Wer keinen Anspruch auf Asyl hat, soll Deutschland früher oder später wieder verlassen. Das sieht das Gesetz vor und dieses Ziel verfolgt auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere. Auf Abschiebungen allein setzt der CDU-Politiker aber nicht. Er bevorzugt freiwillige Heimreisen – und stellt Ausländern, die in ihre Heimat zurückkehren, jetzt noch höhere Prämien in Aussicht. De Maizieres jüngstes Angebot ist auf wenige Monate befristet – und richtet sich nicht allein an abgelehnte Asylbewerber.
Welche Anreize zur freiwilligen Ausreise gab es, welche sind neu?
Seit 1990 erhalten Rückkehrwillige ein Reisegeld und ein paar hundert Euro für den Neustart in das Leben in der Heimat. Diese Starthilfe-Gelder wurden im Februar 2017 für Bürger aus 45 Ländern, darunter Türkei, Afghanistan und Irak, erhöht. Verlässt ein Erwachsener nach abgelehntem Asylantrag das Land, erhält er auf Antrag 800 Euro, pro Kind gibt es 400 Euro. Findet die Ausreise noch vor Abschluss des Asylverfahrens statt, gibt es für Erwachsene 1200 Euro, pro Kind 600 Euro.
Das Programm, das jetzt in Kraft getreten ist und bis Ende Februar 2018 gilt, sieht noch höhere Prämien vor: Zusätzlich zu den bisherigen Hilfen können Familien für Miete, Neubau oder Renovierung nach der Rückreise bis zu 3000 Euro und Alleinstehende bis zu 1000 Euro beantragen.
Wie begründet das Innenministerium sein neues Angebot?
Innenminister de Maiziere hält die freiwillige Rückkehr für die bessere Alternative zur Abschiebung. Er sagt: „Konkrete Unterstützung bei der Finanzierung von Wohnraum kann ein Anreiz sein und Perspektiven nach einer Rückkehr bieten.“ Darauf will die Regierung aufbauen und noch stärker Anreize schaffen.
Worin liegen Vorteile im Vergleich zu einer Abschiebung?
Für den Staat sind freiwillige Ausreisen deutlich billiger. Bis zur Abschiebung entstehen der Allgemeinheit immense Kosten durch Gerichtsprozesse, Polizeieinsätze und auch die Reisekosten gehen schnell in die Zehntausende. Außerdem gelingt nicht jede Abschiebung. Häufig fehlen Papiere oder Herkunftsländer kooperieren nicht. Auch Betroffene haben Vorteile bei freiwilliger Ausreise: Sie können den Termin selbst wählen und ohne Behördenzwang den Umzug organisieren.
Nur wer freiwillig in die Heimat zurückkehrt, bekommt Fördergelder. Reisekosten für eine Abschiebung tragen Betroffene selbst.
Zu welchen Bedingungen kann ein Asylbewerber das Angebot nutzen?
Läuft sein Verfahren noch, kann ein Betroffener den Asylantrag zurückziehen und eine freiwillige Ausreise beantragen. Wurde der Asylantrag bereits abgelehnt, muss er sich bei der Ausländerbehörde melden. Um Fördergeld zu erhalten, muss er unterschreiben, dass er auf rechtliche Mittel verzichtet. Jeder Betroffene darf die Prämie nur einmal erhalten. Wer bei der Ausreise Unterstützung erhalten hat, muss sie zurückzahlen, wenn er erneut nach Deutschland kommt.
Wie viele Menschen sind zuletzt mit Förderung freiwillig ausgereist?
Im Jahr 2016 sind bundesweit mehr als 54 000 Menschen freiwillig ausgereist – so viele wie nie. Allein aus Bayern kehrten über 12 500 zurück. 2017 gab es bis Ende Oktober rund 26 000 freiwillige Heimkehrer bundesweit, 11 322 davon in Bayern.
In welche Länder gehen die meisten Zuwanderer freiwillig zurück?
Die Hauptzielländer lagen 2016 im Westbalkan. 17 000 Albaner reisten zurück in die Heimat, dazu mehr als 6000 Serben. Sprunghaft angestiegen sind zudem die Zahlen der Rückkehrer in den Nahen Osten. Mehr als 5 500 reisten in den Irak, über 3 300 in den Iran und rund 2 300 nach Afghanistan aus.
Welche Rolle spielen dabei noch Zwangsabschiebungen?
Im bayerischen Innenministerium geht man davon aus, dass die Zahl der freiwilligen Ausreisen drei bis viermal so hoch ist wie die Zahl der Abschiebungen. Allerdings zeige die Erfahrung, dass es ohne konsequente Abschiebungen wenig freiwillige Ausreisen gebe, so ein Sprecher: „Abschiebung und freiwillige Ausreise stehen nicht alternativ nebeneinander. Wir brauchen beides.“
Was sagen Kritiker?
Weil sich das Angebot nicht nur an abgelehnte Asylbewerber, sondern auch an Schutzsuchende in laufenden Verfahren richtet, hält die Organisation „Pro Asyl“ die neue Ausreiseprämie für unmoralisch. Ihr Geschäftsführer Günter Burkhardt kritisiert zudem, dass die Aktion auf drei Monate befristet ist. Das verführe Betroffene, überstürzt etwas zu tun, was für sie nicht gut sei.