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BERLIN/WÜRZBURG: Stiftung Warentest beklagt hohe Dispozinsen

BERLIN/WÜRZBURG

Stiftung Warentest beklagt hohe Dispozinsen

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    Viele Banken und Sparkassen kassieren nach Ansicht der Stiftung Warentest zu hohe Zinsen fürs Konto-Überziehen. Obwohl sich die Geldinstitute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) für einen Zinssatz von 0,75 Prozent Geld leihen könnten, verlangten sie von ihren Kunden bis zu 15,32 Prozent Zinsen, so das Ergebnis einer Umfrage unter 1500 Geldhäusern in Deutschland. Im Schnitt lägen die Zinssätze bei 11,76 Prozent. Zahlen, die eine Nachfrage bei einzelnen Instituten in der Region bestätigt.

    So nimmt die Sparkasse Mainfranken Würzburg für den Dispokredit, also die abgesprochene Überziehung des Girokontos, 11,68 Prozent. Wird das Konto darüber hinaus „unabgesprochen“ belastet, kommen noch einmal drei Prozent hinzu. Pressesprecher Stefan Hebig betont aber, dass es Kontomodelle wie das „Girokonto Vorteil“ gebe, bei denen der Dispokredit nur 9,93 Prozent beträgt. Allerdings seien dann die Kontoführungsgebühren höher.

    Man müsse bedenken, dass das „Ausfallrisiko“ bei Dispokrediten höher sei als bei Konsum- oder Baudarlehen, so Hebig. Die Sparkasse finanziere Dispokredite im Übrigen nicht über die EZB, sondern über die „Einlagen der eigenen Kunden“. Geschäfte mit Dispokrediten seien nicht Ziel der Sparkasse, sie machten nur rund zwei Prozent des ausgegebenen Kreditvolumens von aktuell 1,7 Milliarden Euro aus. „Kunden, die ihr Girokonto länger überziehen, bieten wir einen Konsumkredit an.“ Dort lägen die Zinsen zwischen fünf und sechs Prozent. Baudarlehen gebe es schon für unter vier Prozent. Sie machten bundesweit drei Viertel des Kreditvolumens aus.

    Ähnlich wie Hebig argumentieren viele Geldinstitute in der Region. „Dispokredite sind kein strategisches Geschäftsfeld für uns“, versichert Aloys Tilly, Vorstandsmitglied bei der Bank Schilling in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen). 12,5 Prozent betrage der reguläre Dispozins, vereinzelt gebe es individuelle Vereinbarungen. Alles andere regele der Wettbewerb unter den Anbietern.

    Kunden der Commerzbank, die mit Filialen in Bad Kissingen, Kitzingen, Schweinfurt, Würzburg und Coburg vertreten ist, zahlen 13,24 Prozent Zinsen im Rahmen des Dispokredits. Überzieht man diesen, dann werden 18,74 Prozent fällig, sagt Sprecher Michael Machauer. 11,34 Prozent beträgt der Dispozins bei der Sparkasse Coburg-Lichtenfels. Pressesprecher Walther Partheymüller: „Das ist der Preis dafür, dass der Kunde ohne große Nachfrage liquide ist – selbst am Wochenende.“ Während die Raiffeisenbank Fränkisches Weinland in Nordheim (Lkr. Kitzingen) laut Vorstand Klaus Steinmetz 12,95 Prozent für das Überziehen des Girokontos berechnet, sind es bei der Raiffeisenbank Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) nur 9,22 Prozent, so Direktor Roland Knoll.

    Sprecher aller angefragten Institute unterstreichen derweil, die Zinssätze seien transparent. Sie würden per Aushang bekannt gemacht und in der Regel auch im Internet veröffentlicht. Die Stiftung Warentest fordert, den Preisaushang im Internet gesetzlich vorzuschreiben, so Hubertus Primus, der Chef der Stiftung, am Dienstag in Berlin. Seine Tester hätten die Erfahrung gemacht, dass nur ein Drittel der befragten Institute sich freiwillig zu den Preisen äußerte. Laut Primus müssten die Dispozinsen angesichts des tiefen Leitzinses „deutlich unter zehn Prozent“ liegen.

    Mehr Transparenz verlangt auch die Verbraucherschutzministerin. „Es kann nicht sein, dass man bei einigen Banken ewig nachfragen muss, bis man irgendwann einmal die Höhe der Zinssätze erfährt. Dieses Versteckspiel muss aufhören“, so Ilse Aigner in einem Zeitungsinterview. Eine gesetzliche Obergrenze für Dispozinsen, wie von SPD und Linkspartei sowie mehreren Bundesländern gefordert wird, lehnte sie aber erneut ab. Mitarbeit: Bea Mit Informationen von DPA

    Schuldnerberater: Zinshöhe unverschämt

    Horst Rüger, Schuldnerberater der Christophorus-Gesellschaft in Würzburg, hält nicht nur die Höhe der Dispozinsen für unverschämt. Skandalös findet er, dass die Anpassung des Dispozinses zugunsten des Kunden in der Regel stark verzögert erfolge, Zinsanpassungen zu Gunsten der Bank aber in der Regel sofort. Wer längerfristig Geld brauche, solle einen in der Regel deutlich günstigeren Ratenkredit beantragen, rät Rüger seinen Klienten. Der Kunde habe dann eine festgelegte monatliche Rückzahlungsverpflichtung und könne besser kalkulieren. Grundsätzlich hätten dies auch Banken und Sparkassen erkannt. Rüger beobachtet allerdings oft, dass bei Umschuldungen von Dispo- zu Konsumentenkrediten zumindest bei finanziell potenteren Kunden das Kreditvolumen ausgeweitet wird, um weiteren Konsum zu finanzieren. Gut für die Wirtschaft, für den Kunden nicht in jedem Fall. Text: Tito

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