Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

LONDON: Wer war Khalid Masood?

LONDON

Wer war Khalid Masood?

    • |
    • |
    Polizei steht mit gepanzerten Fahrzeugen in der Nähe des Parlaments in London.
    Polizei steht mit gepanzerten Fahrzeugen in der Nähe des Parlaments in London. Foto: Foto: Niklas Halle, afp

    Es ist eine Art Puzzle aus Tausenden von Teilen, das derzeit von den britischen Ermittlern zusammengesetzt wird. Am Ende soll es die ganze Geschichte von Khalid Masood erzählen, dem 52-jährigen Attentäter von London. Wer war der in der Grafschaft Kent geborene Brite, der mehrfach vorbestraft war, laut Berichten erst spät in seinem Leben zum Islam konvertiert ist und offenbar mit einer ganzen Reihe von Pseudonymen operiert hat?

    Adrian Russell Ajao, so sein Geburtsname, hatte am Mittwoch auf der Westminster Bridge mehrere Menschen umgefahren, bevor er beim Versuch, in den Westminster-Palast einzudringen, auf einen Polizisten einstach. Dann wurde Masood von Beamten erschossen. Vier Menschen starben bei seiner Attacke, darunter der attackierte Polizist, eine britische Lehrerin und ein Tourist aus den USA. In der Nacht auf Freitag erlag zudem ein 75-jähriger Londoner seinen Verletzungen. Scotland Yard spricht von 50 Verletzten, zwei von ihnen sind in kritischem Zustand.

    Masood wurde mehrfach festgenommen und verurteilt

    Masood war ein polizeibekannter Krimineller. Von 1983 bis 2013 wurde er mehrfach wegen schwerer Körperverletzung, unerlaubten Waffenbesitzes und Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen und verurteilt, jedoch nicht wegen terroristischer Aktivitäten. So musste er im Jahr 2000 beispielsweise für zwei Jahre ins Gefängnis, nachdem der damals 35-Jährige mit einem Pub-Besitzer in Streit geraten war und diesem mit einem Messer einen tiefen Schnitt im Gesicht zugefügt hatte. Vor Gericht verteidigte sich Masood – damals nannte er sich Adrian Elms –, er habe vier Bier getrunken und die Kontrolle verloren, weil er rassistisch angefeindet worden sei.

    Vor einigen Jahren, so gab Premierministerin Theresa May an, sei er aufgrund von Hinweisen auf eine mögliche extremistische Gewaltbereitschaft ins Visier des Inlandsgeheimdiensts MI5 geraten, aber eine „Randfigur“ gewesen. Man nahm an, dass von ihm keine Gefahr ausging. Doch wann ist der Vater von drei Kindern konvertiert? Wann hat er sich radikalisiert?

    Aufgewachsen bei seiner britischen alleinerziehenden Mutter, interessierte er sich als Teenager und junger Erwachsener mehr für Fußball und Rugby als für Religion, ging in Pubs und wirkte nicht „sehr religiös“, wie sich ein Bekannter erinnert. Experten vermuten, dass erst einer seiner letzten Gefängnisaufenthalte eine Rolle für seinen Umschwung gespielt haben könnte, doch noch laufen die Ermittlungen. Nichtsdestotrotz: „Masood ist ungewöhnlich in der Hinsicht, dass sich nur eine Minderheit im Alter von über 30 Jahren radikalisiert“, so Shashank Joshi vom Forschungsinstitut RUSI, das sich mit Fragen der nationalen und internationalen Sicherheit befasst.

    Klar ist, dass der kräftige Bodybuilding-Fan ein Nomadenleben führte, sehr häufig seinen Wohnort wechselte und laut bislang unbestätigten Medienberichten ab 2005 für einige Jahre in Saudi-Arabien arbeitete. Die Behörden gehen weiter von einem Einzeltäter aus, der „vom internationalen Terrorismus inspiriert wurde“. In Birmingham, in London sowie „an anderen Orten im Land“ habe die Polizei Razzien vorgenommen, teilte Scotland Yard mit. Insgesamt zehn Menschen befinden sich derzeit in Polizeigewahrsam.

    Die Ermittler versuchen herauszufinden, ob Masood Komplizen und Hintermänner hatte. Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hatte am Donnerstag die Tat für sich reklamiert.

    Bis zum vergangenen Jahr soll Masood mit seiner muslimischen Frau, die er 2004 geheiratet hat, und den Kindern in Englands zweitgrößter Stadt Birmingham gewohnt haben – der Hochburg der Islamisten im Königreich. Doch vor den meisten Nachbarn hat er seinen Wandel offenbar gut verborgen. Der Vater von drei Kindern habe gerne im Garten gearbeitet, sei „zurückhaltend“ und ein Familienmensch gewesen. Zuletzt hat er Berichten zufolge in der Region West Midlands gelebt.

    Zuletzt fanden Nachbarn den 52-Jährigen „seltsam“

    Nachbarn fanden ihn „seltsam“. In den Monaten vor dem Anschlag habe er nur noch nachts und in schwarzer Kleidung das Haus verlassen, was ihm den Spitznamen „Vampir“ einbrachte, so ein Nachbar. In einem aktuellen Lebenslauf, den ein Boulevardblatt zitiert, beschrieb sich Masood selbst als „britisch“, „freundlich und zugänglich“ sowie als guten Zuhörer. Darin behauptete er auch, einen Hochschulabschluss in Wirtschaft zu haben. Beim Autoverleiher Enterprise in Birmingham, wo er sich den als Waffe benutzten Wagen geliehen hatte, gab er als Beruf Lehrer an.

    Von Dienstag auf Mittwoch übernachtete Masood in einem Hotel in Brighton – 59 Pfund mit Frühstück. Zum Abschied am Mittwoch sagte er zu den Hotelangestellten, er fahre nach London – als sei er Tourist. Die Hauptstadt aber, fügte Masood hinzu, sei nicht mehr so, „wie sie einmal war“. Dann stieg er in sein Mietauto.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden