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PEKING: Smog: Peking schnappt nach Luft

PEKING

Smog: Peking schnappt nach Luft

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    Smog in China: Viele chinesische Großstädte leiden massiv unter Luftverschmutzung. Experten warnen vor Gesundheitsschäden.
    Smog in China: Viele chinesische Großstädte leiden massiv unter Luftverschmutzung. Experten warnen vor Gesundheitsschäden. Foto: Foto: dpa

    Unheilvoll verdunkelt sich der Himmel über Peking. Die Sonne kommt kaum durch den dichten Smog. Die Hochhäuser der 20-Millionen-Metropole verschwinden im schmutzigen Dunst. Die Luft riecht verbrannt. Viele Menschen gehen nur mit Mundschutz auf die Straße. „Ich traue mich kaum zu atmen“, sagt eine 47-Jährige. „Unglaublich.“ An schlechte Luft sind die Pekinger gewöhnt, aber niemand kann sich erinnern, jemals einen solchen Smog erlebt zu haben. Einige fürchten gar den „Tod durch Atmen“.

    Im Kinderkrankenhaus sind die Schlangen länger als sonst. „Wir sind mit unserem Kind gestern in den Park gegangen. Seit wir zurück sind, muss es ständig husten“, berichtet Herr Zhou der Zeitung „Fazhi Wanbao“ über seine erst zweijährige Tochter. „Die Untersuchung zeigt eine Entzündung der Atemwege.“ Wegen des Smogs nehme die Zahl der erkrankten Kinder zu, berichtet eine Krankenschwester. Auch ältere Menschen leiden besonders. Ärzte in anderen Hospitälern melden einen Anstieg von Patienten mit Herz- und Kreislaufproblemen.

    Seit Donnerstag spitzte sich die Lage schon zu. Am Samstag stieg der Luftindex der US-Botschaft für gefährlichen Feinstaub auf ungeahnte Höchststände. Im Internet sind die Werte abzurufen: Erst „gefährliche“ 472, dann überraschende 728 und am Abend plötzlich erschreckende 845. Werte über 500 hatten sich die Erfinder der Skala nicht vorstellen können. Kurzfristig muss die Kategorie „extrem gefährlich“ geschaffen werden – und wird schwarz unterlegt.

    Selbst der Messindex der Behörden, die ungerne die dramatische Luftverschmutzung zugeben, geht bis zum Anschlag von 500. „Der Feinstaub PM2,5 bringt die Messgeräte an die Schwelle des Auseinanderbrechens“, schreibt die Nachrichtenagentur Xinhua in seltener Deutlichkeit über die kleinen bedrohlichen Schadstoffe, die über die Lunge direkt ins Blut gehen können.

    Offiziell herrscht Smogalarm, aber Autos dürfen weiter fahren und Fabriken Schadstoffe durch die Schornsteine jagen. Dabei wurden zum Jahresanfang neue Vorschriften erlassen, die solche Verbote bei „extrem schlechter“ Luft zulassen. „Wie schlimm muss es denn noch werden?“, fragt ein 43-Jähriger. Aber offiziell wird nur geraten, möglichst nicht vor die Tür zu gehen.

    „Meine Lungen tun mir weh“, klagt eine Sekretärin. „Die Augen brennen.“ Andere haben Halsschmerzen. Einige Internetnutzer reagieren mit Sarkasmus: „Peking, ich liebe Dich wirklich – bis zum Ersticken!“ Andere sagen: „Ich wage es nicht, vor die Tür zu gehen, geschweige denn, das Fenster zu öffnen.“ Ein Nutzer schreibt: „Brandgeruch liegt in der Luft. Was ist passiert?“

    Hinter dem Smog steckt vor allem der Kohlebrand von Industrie, Kraft- und Heizwerken. China bezieht zwei Drittel seiner Energie aus Kohle. Der Verbrauch ist mit dem Energiebedarf der aufstrebenden zweitgrößten Wirtschaftsnation zwischen 2005 und 2010 um satte 44 Prozent gestiegen, wie Greenpeace berichtet. Hinzu kommt der zunehmende Autoverkehr. Mehr als fünf Millionen rollen heute durch Peking – vor fünf Jahren waren es erst drei Millionen.

    Wegen der hohen Feinstaubbelastung sind allein im vergangenen Jahr in Peking und den drei Metropolen Shanghai, Guangzhou und Xi'an schätzungsweise 8572 Menschen vorzeitig gestorben, wies erst vor wenigen Wochen eine Studie von Greenpeace und der Peking Universität nach. Die wirkliche Zahl dürfte noch weit höher liegen, räumen die Wissenschaftler ein, weil ihre Erhebung nur begrenzt war.

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