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FREIBURG/ERFURT: Papst kritisiert „laue Christen“

FREIBURG/ERFURT

Papst kritisiert „laue Christen“

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    Auf Wiedersehen: Papst Benedikt XVI. beendete am Sonntagabend seinen viertägigen Deutschlandbesuch.
    Auf Wiedersehen: Papst Benedikt XVI. beendete am Sonntagabend seinen viertägigen Deutschlandbesuch. Foto: Foto: dpa

    Papst Benedikt XVI. hat sich zum Abschluss seines Deutschlandbesuches deutlich gegen eine Modernisierung der katholischen Kirche ausgesprochen. Die Kirche dürfe sich nicht der Gegenwart anpassen, sondern müsse mehr auf Distanz zur Gesellschaft gehen, forderte der 84-Jährige am Sonntag in Freiburg.

    In anderen Reden und Predigten verlangte er am Wochenende von den katholischen Gläubigen Treue zu Rom. An die Jugend appellierte der Papst, „glühende Heilige“ zu werden. Es war der dritte Besuch des deutschen Papstes in seiner Heimat insgesamt und der erste Staatsbesuch in Deutschland.

    Kritische Laien reagierten tief enttäuscht auf die Ansprachen des Papstes in Deutschland und riefen die Gläubigen zum Ungehorsam auf.

    Nach den politisch und ökumenisch brisanten Stationen in Berlin und Erfurt stellte Benedikt in Freiburg vor allem den katholischen Glauben in den Mittelpunkt. 100 000 feierten mit ihm bei strahlendem Sonnenschein einen letzten großen Gottesdienst unter freiem Himmel. „Der Schaden der Kirche kommt nicht von ihren Gegnern, sondern von den lauen Christen“, warnte der Papst. Bereits am Freitag hatte er Hoffnungen auf eine weitere Annäherung zwischen Katholiken und Protestanten zunichtegemacht.

    Bei seiner Rede im Freiburger Konzerthaus beklagte der Papst eine „zunehmende Distanzierung beträchtlicher Teile der Getauften vom kirchlichen Leben“ und betonte: „Umso mehr ist es wieder an der Zeit, die wahre Entweltlichung zu finden, die Weltlichkeit der Kirche beherzt abzulegen.“ Zugleich machte er seine Skepsis gegenüber dem innerkirchlichen Dialogprozess deutlich. Diesen hatte die Deutsche Bischofskonferenz als Reaktion auf den Missbrauchsskandal der katholischen Kirche gestartet. In Gesprächsrunden mit den Gläubigen an der Basis geht es dabei um Reformen, die Benedikt allerdings deutlich und wiederholt ablehnte.

    Für eine Überraschung sorgte Papst Benedikt mit der Aufforderung an die katholische Kirche in Deutschland, auf staatliche Privilegien zu verzichten. Bei einer Rede vor 1500 Gästen im Freiburger Konzerthaus sagte der 84-Jährige am Sonntag: „Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein. Sie kann ihre Berufung zum Dienst der Anbetung Gottes und zum Dienst des Nächsten wieder unbefangener leben.“ Welche staatlichen Vorrechte der Papst meinte, sagte er nicht. Zu den Privilegien gehört in Deutschland die staatliche Einziehung der Kirchensteuer.

    Zum sexuellen Missbrauch vieler Minderjähriger durch Geistliche sagte der Papst: „Gefährlich wird es, wenn diese Skandale an die Stelle des primären Skandalon des Kreuzes treten und ihn dadurch unzugänglich machen, also den eigentlichen christlichen Anspruch hinter der Unbotmäßigkeit ihrer Boten verdecken.“ Außerhalb des offiziellen Programms hatte er am Freitagabend in Erfurt unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit fünf Missbrauchsopfern gesprochen und sich betroffen gezeigt. Er unterstrich, den Verantwortlichen in der Kirche sei an einer Aufarbeitung des Missbrauchsskandals gelegen, der die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschütterte. Opferinitiativen bedauerten, dass ihre Vertreter nicht zu dem Treffen eingeladen worden seien. Sie kritisierten die Begegnung als „scheinheilig“. Sie sei ein Rückschritt und diene dem Verschweigen und Verleugnen, sagte der Vorsitzende der Opfervereinigung, Norbert Denef.

    Im Gespräch mit der Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken kritisierte der Papst ein Zuviel an katholischen Gremien und Verbänden. „Ehrlicherweise müssen wir doch sagen, dass es bei uns einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist gibt“, so Benedikt.

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