„Insgesamt ist die niedersächsische Küste glimpflich davongekommen, auch wenn Orkan Tilo einen schweren Sturm aus nordwestlicher Richtung erzeugte“, heißt es in einer ersten Bilanz des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Bei Orkanböen wurden Spitzengeschwindigkeiten von 110 Stundenkilometern gemessen.
Auf den Nordseeinseln kam es zu Dünenabbrüchen. Auf Juist, Langeoog, Spiekeroog und auf Wangerooge waren sie teilweise erheblich. Beziffern ließ sich der Schaden am Freitag noch nicht.
Durch die Wucht der Flut trat in den Häfen von Bensersiel, Norddeich, Bremerhaven und Emden das Wasser über die Ufer. Die Menschen liefen in Gummistiefeln über die überschwemmten Plätze und Straßen. Nasse Füße gab es beim Einsteigen in eine der wenigen noch verkehrenden Fähren zwischen der Küste und den Inseln. Doch insgesamt blieben die sturm- und fluterprobten Küstenbewohner gelassen.
„30 Zentimeter mehr und wir hätten den Hafen evakuieren müssen“, sagte ein Sprecher der Insel Borkum und sprach zugleich von nur leichten Überschwemmungen. In Emden reagierten Passanten zunächst erschreckt. „So etwas habe ich ja noch nie gesehen“, sagten einige angesichts der Wassermassen, die in den Hafen liefen. Schilder standen in den Fluten, und das Wasser drückte gegen den Bahnhof am Hafen.
Küstenschutz und Meteorologen hatten vor einer schweren Sturmflut gewarnt. Die Hochwasserstände auf den Inseln stiegen schließlich bis auf rund 2,50 Meter. In Emden wurden 3,29 Meter, am Emssperrwerk 3,44 Meter und in Wilhelmshaven 3,08 Meter gemessen. In Hamburg erreichte der Pegel 3,33 Meter über dem normalen Hochwasser. Trotz Warnungen ließen Autobesitzer in Bremerhaven ihre Fahrzeuge in der Überschwemmungszone stehen. Binnen weniger Minuten waren die Autos bis zu den Außenspiegeln vom Wasser eingeschlossen.
Die Fährverbindungen zu den Nordseeinseln wurden wegen der Sturmflut vorübergehend gestoppt. Wegen der Sturmflutwarnung wurden das Emssperrwerk bei Emden und weitere Sperrwerke geschlossen. Mit dem Schließen der Sperrwerkstore sollte eine Überflutung des Hinterlandes verhindert werden.
In der Nacht zum Freitag war eine erste erwartete Sturmflut weitestgehend ausgeblieben. Die Hochseeinsel Helgoland meldete Millionenschäden, weil voraussichtlich Hunderttausende Kubikmeter Sand am Nordstrand vom Wasser weggerissen wurden. Zuvor waren Tausende Menschen im Osten Englands nur knapp von schweren Überschwemmungen verschont geblieben.