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KARLSRUHE: Soldaten-Einsatz im Inland erlaubt

KARLSRUHE

Soldaten-Einsatz im Inland erlaubt

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    Ziviler Einsatz: Für Katastrophenschutz wie beim Elbe-Hochwasser 2002 stand die Bundeswehr schon immer zur Verfügung.
    Ziviler Einsatz: Für Katastrophenschutz wie beim Elbe-Hochwasser 2002 stand die Bundeswehr schon immer zur Verfügung. Foto: Foto: dpa

    Künftig darf die Bundeswehr bei Einsätzen im Inland im Ausnahmefall auch militärische Mittel zur Abwehr von Terrorangriffen einsetzen. Das entschied das Verfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss.

    Ein Abschuss von entführten Passagiermaschinen bleibt aber verboten. Auch der Einsatz von deutschen Soldaten gegen Demonstranten ist ausgeschlossen.

    Das Plenum aus beiden Senaten des Karlsruher Gerichts entschied, dass bei einem Einsatz der Bundeswehr in Unglücksfällen, zu denen grundsätzlich auch Terrorangriffe zählen können, strikte Bedingungen zu beachten sind. Voraussetzung sei ein Ereignis „von katastrophischen Dimensionen“, heißt es in der Entscheidung. Nicht jede Gefahrensituation, die ein Bundesland nicht mit seiner Polizei beherrschen könne, erlaube den Einsatz der Streitkräfte.

    Die Entscheidung muss von der gesamten Bundesregierung gefällt werden und darf auch in Eilfällen nicht auf ein einzelnes Regierungsmitglied – etwa den Verteidigungsminister – übertragen werden.

    Mit dem Beschluss korrigierte das Plenum aus beiden Senaten des Gerichts eine Entscheidung des Ersten Senats zum Luftsicherheitsgesetz aus dem Jahr 2006. Damals hatte der Senat einen Einsatz der Streitkräfte im Inland „mit spezifisch militärischen Waffen“ generell ausgeschlossen.

    In einem Sondervotum stellte sich Verfassungsrichter Reinhard Gaier gegen seine versammelten Kollegen. Der Beschluss habe die Wirkung einer Verfassungsänderung, das Gericht habe seine Befugnisse überschritten. Überdies bringe die Entscheidung „wenig bis nichts“ für den Schutz vor terroristischen Angriffen – da immer die ganze Bundesregierung entscheiden muss, sei das Verfahren zu langsam, um im Notfall zu helfen. „Für einen kaum messbaren Nutzen“ seien fundamentale Grundsätze aufgegeben worden.

    „Ich neige dazu, ihm Recht zu geben,“ sagt Walter Kolbow (SPD). Der frühere Staatssekretär im Verteidigungsministerium aus Würzburg ist der Auffassung: „Das Verfassungsgericht sollte Antworten auf aktuelle Fragen per rechtlicher Auslegung lösen, die eigentlich die Politik lösen müsste.“ Mit der alten Wehrverfassung von 1955 – mit der Trennung von innerer und äußerer Sicherheit sowie einer reinen Verteidigungsarmee – „tut sich eine Armee schwer, die künftigen Bedrohungen gerecht werden muss“. Wahrscheinlich sei eine grundsätzliche Überarbeitung der Verfassung nötig – „da ist die Politik in der Pflicht, nicht das Verfassungsgericht.“

    Die Entscheidung wurde von Union, SPD und Grünen begrüßt. Die Linke sprach von einer „Verfassungsänderung durch de Hintertür“. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte: „Die Bundesrepublik ist mit dem Grundsatz groß geworden, dass die Bundeswehr kein Hilfspolizist ist.“ Sie betonte: „Nicht alles, was verfassungsrechtlich möglich ist, ist politisch richtig.“

    Ähnlich äußerte sich der Würzburger FDP-Abgeordnete Joachim Spatz (FDP). „Die Richter haben zu Recht hohe Hürden errichtet, die zu beachten sind. Für alle Fälle, die wir bisher in der Praxis hatten, bleibt es beim Nein zum Bundeswehr-Einsatz im Innern. Und beim Parlamentsvorbehalt für so weitreichende Entscheidungen muss es bleiben.“

    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder aus Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg) sprach aber von einer „vernünftigen Entscheidung, die einen Missbrauch der Bundeswehr ausschließt.“ Karlsruhe schaffe „im Prinzip Klarheit und gibt uns Leitlinien für die weitergehende Gesetzgebung“.

    Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) begrüßten die Entscheidung: „Der Beschluss bestätigt die Rechtsauffassung der Bundesregierung im Kern“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth meinte, das Urteil schaffe nur „teilweise Klarheit“ und bedeute keine Rechtssicherheit. Mit Material von DPA

    • Leitartikel Seite 2 • Zeitgeschehen Seite 4

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