Ist der von der schwarz-roten Bundesregierung beschlossene Fracking-Gesetzentwurf verfassungswidrig? Diese Ansicht vertritt Volker Boehme-Neßler, Professor für öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität Oldenburg, in einem Gutachten für den Bundestag. Nach der von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgelegten Regelung sollte eine unabhängige Expertenkommission in jedem Einzelfall entscheiden, ob in einem bestimmten Gebiet die unkonventionelle Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten durch ein Gemisch aus Waser, Quarzsand und Chemikalien erlaubt wird oder nicht.
Doch davon hält der renommierte Jurist nichts. „Die Konstruktion einer Expertenkommission mit Entscheidungskompetenzen verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die Verfassung“, schreibt Boehme-Neßler. Entscheidungen über die Anwendung von Fracking-Technologien müssten „in letzter Instanz von staatlichen Akteuren getroffen werden“. Expertengremien könnten Politik und Behörden beraten. „Sie dürfen aber weder rechtlich noch faktisch die letzte Entscheidung treffen.“ Die Bundesregierung verweist dagegen darauf, dass die zuständigen Landesbehörden nicht an das Votum der Expertenkommission gebunden seien und es entweder übernehmen oder ablehnen könnten.
Erhebliche Widerstände
Am kommenden Montag beschäftigt sich der Umweltausschuss des Bundestages in einer öffentlichen Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Regierung. Geladen sind sieben unabhängige Experten, unter anderem von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sowie dem Naturschutzbund Deutschland. Nach dem Willen der Großen Koalition soll das unkonventionelle Fracking ab 2019 grundsätzlich zulässig sein, allerdings erst ab einer Tiefe von 3000 Metern. Der Schutz der Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers hätten dabei absolute Priorität. In den Reihen von CDU/CSU und SPD gibt es allerdings erhebliche Widerstände gegen die Zulassung von Fracking, da die Risiken der Technologie zu groß sind.
Bundesweites Verbot gefordert
Auch die deutschen Mineralbrunnen schlagen vor der Anhörung im Umweltausschuss am Montag Alarm und fordern ein bundesweites Verbot sämtlicher Fracking-Maßnahmen im Einzugsbereich von Mineralwasservorkommen. Zwar enthalte der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Bestimmung, dass Schutzzonen für die öffentliche Trinkwasserversorgung bundeseinheitlich ausgewiesen werden müssen. Für Mineralbrunnen und andere Brunnen zur Lebensmittel- und Getränkeherstellung ist dagegen lediglich vorgesehen, dass die Länder das Recht erhalten sollen, derartige Schutzzonen auszuweisen.
Der Bundesrat hat in einer ersten Befassung mit dem Thema die Pläne der Bundesregierung scharf kritisiert, allerdings nicht in Gänze abgelehnt. Die Länder forderten aber ein Fracking-Verbot im Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein sowie weitreichende Einschränkungen im Sandgestein. Hendricks sicherte den Ländern zu, ihre Einwände sorgfältig zu prüfen.