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BERLIN: Was Steinmeier ausspähen ließ

BERLIN

Was Steinmeier ausspähen ließ

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    Einblick in die Arbeit des Geheimdienstes: Frank-Walter Steinmeier, hier ein Foto aus dem Jahr 2005.
    Einblick in die Arbeit des Geheimdienstes: Frank-Walter Steinmeier, hier ein Foto aus dem Jahr 2005. Foto: Foto: dpa

    Seine Verschwiegenheit ist legendär. Normalerweise hüllt sich der Bundesnachrichtendienst (BND) in Schweigen, wenn es um seine Arbeit geht. Presseerklärungen aus Pullach gibt es praktisch nie, obwohl der Auslandsgeheimdienst der Bundesrepublik seit einigen Jahren sogar eine eigene Pressestelle hat.

    Umso überraschender, dass der BND nun sein eisernes Schweigen gebrochen und zu der seit Wochen die Schlagzeilen beherrschenden Abhöraffäre Stellung genommen hat. Beobachter in Berlin wollen nicht ausschließen, dass die ungewöhnliche Informationspolitik auf Druck des Kanzleramtes erfolgt, schließlich stehen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla als Geheimdienstkoordinator und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) seit Wochen unter dem Dauerbeschuss der Oppositionsparteien.

    Offiziell bestätigt der Dienst in einer Erklärung, dass er seit dem Jahr 2007 die Ausspäh-Software „XKeyscore“ verwendet, die der US-amerikanische Partnergeheimdienst NSA entwickelt hat. Dieses Programm werde an einer Außenstelle des BND „ausschließlich für die Aufklärung ausländischer Satellitenkommunikation“ eingesetzt, heißt es in der Stellungnahme. Und weiter: „XKeyscore ist ein wichtiger Baustein für die Auftragserfüllung des BND, insbesondere bei der Aufklärung der Lage in Krisengebieten, zum Schutz der dort stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten, im Kampf gegen den Terrorismus und zum Schutz und zur Rettung entführter deutscher Staatsbürger.“

    Ausdrücklich verweist der BND darauf, dass er sich an die Vorgaben des G-10-Gesetzes halte, das die Einschränkung des Grundrechts auf das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis regelt. „Mit XKeyscore kann der BND weder auf NSA-Datenbanken zugreifen, noch hat die NSA Zugriff auf das beim BND eingesetzte System.“ Durch den bloßen Einsatz des Programms sei der BND auch nicht Teil eines Netzwerkes der NSA.

    BND: Deutsche nicht betroffen

    Für die Regierungsparteien in Berlin ist mit dieser Erklärung des BND erwiesen, dass die Vorwürfe der Opposition nicht länger zu halten seien, wonach massenhaft deutsche Bürger ausgehorcht und ihre Daten an die USA weitergegeben werden. Deutsche Bürger seien nicht betroffen. Der BND, so heißt es, filtere bei den erfassten Datensätzen alle Informationen mit einem eindeutigen Bezug zu Deutschland – entweder eine 0049-Vorwahl oder eine E-Mail mit der Endung .de – heraus. Wer allerdings als Deutscher im Ausland ein einheimisches Handy benutzt, wird erfasst. Dem NSA übergeben werden dabei ausschließlich die Metadaten, also die Verbindungsnummern sowie die Länge des Gesprächs oder die PD-Adresse von Computern, aber keine Inhalte. Alleine im Dezember 2012 seien es rund 500 Millionen derartiger Daten gewesen. Die Zusammenarbeit geht auf eine Vereinbarung der rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2002 zurück.

    Völlig offen ist dagegen weiterhin die Frage, ob die NSA unabhängig von den Aktivitäten des BND eigene Daten über Bundesbürger erhebt. Die Bundesregierung verweist immer wieder darauf, dass ihr darüber bislang keine Erkenntnisse vorliegen, sie habe die USA um ausführliche Informationen über die Aktivitäten der NSA gebeten. Gleichwohl ist erwiesen, dass die NSA mit ihrem Spähprogramm PRISM den globalen Internetverkehr und den transatlantischen Telefonverkehr komplett überwacht und dabei auch die Daten von Bundesbürgern erfasst. Berichte, von den Ausspähaktionen sei auch der weltweit größte Internetknoten in Frankfurt betroffen, wurden von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) allerdings zurückgewiesen.

    Da jedoch viele deutsche Internetseiten aus ausländischen Servern liegen und selbst E-Mails innerhalb Deutschlands über ausländische Server gehen, kann die NSA problemlos darauf zurückgreifen, ohne in Deutschland aktiv sein zu müssen.

    SPD will Merkel-Aussage

    Der frühere Kanzleramtsminister und heutige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erklärte unterdessen seine Bereitschaft, vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags aufzutreten und zu der 2002 vereinbarten Zusammenarbeit zwischen BND und NSA Stellung zu nehmen – wenn auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der frühere Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere dem Gremium Rede und Antwort stehen.

    Die rot-grüne Regierung habe nach den Anschlägen vom 11. September 2001 alles getan, um dieses Verbrechen aufzuklären. Damals habe es weder die Spähprogramme PRISM noch TEMPORA oder andere Technologien gegeben, die eine lückenlose Abschöpfung privater Daten möglich gemacht hätten. „Wenn das zu einem späteren Zeitpunkt zu Lasten deutscher Staatsbürger geschehen ist, dann müssen die zu dieser Zeit Verantwortlichen dafür zu ihrer Verantwortung stehen“, sagte Steinmeier mit Blick auf den Regierungswechsel im Jahre 2005. Da Steinmeier nicht Regierungsmitglied ist, ist er nicht verpflichtet, vor dem Kontrollgremium auszusagen.

    Snowdens Mail-Anbieter schließt

    Offensichtlich unter dem Druck amerikanischer Behörden hat ein E-Mail-Anbieter geschlossen. Das Unternehmen hatte verschlüsselte E-Mail-Dienste angeboten und war angeblich auch vom Informanten Edward Snowden genutzt worden.

    Der Besitzer des texanischen Dienstes Lavabit erklärte, er habe vor der Alternative gestanden, zum „Komplizen bei Verbrechen gegen das amerikanische Volk“ schuldig zu machen oder aus dem Geschäft zu gehen. Er dürfe aber keine näheren Details nennen, schrieb Ladar Levison auf der Lavabit-Website.

    Das Unternehmen Lavabit schlug sich sechs Wochen lang mit den US-Behörden herum. Nach seinen Erfahrungen würde er niemandem empfehlen, seine persönlichen Informationen einem Unternehmen mit „physischer Verbindung“ zu den Vereinigten Staaten anzuvertrauen. Der strikte Maulkorb für Lavabit könnte auf eine Anfrage der Behörden nach Nutzer-Informationen hinweisen. TEXT: dpa

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