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BAD MERGENTHEIM: Rezeptpflicht für Schmerzmittel?

BAD MERGENTHEIM

Rezeptpflicht für Schmerzmittel?

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    Schmerzmittel: Selbstmedikation kann gefährliche Folgeerscheinungen haben, sagen Mediziner.
    Schmerzmittel: Selbstmedikation kann gefährliche Folgeerscheinungen haben, sagen Mediziner. Foto: Foto: Thinkstock

    Für viele schmerzgeplagte Menschen ist es zur Selbstverständlichkeit geworden: Kaum sind Beschwerden da, bedienen sie sich der zahlreich auf dem Markt angebotenen, frei verkäuflichen Schmerzmittel mit den Wirkstoffen Paracetamol, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Diclofenac. Und glaubt man der Pharmaindustrie, lassen sich Kopfschmerzen mit der Einnahme eines Medikaments relativ schnell beseitigen.

    Doch jetzt schlägt laut dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Alarm: Es will erreichen, dass ab nächstem Jahr die Packungsgrößen für rezeptfrei verkäufliche Schmerzmittel auf eine Viertagesdosis verkleinert werden müssen. Paracetamol darf rezeptfrei schon seit 2009 nur in Schachteln zu maximal 20 Tabletten a 500 Milligramm verkauft werden. Der Pharmakologe und BfArM-Sachverständige Kay Brune würde den Wirkstoff sogar am liebsten ganz der Verschreibungspflicht unterstellen, meldet der „Spiegel“.

    Auch Schmerztherapeuten wie Dr. Claus Derra, Ärztlicher Direktor der Taubertal-Klinik in Bad Mergentheim, verurteilen den leichtfertigen Griff zu Schmerztabletten: „Sie sind zu Lifestyle-Medikamenten geworden“, klagt er. Das Problem sei die anhaltende Selbstbehandlung. Es gebe kaum eine andere Funktionsstörung, bei der so viele Tabletten in Eigenregie genommen werden wie bei Schmerzen. Wer über Jahre regelmäßig mehrmals in der Woche in Selbstmedikation Schmerzmittel einnimmt, hat gute Chancen, sich auf diese Weise den sogenannten Medikamenten-induzierten Kopfschmerz einzuhandeln. Sichere Anzeichen dafür sind anhaltende Beschwerden, die nach der Einnahme eines Medikaments nur für kurze Zeit besser werden und dann wieder kommen; also ein täglicher Kopfschmerz mit kurzen Unterbrechungen. Ein Teufelskreis.

    Das Einzige, was dann laut Derra hilft, um der Schmerzen Herr zu werden: „Alles absetzen!“ Dabei ist die Einnahme von Tabletten gar nicht nötig. „Der Kopfschmerz ist selten ein Signal für etwas Ernstes und geht meistens von alleine wieder weg.“ Der Schmerztherapeut rät, bei plötzlich auftretenden oder veränderten Kopfschmerzen zum Arzt zu gehen, um festzustellen, ob sie harmloser Natur sind oder nicht. Denn Kopfschmerzen können natürlich auch ein Anzeichen für eine Entzündung (Enzephalitis beziehungsweise Gehirnentzündung oder Meningitis/Hirnhautentzündung) sein oder sogar für eine Gehirnblutung.

    Bei leichten Kopfschmerzen gibt es völlig medikamentenfreie Methoden zur Linderung wie Entspannungstraining, Bewegung, Akupressur, Akupunktur oder einer Änderung des Lebensrhythmus' und ungünstiger Ernährungsgewohnheiten. Nur bei starken Kopfschmerzen wie Migräne und Clusterkopfschmerz seien Medikamente sinnvoll, sagt Derra.

    Den sorglosen Umgang mit Schmerzmitteln führt er darauf zurück, dass die Werbung großen Einfluss hat. Diese suggeriere, dass Tabletten nicht nur das Wohlbefinden wieder herstellen, sondern auch ein Mittel gegen Stress seien. Dabei können Folgeerscheinungen und Nebenwirkungen neben Nierenschädigungen erhebliche Schwierigkeiten im Magen-Darm-Bereich sein, zum Beispiel Magenbluten. „Jedes Jahr sterben daran zwischen 1000 und 2000 Menschen, hervorgerufen durch Medikamente, die man einfach mal so einnimmt und es dem Arzt nicht gleich sagt, wenn man mit Beschwerden zu ihm geht.“

    • Das Thema Seite 6

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