrien im vergangenen August. Als Verteidigungsminister, fügt er hinzu, hätte er das so nicht gesagt.
Seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen (CDU) würdigt de Maizieres Neuausrichtung. „Es wird keine Reform der Reform geben. Das ist eine gute Nachricht für die Bundeswehr. Das ist dein Erfolg“, sagt sie in einer kurzen Ansprache.