Aufruhr im Rennen um die nächste US-Präsidentschaft: Der prominente New Yorker Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg erwägt Medienberichten zufolge eine unabhängige Kandidatur. Der ehemalige Republikaner, dessen Vermögen dasjenige Donald Trumps weit übersteigt, soll bereit sein, bis zu einer Milliarde Dollar aus der Privatschatulle zu investieren, um Populisten im Weißen Haus zu verhindern. Bis März soll seine Entscheidung fallen.
Der „New York Times“ zufolge will der Wirtschaftstycoon und Medienzar seinen Entschluss nach den ersten Vorwahlen treffen. Dem 73-jährigen Ex-Republikaner bereite der Erfolg des populistischen Immobilienkönigs Trump genauso Kopfzerbrechen wie die Politik der verbrannten Erde, die seinen erzkonservativen Verfolger Ted Cruz bekannt gemacht hat. Bei den Demokraten sorge er sich um den Schaden, den der selbst ernannte Sozialist Bernie Sanders Hillary Clinton zufüge, schrieb das Blatt unter Berufung auf Bloombergs Umfeld. Die Zeitung hatte am Samstag als Erste über die Spekulationen berichtet.
Entscheidung fällt bis März
Andere Medien, die das Thema aufgriffen, nannten ihre Quellen ebenfalls nicht beim Namen, berichteten aber ähnlich. „Ich würde nicht sagen, dass er einer Kandidatur zuneigt“, erklärte ein Gesprächspartner dem Magazin „Politico“ zwar. Bloomberg beschäftige sich jedoch zunehmend mit dem Thema, hieß es. „Sollte es zu einem demokratischen Spitzenreiter kommen, der sich gegen Kapitalismus ausspricht, und zu einem republikanischen, der zehn Millionen Einwanderer deportieren will, dann macht das einen Unterschied“, sagte eine weitere Quelle unter Bezug auf Sanders und Trump.
Bis zum März, so erfuhr auch der Sender PBS, soll eine Entscheidung fallen. Die Vielzahl der Interviews spricht für einen gezielten Versuchsballon aus Bloombergs Lager. Eine Kandidatur wird demnach umso wahrscheinlicher, je schlechter Clinton in den ersten zwei Vorwahlen abschneidet. In Iowa und New Hampshire stimmen die Parteien am 1. und 9. Februar ab, Clinton hat dort große Probleme. Selbst für den Fall, dass sie sich hält, sollen den Selfmade-Milliardär Gerüchte plagen, wonach sie sich mit ihrer E-Mail-Affäre strafbar gemacht haben könnte. Im eigentlichen Rennen wäre Clinton dann schwer beschädigt.
New Yorks Ex-Bürgermeister hat einen Beraterstab mit dem Thema betraut und offenbar schon mehrfach Umfragen in Auftrag gegeben. Nach den Vorwahlen in New Hampshire will er seine Chancen in einer weiteren Erhebung ausloten.
Bloomberg hat erst den Demokraten, dann den Republikanern angehört, die er 2007 ebenfalls verließ. Seine Wohltätigkeitsorganisationen fördern viele Anliegen, die eher der Linken zugeschrieben werden. Den Kampf gegen die US-Waffenlobby finanziert er beinahe allein. Die Chancen für unabhängige Präsidentschaftskandidaten sind in den USA verschwindend gering. Bloomberg glaubt, dass das politische System mehr als nur zwei Parteien benötigt. 2008 hatte der damalige New Yorker Bürgermeister schon einmal mit dem Gedanken an eine unabhängige Präsidentschaftskandidatur gespielt. In die Rolle des Versöhners schlüpfte dann allerdings ein Senator namens Barack Obama.
Erfolgreicher Bürgermeister
Bloomberg bescherte seiner Stadt stattdessen den größten Bauboom seit vier Jahrzehnten und jede Menge Gesundheitsinitiativen und verdoppelte die Bildungsausgaben. Als er 2013 das Rathaus verließ, galt er nicht nur als eines der erfolgreichsten Stadtoberhäupter in der Geschichte New Yorks, sondern auch als einer großzügigsten Spender der Erde. Das Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf mehr als 36 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das Portfolio Donald Trumps, der seinen Reichtum zum Argument erhoben hat, wird auf 4,5 Milliarden Dollar veranschlagt.
„Ich würde mich sehr über eine Kandidatur von Michael freuen“, erklärte Trump am Wochenende. „Der Wettbewerb würde mir gefallen.“ Seine republikanischen Rivalen äußerten sich weniger begeistert; nur Ohios Gouverneur John Kasich sagte, Bloomberg könne dazu beitragen, dass die Debatte ernsthafter werde.
Bei den Demokraten warnte Bernie Sanders vor einer Oligarchie, in der Milliardäre den politischen Prozess bestimmen. Spitzenreiterin Hillary Clinton blieb ebenfalls kühl: „Wie ich das verstehe, denkt er nach für den Fall, dass ich nicht nominiert werde“, sagte sie dem Sender NBC. „Na gut, das werde ich ihm ersparen und die Nominierung erringen.“