„Ganz cooler Auftritt heute Abend“ – das postete Christian Kern am Abend des Faymann-Rücktritts aus der Wiener Stadthalle auf seiner Facebook-Seite. Dort stand die schwer angesagte britische Rockband „Muse“ auf der Bühne. Einige Stunden zuvor war Bundeskanzler Faymann aus dem politische Rampenlicht getreten.
Der Name Kern fällt immer häufiger, wenn es um die Nachfolge des sozialdemokratischen Regierungschefs geht. Am Dienstag nach Pfingsten will der Wiener Bürgermeister Michael Häupl als amtierender SPÖ-Chef den neuen österreichischen Bundeskanzler und später auch Parteivorsitzenden präsentieren. Seit langem sind zwei Namen dafür im Gespräch: der Chef der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Christian Kern (50) sowie der ehemalige Generaldirektor des ORF, Gerhard Zeiler (60), der heute Präsident des TV-Großkonzerns Turner Broadcasting in London ist. Dort ist er für Unterhaltung und Kinderfernsehen zuständig.
Beide Top-Manager haben gute Chancen auf die Nachfolge. Denn sie kommen von außen, haben Managementerfahrung und sind kaum in die leidigen innerparteilichen Streitigkeiten der SPÖ involviert. Faymanns schärfste Kritiker haben sich bereits früh für Kern ausgesprochen. Er ist im Gewerkschaftslager gut verankert, erscheint öfter überraschend in den Werkstätten der ÖBB-Arbeiter.
Verfechter der „Welcome Kultur“
Wie Zeiler hat auch Kern als Journalist, dann Pressesprecher des damaligen SPÖ-Fraktionsvorsitzenden im Parlament angefangen. Später wechselte der alleinerziehende Vater in die Wirtschaft, pflegte jedoch weiter sein politisches Netzwerk. Dabei ist er nicht nur – wie auch Häupl - im Kuratorium des Fußballklubs Austria Wien aktiv. Der Dandy mit den eng geschnittenen Anzügen und dem markanten Gesicht trifft sich gern mit den jungen Start-Up Gründern, die von Österreich aus im Silicon Valley herumschwirren. Außerdem pflegt er das Umfeld von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer.
Schon 2014 war Kerns Einstieg in die Politik im Gespräch. Damals erklärte Nationalratspräsidentin und Faymann-Vertraute Doris Bures, Politik sei „nicht Kerns Stärke“, um ihn als Konkurrent für Faymann auszuschalten. Der Appell verhallte. In der Flüchtlingskrise wurde er zum Hoffnungsträger, als er Züge und Bahnhöfe für Flüchtlinge unbürokratisch zur Verfügung stellte. Er war ein Verfechter der „Welcome Kultur“. Aufgewachsen im Wiener Arbeiterbezirk Simmering als Sohn einer Sekretärin und eines Elektroinstallateurs passt er gut in den Traum der Sozialdemokraten vom sozialen Aufstieg im Lande.
Die Linken wollen eine Frau
Zeiler pendelt zwischen London, Wien und Salzburg. Seine Heimat ist der Bezirk Ottakring, wo auch Bürgermeister Häupl zu Hause ist. Zeiler war einst Pressesprecher der Kanzler Fred Sinowatz und danach Franz Vranitzky, bevor er in den ORF wechselte. Zu Häupl hat er immer noch ein enges Verhältnis. An der Basis kennen ihn wegen seiner langen Auslandsengagements nicht mehr so viele. Doch ihm eilt der Ruf voraus, gute Ideen zu haben und innovationsfreudig zu sein.
Lieblingskandidatin der linken Wiener SPÖ ist die ehemalige Siemens Managerin Brigitte Ederer (60). Sie lehnt strikt ab, gern mit dem Argument: „Ich bin eine alte Frau.“ Auch der Fraktionsvorsitzende Andreas Schieder und der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser werden hin und wieder ins Gespräch gebracht. Doch deren Nominierung würde mit einiger Sicherheit Flügelkämpfe nach sich ziehen. Wer von außen kommt, scheint also im Vorteil: So wie Christian Kern oder Gerhard Zeiler.