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BERLIN: Was der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst bedeutet

BERLIN

Was der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst bedeutet

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    Am Ende war selbst ein so erfahrener Verhandlungsführer wie ver.di-Chef Frank Bsirske, der bereits zahllose harte Tarifverhandlungen mit diversen Innenministern geführt hatte, positiv überrascht. „So viel Harmonie war selten“, sagte er nach der Einigung im Tarifkonflikt für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Kommunen. Er habe den neuen Innenminister Horst Seehofer (CSU) „als ebenso angenehmen wie kompetenten und lebensnah agierenden Verhandlungspartner“ kennengelernt und würde sich freuen, wenn es „noch viele Verhandlungen“ mit ihm geben würde. Auch der CSU-Chef war voll des Lobes über seine ersten Tarifverhandlungen. Sie wären „ein Jungbrunnen für meine politische Tätigkeit“ gewesen, sagte er. „Es war gut, dass ich ein Training hinter mir hatte in den Koalitionsverhandlungen mit Jamaika und der SPD.“ Eine „Großreform“ sei gelungen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Tarifeinigung.

    Wer hat sich durchgesetzt?

    Eindeutig die Gewerkschaften ver.di sowie der Deutsche Beamtenbund. Mit einer Forderung nach sechs Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr sowie einer Erhöhung von mindestens 200 Euro im unteren Bereich waren sie in die Verhandlungen gezogen, am Ende erhielten sie im Schnitt ein Plus von 7,5 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Monaten. Allerdings fällt das Plus in den einzelnen Tarifgruppen sehr unterschiedlich aus, da es nicht zu einer linearen Anhebung aller Tarife kommt, sondern auch zu einer Neuordnung der Tarifgruppen.

    Wie sehen die Lohnerhöhungen im Einzelnen aus?

    Rückwirkend zum 1. März 2018 gibt es im Schnitt 3,19 Prozent mehr, zum 1. April 2019 dann ein weiteres Plus von 3,09 Prozent und zum 1. März 2020 noch einmal eine Erhöhung von 1,06 Prozent. Nach Berechnungen des Innenministeriums haben alle Beschäftigten ein Plus von mindestens 6,8 Prozent, viele deutlich mehr. Im Sozial- und Erziehungsdienst beträgt die Steigerung nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mindestens 7,3 Prozent. So werden unter anderem auch die Einstiegsgehälter in allen Entgeltgruppen bis 2020 um zehn Prozent angehoben werden.

    Gibt es eine spezielle Einigung für die Bezieher niedriger Einkommen?

    Beschäftigte in den Gehaltsgruppen eins bis sechs erhalten zusätzlich eine Einmalzahlung von 250 Euro, das betrifft unter anderem Müllwerker oder Verwaltungsangestellte. Die Gehälter von Berufseinsteigern in der Gruppe 1 werden außerdem überproportional um bis zu zwölf Prozent angehoben. Die Vergütung für Auszubildende steigt um jeweils 50 Euro zum 1. März 2018 und zum 1. März 2019, zudem bekommen sie einen weiteren Urlaubstag.

    Und wie sieht es bei den Führungskräften aus?

    Da der öffentliche Dienst gerade bei Ingenieuren, IT-Experten oder Fachkräften mit der freien Wirtschaft konkurriert, setzten sich die Arbeitgeber mit ihrer Forderung nach einer deutlich besseren Bezahlung der Fach- und Führungskräfte in den Gehaltsgruppen 9 bis 13 durch. Dies sei nötig, „dass der öffentliche Dienst auch in Zukunft wettbewerbsfähig ist“, sagte Innenminister Seehofer.

    Gibt es Sonderregelungen?

    Beschäftigte mit Nacht- und Wechselschichten in Krankenhäusern erhalten einen weiteren Tag Zusatzurlaub in den kommenden drei Jahren, sie haben somit sechs Tag Zusatzurlaub im Jahr. Außerdem wird der Nachtdienstzuschlag von 15 auf 20 Prozent angehoben.

    Was kostet die Tarifeinigung den Steuerzahler?

    Der Bund und die Kommunen haben tief in die Taschen gegriffen. Das Gesamtpaket kostet die Kommunen rund 7,5 Milliarden Euro, den Bund rund 2,2 Milliarden Euro. Der Deutsche Städtetag bezeichnet das Verhandlungsergebnis zwar als „vertretbar“, verweist aber auf die Probleme mancher finanzschwacher Kommune. Die Mehrausgaben seien vor allem für strukturschwache Städte mit hohen Sozialausgaben und Defiziten schwer verkraftbar, sagt Städtetagspräsident Markus Lewe.

    Was bedeutet der Tarifabschluss für die Beamtinnen und Beamten?

    Nach Angaben von Ulrich Silberbach, den Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes, hat Innenminister Horst Seehofer versprochen, das Ergebnis auf die Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie Soldatinnen und Soldaten eins zu eins zu übertragen. Damit sei er der Forderung des Beamtenbundes nachgekommen. Der Tarifabschluss wird zudem in der Regel mit gewissem Zeitverzug auch von den kirchlichen Einrichtungen übernommen.

    Was ist mit den Beschäftigten der Länder?

    Sie sind von dem Abschluss nicht betroffen. Für sie gilt ein Tarifvertrag, der im vergangenen Jahr ausgehandelt wurde und noch bis ins kommende Jahr läuft.

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