Die Bürger haben der SPD teils brisante Forderungen ins Wahlprogramm geschrieben. Dazu zählt der Wunsch nach einer bundesweit einheitlichen Bildungspolitik und nach einem Verbot von Privatisierungen bei der Wasserversorgung. Am Ende eines erstmals veranstalteten Konvents mit 300 Bürgern zum SPD-Wahlprogramm standen am Samstag in Berlin elf Vorschläge, die Eingang finden sollen. „Ganz vorne steht die Einführung eines gesetzlich geregelten Mindestlohns“, sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zum Abschluss. Die Forderung, dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die Bildung zu übertragen, bezeichnete er als „Sprengstoff“.
Ein Parteitag am 14. April in Augsburg muss nun entscheiden, ob alle Bürgervorschläge im Programm für die Bundestagswahl am 22. September stehen werden. Steinbrück sprach von einer geglückten Premiere. „Eine Partei wie die SPD, die Volkspartei bleiben will, muss sich öffnen“, betonte er. Werde er Bundeskanzler, wolle er solche Formate wiederholen.
Seit September 2012 waren im Rahmen eines Bürgerdialogs rund 40 000 Vorschläge zu der Frage „Was muss besser werden in Deutschland“ in der Parteizentrale eingegangen. Die Partei hofft, mit mehr Bürgernähe nach vorn zu kommen. Derzeit liegt sie in Umfragen bei etwa 27 Prozent – für Rot-Grün reicht das nicht.
Der erste Programmentwurf soll Montag im Parteivorstand beraten werden. Im Wahlkampf will die SPD mit angeblich bis zu fünf Millionen Hausbesuchen ihren „Wahlkampf von unten“ nach US-Vorbild fortsetzen. Bei dem Konvent war die Hälfte der Teilnehmer nicht SPD-Mitglied. „In 150 Jahren ist es das erste Mal, dass die SPD ihr Wahlprogramm nicht allein aufstellt und Bürger einlädt, am Programm mitzuschreiben“, betonte Parteichef Sigmar Gabriel.
Allerdings sind mehrere Vorschläge ohnehin Teil des sogenannten Regierungsprogramms. Etwa ein Ausbau des sozialen Wohnungsbaus, um Druck von den Mieten zu nehmen. Gefordert wird zudem, dass es keine Sozialisierung von Verlusten – etwa der Energieversorger, Banken oder Bahn – geben dürfe. Zudem wird die Einbeziehung aller in die Krankenversicherung gefordert und ein höheres Einnahmevolumen des Staates zum Beispiel durch eine Reichensteuer.