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MÜNCHEN: Wenn die Macht zur Droge wird

MÜNCHEN

Wenn die Macht zur Droge wird

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    Ein großes Ziel hat Horst Seehofer viele Jahre lang vor sich her getragen: Der CSU-Chef wollte zum Ende seiner politischen Karriere den ersten geordneten Übergang der Parteihistorie in die Wege leiten. Ohne Streit und Zwistigkeiten werde er sein politisches Erbe regeln, so beteuerte er immer wieder. „Sie werden sich noch wundern“, hielt er Zweiflern offensiv entgegen.

    Wundern kann man sich nun in der Tat: Nämlich darüber, wie eine vor gar nicht allzu langer Zeit mit großem Stolz zur absoluten Mehrheit in Bayern zurückgekehrte Partei immer mehr in selbst verursachtem Chaos und zerstörerischer Selbstbeschäftigung versinken kann.

    Von geordnetem Übergang in der CSU kann jedenfalls längst keine Rede mehr sein: Aller Geschlossenheitsrhetorik zum Trotz stehen sich in der Partei gleich mehrere Lager zunehmend unversöhnlich gegenüber. Gekämpft um die Macht wird nicht mit offenem Visier oder gar mit guten Argumenten. Sondern in schlechter, alter Tradition mit kleinen oder größeren Fouls und in geheimen Kungelrunden.

    Seehofer mag von der Macht nicht lassen

    Zweifellos gibt es dafür verschiedene Gründe: Die in der CSU besonders ausgeprägte Macho-Kultur etwa. Oder die großen Egos der beteiligten Personen. Einen großen Anteil am aktuellen CSU-Desaster hat aber auch der immer noch amtierende Parteichef mit seinem hartnäckigen Beharren auf der Macht und auf seinen Spitzenpositionen.

    Zur Erinnerung: Einst hatte Seehofer seinen Abschied aus der ersten Reihe für das Jahr 2018 angekündigt, dieses Versprechen aber 2016 wieder zurückgenommen. Nach der für die CSU vergeigten Bundestagswahl übernahm er zwar verbal die Verantwortung und ist inzwischen wohl auch zum Teilrückzug bereit. Ganz von der Macht lassen will er aber immer noch nicht.

    Was aber hindert einen inzwischen 68-Jährigen nach einer außergewöhnlichen politischen Karriere daran, einfach loszulassen und das Zepter an Jüngere weiterzureichen?

    Ist es das Gefühl der eigenen Unverzichtbarkeit? Der feste Glaube, es immer noch am besten zu können? Wer Seehofer zuletzt von den Berliner Sondierungen schwärmen hörte, den Enthusiasmus über neue „Lebenswelten“ und wichtige Themen, mit denen er sich dort beschäftigen durfte, der kann ein Gefühl dafür bekommen, wie sehr Macht auch zur Droge werden kann.

    Macht das Alpha-Gen den Abschied so schwierig?

    Ist es die Angst vor der Leere danach? Ex-CSU-Chef Erwin Huber schilderte einst bemerkenswert offen, wie schwer ihm 2008 der Abschied aus der ersten Reihe fiel. Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser belegte gar einen Wiedereingliederungskurs, um im politischen Ruhestand besser zurechtzukommen.

    Oder ist es genau das Alpha-Gen, das Spitzenpolitiker ganz nach oben bringt, das einen würdigen Abgang so schwierig macht? Horst Seehofer ist schließlich nicht der Einzige, der von der Macht nicht lassen kann: Edmund Stoiber erpresste sich 2007 eine neunmonatige Auslaufzeit als Ministerpräsident. Angela Merkel sieht keinen Grund für Selbstzweifel. Und SPD-Mann Christian Ude wäre wohl noch heute Münchner OB, gäbe es dafür keine Altersgrenze.

    Egoismus kann Demokratie schaden

    Doch Politik in der ersten Reihe verschleißt jeden: Das Misstrauen wächst. Die Abschottung steigt. Die Offenheit für Neues nimmt ab. Irgendwann droht der Machterhalt zum Selbstzweck zu werden. Und die Mittel dafür sind ja da – schlicht und einfach, weil man es kann.

    Das unwürdige Gezerre um Macht und Posten, wie es die CSU derzeit ausgiebig zelebriert, stößt viele Bürger aber zunehmend ab. Wenn Egoismen und Selbstbeschäftigung die Oberhand gewinnen, schadet dies deshalb auch der Demokratie.

    Eine Amtszeit-Beschränkung für Oberbürgermeister, Ministerpräsidenten oder Bundeskanzler auf zwei Wahlperioden könnte eine gute Antwort sein. Beschließen müssten eine solche Selbstbeschränkung aber genau diejenigen Spitzenpolitiker, die allzu oft von der Macht nicht lassen können. Bis zum bitteren Ende.

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