Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

BRÜSSEL: Wer nicht recycelt, soll zahlen

BRÜSSEL

Wer nicht recycelt, soll zahlen

    • |
    • |
    Ein Seepferdchen hält sich an einem Wattestäbchen fest: Dieses Bild steht für die Verbreitung von Plastikmüll in den Meeren.
    Ein Seepferdchen hält sich an einem Wattestäbchen fest: Dieses Bild steht für die Verbreitung von Plastikmüll in den Meeren. Foto: Foto: Justin Hofman/Wettbewerb Wildlife Photographer of the Year 2017/dpa

    Weg mit Wattestäbchen, Löffeln und Trinkhalmen aus Plastik: Nach dem Willen der EU-Kommission muss der Verbraucher sich bald umstellen. Teller und Becher aus Plastik sollen ebenso durch Produkte aus anderen Materialien ersetzt werden wie Folien um jede Gurke oder Tüten für Süßwaren.

    „Plastik ist das neue Umweltproblem, auf den Weltmeeren wie in unseren Städten“, sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger gegenüber dieser Redaktion. Die besondere Gefahr: „Über die Weltmeere gelangt es in die Nahrungskette.“ Zwar ist von einer Plastiksteuer inzwischen keine Rede mehr. Dennoch betonte der CDU-Politiker, er halte einen solchen Anreiz für sinnvoll, damit die Mitgliedsstaaten engagierter gegen Plastikprodukte vorgehen.

    Oettinger will erreichen, dass die Länder, die die künftigen Recyclingquoten nicht einhalten, für jedes Kilo eines nicht wiederverwerteten Kunststoffes 80 Cent an die EU zahlen müssen. So kämen pro Jahr zwischen vier und acht Milliarden Euro zusammen, die dann schrittweise sinken könnten, wenn alle die Vorgaben einhalten.

    „Einwegplastik ist keine wirtschaftlich oder ökologisch intelligente Lösung“, betonte der Vizepräsident der Kommission, Jyrki Katainen. Mehr als 80 Prozent des Mülls in den Ozeanen besteht aus Plastik, das mehrere Hundert Jahre braucht, bis es zersetzt ist. Bis dahin wird es von Fischen aufgenommen und gelangt so wieder auf unsere Teller.

    Vorbildlich im Trennen von Müll sind die Deutschen, aber auch spitze im Produzieren davon – nicht zuletzt wegen der PET-Flaschen. Auf jeden Bürger entfallen jährlich 72 Kilogramm Plastikabfall. Entgegen der Annahme, der Großteil werde recycelt, sieht die Realität anders aus.

    Zählte das Umweltbundesamt im Jahr 1994 noch 1,4 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle, so stieg die Zahl 2005 auf etwa 3,5 Millionen Tonnen und 2015 sogar auf insgesamt 5,9 Millionen Tonnen. Zuletzt wurden davon nur 45 Prozent recycelt – also zu einem neuen Rohstoff verarbeitet, aus dem neue Produkte entstehen. 53 Prozent der Abfälle wurden verbrannt und zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt (thermische Verwertung). Auf diese Weise werden Kohle und andere fossile Brennstoffe gespart. Die restlichen 70 000 Tonnen wurden rohstofflich verwertet – das heißt, der Kunststoff wird in einem chemischen Prozess in seine Einzelteile zerlegt. Daraus werden dann Heizöle und andere Ersatzbrennstoffe hergestellt.

    Auch wenn die Deutschen viel Plastik produzieren, stehen sie im EU-Vergleich in puncto Recycling gut da. Von den insgesamt 26 Millionen Tonnen Plastikmüll, die jährlich in der Europäischen Union anfallen, würden nur 30 Prozent zur Wiederverwertung gesammelt werden, heißt es seitens der EU. Die Brüsseler Behörde forderte deshalb in ihrer im Januar veröffentlichten Plastik-Strategie, dass die Hälfte aller Kunststoffabfälle bis 2030 recycelt werden soll. Das Umwelt Bundesamt empfiehlt 55 Prozent.

    Recyceln bedeutet, dass der Plastikabfall gesammelt und eingeschmolzen wird und anschließend als sogenannter Sekundärrohstoff in die Herstellung neuer Produkte wandert. Bei der PET-Flasche etwa ist der Weg Folgender: Die Flaschen werden im Supermarkt gesammelt und in Ballen gepresst. Lange Zeit wurden sie dann auf Containerschiffen nach China transportiert. Aus den Flaschenschnipsel entstanden neue Hemden, Hosen und Pullis. Laut Recherchen des Naturschutzbundes Nabu steckt in einem Paar Socken etwa eine halbe PET-Falsche, in einem T-Shirt sind es etwa sechs Flaschen. Lediglich 15 Prozent des recycelten Kunststoffabfalls werden dem Nabu zufolge zu neuen Getränkeflaschen.

    -> Das Thema Seite 6

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden