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Olympische Spiele zum Sparpreis

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Olympische Spiele zum Sparpreis

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    Das Olympia-Stadion in Pyeongchang hat kein Dach und lässt sich nach Ende der Winterspiele wieder abbauen. Der Nachteil der Sparsamkeit: Im Stadion ist es eisig kalt.
    Das Olympia-Stadion in Pyeongchang hat kein Dach und lässt sich nach Ende der Winterspiele wieder abbauen. Der Nachteil der Sparsamkeit: Im Stadion ist es eisig kalt. Foto: Foto: Lui Siu Wai/XinHua/dpa

    Wegen Olympia bleiben zunächst einmal die normalen Kunden weg. „In der ganzen Gegend ist der Autoverkehr beschränkt“, sagt Huh Moon Su, Skilehrer und Inhaber des Ladens „Mensch und Natur“ an der neuerdings so benannten Olympia-Straße in dem Ort Daegwallyeong, Landkreis Pyeongchang. „Auch die normalen Touristen kommen nicht, schließlich sind alle Sportanlagen wegen Vorbereitungen für die Spiele geschlossen.“ Er hoffe aber, dass die Winterspiele dem Tourismus in der Gegend langfristig einen Schub geben. Immerhin gebe es die neue Eisenbahnstrecke von Seoul nach Jinbu. Ansonsten halte sich die Verschandelung der Gegend „glücklicherweise in Grenzen“.

    Das olympische Dorf in den Taebaek-Bergen östlich von Seoul beherbergt spätestens seit diesem Donnerstag, 8. Februar, 3000 Athleten. Die Spiele finden in diesem Jahr vor allem an zwei Standorten statt. Um das künstliche Bergdorf Alpensia im Landkreis Pyeongchang herum liegen die Wettkampforte, die mit Skifahren zu tun haben. Im Küstenort Gangneung – schon nicht mehr in Pyeongchang – sammeln sich dagegen die Disziplinen, die auf flachem Eis stattfinden.

    Südkorea ist es zum ersten Mal seit langem wieder gelungen, die ökologischen und wirtschaftlichen Kosten der Winterspiele in Grenzen zu halten. Das Stadion hat beispielsweise nur 70 Millionen Euro gekostet – Taschengeld im Vergleich zu anderen olympischen Projekten. Tokio beispielsweise verbrät derzeit eine gute Milliarde Euro beim Bau der Arena für die Sommerspiele 2020. Das Stadion für Sotschi 2014 hat allein 700 Millionen Euro gekostet. Die koreanische Provinz Gangwon gibt nun genauso viel Geld für die gesamte sportliche Seite der Spiele aus – in Russland war es ein zweistelliger Milliardenbetrag.

    Die Organisatoren der Spiele in Pyeongchang haben sich die Warnung des Internationalen Olympischen Komitees zu Herzen genommen, keine nutzlosen Prachtbauen zu hinterlassen. Das fünfeckige Stadion ist nicht nur preiswert, es lässt sich nach Ende der Veranstaltung auch wieder abbauen. Die Einzelteile lassen sich für andere Bauprojekte wiederverwerten. Die zuständigen Beamten haben sogar darauf verzichtet, ein Dach darüberzuspannen – zu teuer, wiegelten die Bürokraten ab.

    Der Nachteil der strengen Sparsamkeit: Im Stadion ist es eisig kalt. Schon nach einem Konzert im Dezember verließen sieben junge Zuschauer das Stadion mit Symptomen von Unterkühlung. Andere hatten sich um die einzigen Heizungen im Klo versammelt, um zumindest etwas Wärme zu schöpfen. Jetzt im Februar liegen die Temperaturen noch deutlich tiefer. Beim Besuch des Geländes herrschten minus 15 Grad und eisiger Wind bei leider nur wenig Schnee.

    Einige der freiwilligen Helfer der Spiele fühlen sich beim Herumstehen in der Kälte bereits an ihre Militärdienstzeit erinnert. In Pyeongchang kehrt Olympia eben nach mehreren warmen Winterspielen in eine wirklich eisige Gegend zurück. Die Organisatoren rüsten das Stadion nun offenbar eilig mit Heizstrahlern nach. Sie wollen außerdem Decken und heiße Getränke ausgeben lassen.

    Doch der Aufwand für eine permanente Anlage hätte nicht gelohnt. Die Gegend ist dünn besiedelt und strukturschwach. In das Einwegstadion würden sämtliche Einwohner des Landkreises Pyeongchang passen, wenn sie etwas zusammenrücken. Das benachbarte Skiresort Yongpyong – es gehört einer christlichen Sekte und dient nun ebenfalls den Spielen – reicht mit seinen Anlagen völlig für das normale Touristenaufkommen in der Region.

    Pyeongchang hat nur 44 000 Einwohner im Vergleich zu 350 000 in Sotschi oder gar 900 000 in Turin, dem Austragungsort im Jahr 2006.

    Die Spiele werden auch schlecht besucht sein. Im In- und Ausland hält sich die Begeisterung für eine Anreise in Grenzen. In den entscheidenden Monaten war Südkorea vom Atomkrieg bedroht – das hat die Lust auf eine Reise dorthin offenbar gedämpft. Da Wintersportfreunde geografisch bedingt mit dem Flugzeug anreisen müssen, hatten sie das Zeitfenster für eine günstige Buchung verpasst, als die politische Entspannung kam. Korea selbst wiederum ist kein traditionelles Wintersportland, nur wenige haben hier den Lebenstraum, olympischen Skisprung oder Curling einmal live zu sehen.

    All das bestätigt die Entscheidung der Organisatoren, nicht zu viel Geld für große Anlagen auszugeben. Das Menetekel für Pyeongchang ist das Schicksal des Alps Ski Resort in dem Ort Heul-ri. Es liegt nur 60 Kilometer nördlich von Alpensia – und ist eine Geisterstadt.

    Im Jahr 2006 haben die Betreiber nach drei Jahrzehnten den Stecker gezogen. Jetzt sind die Hotels leer, die Natur holt sich das Shoppingzentrum zurück und die Sitze der Sessellifte schaukeln verlassen im Wind. Es hat einfach nicht mehr gelohnt, hier Skianlagen zu betreiben – trotz der Nähe zur Zwanzig-Millionen-Metropole Seoul.

    Doch Alpensia und Yongpyong sind wegen der Spiele mit dem Hochgeschwindigkeitszug an das gigantische Bevölkerungszentrum von Seoul angebunden. Der nagelneue Bahnhof Jinbu liegt 20 Minuten mit Bus oder Taxi entfernt, „doch die Bequemlichkeit ist schon enorm gestiegen“, sagt Skilehrer Huh. Die Chancen stehen gut, dass auch künftig etwas bleibt für die Region.

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