Zehntausende Griechen haben am Donnerstag mit Streiks und Protestmärschen gegen die neuen Sparauflagen der internationalen Gläubiger und gegen die Politik der griechischen Regierung demonstriert. Behörden, Ministerien, Gerichte und Schulen wurden bestreikt. Es war bereits der zweite Generalstreik innerhalb von vier Wochen. Der Schiffs- und Bahnverkehr ruhte, auch die Taxifahrer beteiligten sich an dem Ausstand. Wegen eines dreistündigen Streiks der Fluglotsen fielen zahlreiche Flüge aus.
Steine und Brandsätze auf Beamte
In Athen beteiligten sich nach Schätzungen von Beobachtern mehr als 50 000 Menschen an den Demonstrationen. Am Rande der zunächst friedlich verlaufenen Massenproteste kam es zu Auseinandersetzungen zwischen gewalttätigen Demonstranten und der Polizei. Etwa 100 Vermummte warfen Steine und Brandflaschen auf die Beamten, die mit Tränengas und Blendgranaten antworteten. Drei Demonstranten und zwei Polizisten wurden verletzt. Im nordgriechischen Thessaloniki demonstrierten ohne Zwischenfälle etwa 20 000 Menschen.
Am Mittwoch hatten sich die Regierung und die Troika-Delegationschefs der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds auf die Grundlinien des neuen Sparpakets geeinigt. Eine Reihe noch offener Punkte soll in der kommenden Woche auf Beamtenebene geklärt werden. Dazu gehören die von der Troika geforderten Lockerungen des Kündigungsschutzes und weitere Änderungen im Arbeitsrecht, die innerhalb der Regierungskoalition bisher auf großen Widerstand stoßen.
Das neue Sparprogramm bringt für viele Griechen neue, schmerzhafte Einschnitte. Um 13,5 Milliarden Euro sollen die Haushalte der Jahre 2013 und 2014 entlastet werden. Zu den Einsparungen sollen allein die Rentner 4,9 Milliarden beitragen. Es ist bereits die vierte Rentenkürzung seit Beginn des Sparkurses im Frühjahr 2010. Auch die bereits vergangenes Jahr gestutzten Gehälter im Staatsdienst werden erneut um bis zu 20 Prozent gekürzt. Rund 15 000 Stellen im Staatsdienst werden bis zum Jahresende gestrichen, die Beschäftigten vorzeitig pensioniert. Erhebliche Kürzungen ihrer Einkommen, nämlich bis zu 30 Prozent, müssen auch die Beschäftigten der Staatsunternehmen hinnehmen. Sie gehörten in der Vergangenheit zu den bestbezahlten griechischen Arbeitnehmern – was die meisten Staatsbetriebe tief in die roten Zahlen trieb. Rund 1,5 Milliarden Euro müssen im Gesundheitswesen eingespart werden. Versicherte sollen sich stärker an den Arzneimittelkosten beteiligen, Kliniken zusammengelegt werden. Auch die Steuern werden erneut erhöht. Die Tabaksteuer steigt bereits zum vierten Mal seit 2009. Kapitalerträge werden künftig mit 15 statt mit zehn Prozent besteuert. Steuervergünstigungen und Freibeträge werden weitgehend abgeschafft.
Samaras hofft auf neues Geld
Während sich die Polizei vor dem Athener Parlament Scharmützel mit vermummten Chaoten lieferte, reiste Ministerpräsident Antonis Samaras zum EU-Gipfel nach Brüssel. Von dem Treffen erhofft sich die Athener Regierung ein positives Signal für die Freigabe der seit dem Juli zurückgehaltenen nächsten Rate der Hilfskredite in Höhe von 31,5 Milliarden Euro. Damit sollen vor allem die griechischen Banken rekapitalisiert werden. Über die Freigabe der Gelder müssen die Euro-Finanzminister entscheiden. Das Geld werde dringend benötigt, sonst drohe Griechenland zu „ersticken“, appellierte der griechische Finanzminister Giannis Stournaras diese Woche.