Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

BUNER: Pakistan-Offensive: „Alles steht auf dem Spiel“

BUNER

Pakistan-Offensive: „Alles steht auf dem Spiel“

    • |
    • |
    Aus einem Flüchtlingscamp in der umkämpften Region im Norden Pakistans werden Menschen evakuiert.
    Aus einem Flüchtlingscamp in der umkämpften Region im Norden Pakistans werden Menschen evakuiert. Foto: FOTO dpa

    „Sie töten Unschuldige“, sagt ein Islamgelehrter. „Sie haben den Namen des Islam in der Welt in den Schmutz gezogen.“ Der Geistliche zeigt auf einige betende Kinder im Innenhof. „Sehen Sie“, sagt er, „wir haben ihnen keine Kalaschnikows in die Hände gegeben, sondern den heiligen Koran.“

    Seit Beginn der Armeeoffensive im Norden Pakistans um das Swat-Tal sind öffentliche Sympathiebekundungen für die Taliban selten geworden. Islamisten kritisieren zwar, dass zahlreiche Zivilisten im Geschützfeuer und Bombenhagel der Armee sterben, doch selbst sie zeigen zumindest öffentlich kaum noch Solidarität mit den Gotteskriegern. Die meisten Parteien haben sich hinter die Offensive und die Armee gestellt.

    In der Vergangenheit präsentierte Islamabad halbherzige Offensiven oder Festnahmen von El-Kaida-Funktionären als Beweis für Pakistans Engagement im Anti-Terror-Kampf – das Washington mit Milliarden Dollar vergoldete. Die Operationen blieben wirkungslos, die Extremisten dehnten ihren Einflussbereich aus. Nun aber, so ein Offizier, wollten Armee und Regierung das Problem „ein für alle Mal“ lösen.

    Darauf, dass die Truppen durchgreifen, hoffen auch zahlreiche Menschen im umkämpften Distrikt Buner. In dem Dorf Kashurma haben Taliban-Kämpfer drei Wochen lang die Straßen patrouilliert. Frauen wurde befohlen, sich unter einer Burka zu verhüllen oder das Haus gar nicht mehr zu verlassen. Barbiere durften Männer nicht mehr rasieren. Musik wurde verboten.

    Anwohner erzählen, die Taliban hätten Warenhäuser des UN-Welternährungsprogramms geplündert und das Speiseöl auf dem Basar verkauft. „Sie haben ihr wahres Gesicht gezeigt, sie sind Kriminelle“, sagt der Dorfbewohner Mohammad Ali.

    Keine Alternative

    Wenige Kilometer weiter liegt das Dorf Ghurghushte, aus dem sich die Taliban wie auch aus Kashurma nach Beginn der Militäroffensive zurückzogen. Der Herzchirurg Amir Mohammad Khan, der in Peshawar praktiziert und die Freizeit in seinem Heimatort verbringt, glaubt, dass die Armee gar keine Alternative dazu habe, diesmal durchzugreifen. „Alles steht auf dem Spiel“, sagt er: „Die Operation muss ein Erfolg werden.“ Die Armee, die die Taliban lange Zeit für ihre Zwecke instrumentalisierte, habe die Kontrolle über die Gotteskrieger verloren. Den Extremisten gehe es nicht nur um Pakistan und Afghanistan, sondern um die Vorherrschaft des Islam in der Welt. „Die Taliban kämpfen wissentlich oder unwissentlich für El Kaida“, sagte der Arzt. Sollten die Menschen im Westen das Ausmaß der Bedrohung unterschätzen, „dann machen sie einen großen Fehler“.

    Doch selbst wenn die Armee die Gotteskrieger aus dem Norden Pakistans, also aus den Distrikten Swat, Buner und Dir vertreiben sollte: Gegen die eigentliche Hochburg der Taliban und des Terrornetzes El Kaida ist die Offensive nicht gerichtet.

    In den halbautonomen Stammesgebieten an der afghanischen Grenze, über die die Regierung schon lange keine Kontrolle mehr hat, sind Tausende weitere Extremisten bereit dazu, ihr Leben für ihre Vorstellung des Islam zu opfern. Sie unterhalten Kontakte zu den Taliban in Afghanistan, deren Kampf gegen die amerikanischen „Besatzer“ bei vielen Pakistanern immer noch auf Sympathie stößt. Besiegt, daran gibt es kaum Zweifel, sind die Taliban noch lange nicht.

    Im Blickpunkt

    Appell des Roten Kreuzes Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, hat die Achtung des Völkerrechts in Pakistan angemahnt. Hilfsorganisationen sollten Zugang zu den Opfern des Konfliktes im Swat-Tal bekommen. Im Nordwesten Pakistans seien über 500 000 Menschen auf der Flucht. Die umkämpften Gebiete Swat und Dir sind abgeriegelt und für internationale Hilfe nicht erreichbar. Aus dem Distrikt Buner berichteten Rotkreuz-Mitarbeiter von Mangel an frischem Wasser, auch gebe es keinen Strom.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden