Selbst in Peking und Shanghai, weit über Tausend Kilometer entfernt, stürmten erschreckte Angestellte aus ihren Hochhausbüros. Dabei lag das Zentrum der Erdstöße – das sogenannte Epizentrum – weit über 1000 Kilometer entfernt, in den über 5000 Meter hohen Bergen Sichuans. Bis zum Abend wurden Totesopfer unter anderem aus der 30-Millionen-Stadt Chongqing gemeldet.
Das erste Beben um 14 Uhr 28 Ortszeit schlug bei 7,8 der Richterskala aus. Das war mehr als beim verheerenden Beben im Norden Pakistans, bei dem 2005 weit über 80 000 Menschen starben. Der Regierung in Peking muss sofort klar geworden sein, das sie mit einer gewaltigen Naturkatastrophe rechnen muss: Keine zwei Stunden nach dem ersten Erdstoß machte sich Premier Wen Jiabao auf den Weg ins Krisengebiet. Noch aus dem Flugzeug forderte er alle Beamten und Einsatzkräfte zu „unermüdlichem Einsatz“ und „Tapferkeit“ auf. Seine Landsleute bat er um „Besonnenheit, Zuversicht und Mut“. Die Botschaft wurde in Sondersendungen des staatlichen Fernsehens ständig wiederholt.
Die Region rund um die Kleinstadt Wenchuan liege im Zentrum des sogenannten Mittelachsen-Erdbebenstreifens. Hier gebe es immer wieder schwere Erdstöße, erklärte ein Seismologe im staatlichen Fernsehen CCTV. Dieser Streifen zieht sich durch ganz China von der Grenze zu Burma im Süden bis an den Rand der Wüste Gobi im Norden.
Im Bezirk Beichuan im Nordosten Sichuans brachen 80 Prozent aller Gebäude in sich zusammen. Allein hier befürchten die Behörden bis zu 5000 Tote. Unter den ersten bekannt gewordenen Opfern sind auffallend viele Kinder und Jugendliche. Mindestens acht Schulen stürzten ein. Unter den Trümmern einer einzigen Schule werden 900 Verschüttete vermutet. Dutzende Kinder wurden bis zum Abend geborgen.
Die Rettungsarbeiten gestalten sich als äußerst schwierig. Binnen sechs Stunden erschütterten zwölf Nachbeben der Stärke 4.9 und mehr die Region. Über 200 000 Menschen leben im Epizentrum. Einige Regionen sind nur per Hubschrauber erreichbar. Straßen wurden verschüttet, Festnetz- und Mobilfunkverbindungen unterbrochen.
In Sichuans Provinzhauptstadt Chengdu, einer 10-Millionen-Stadt rund 90 Kilometer vom Epizentrum entfernt, wurde der Flughafen zeitweise gesperrt. Auch das deutsche Generalkonsulat im 20. Stock eines Hochhauses wurde evakuiert.
Sicherheitshalber wurden mehrere Kraftwerke vom Netz genommen. Der Drei-Schluchten-Staudamm, rund 300 Kilometer vom Epizentrum entfernt, sei aber nicht beschädigt worden. Auch die Raffinerien in der Region hätten standgehalten.