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Reise der Erinnerung

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    Traumkulisse: Wo heute wieder Ferienstimmung eingekehrt ist, riss der Tsunami an Weihnachten 2004 Tausende Menschen in den Tod. Blick aus dem JW Marriott Khao Lak Resort über den Pool zum Meer.
    Traumkulisse: Wo heute wieder Ferienstimmung eingekehrt ist, riss der Tsunami an Weihnachten 2004 Tausende Menschen in den Tod. Blick aus dem JW Marriott Khao Lak Resort über den Pool zum Meer. Foto: Foto: Riederle

    Was für ein Sonnenuntergang! Es ist ein Dezemberabend, die Luft wohlig lau, das Wasser des Meeres badewannenwarm. Wellen lecken am feinen, hellen Sand und der Himmel verfärbt sich mit den letzten Sonnenstrahlen von Rosa bis Rot. War es ungefähr so, als sich hier in den Weihnachtsferien vor sieben Jahren die Katastrophe anbahnte? Als am Morgen des 26. Dezember 2004 durch den Tsunami, der auf ein Seebeben vor Sumatra folgte und über 260 000 Menschenleben forderte, allein hier in Khao Lak 4200 Menschen ihr Leben verloren? 4200 Menschen in wenigen Minuten. Wer an diesem Strand steht im Süden Thailands, der denkt automatisch daran. Irgendwann.

    Khao Lak: Der 20-Kilometer-Streifen Badeparadies nördlich von Phuket war vor vielen Jahren mal ein echter Backpacker-Tipp. Heute ist Tourismus hier komfortabel organisiert, die Hotels schmücken die Kataloge der Reiseveranstalter. Die Verwüstungen durch den Tsunami, die weggeschwemmten Strandrestaurants, die zerstörten Hotels – wer nicht wüsste, was hier passiert ist, wer die Bilder damals nicht gesehen hätte, er würde es nicht glauben: In Khao Lak ist die Ferienwelt längst wieder heil.

    Die Urlauber kommen wieder

    Alexander Bolle findet, dass kein Land die Folgen der Katastrophe besser bewältigt hat als Thailand. Der 38-Jährige kam irgendwann als Urlauber aus Deutschland hierher und entschied sich fürs Bleiben. Zur Zeit des Tsunami hat er in einem kleinen Hotel in Lam Kaen gearbeitet, hatte sich mit seinen Gästen auf einen Hügel geflüchtet. Sieben Jahre danach sagt Bolle, in gewisser Weise habe der Tsunami Werbung gemacht für Khao Lak: Wer den Namen vorher nie gehört hatte, der hatte ihn danach im Kopf. Ein weites, flaches Strandgebiet mit einem tropisch grünen Berg im Rücken. Mit viel mehr Ruhe als im rund 70 Kilometer entfernten, rummeligen Phuket. Und mittlerweile wieder mit genauso vielen Touristen wie früher. Vor dem 26. Dezember 2004.

    Auch Wolfgang Meusberger lebt schon lange in Thailand. Er managt das Holiday Inn in Patong. Ja, auch „sein“ Hotel war 2004 betroffen. Ja, auch er habe zwei Gäste verloren damals, sagt er und dass er an den Thailändern bewundert, wie sie nach vorne schauen. „Stehaufmännchen“ nennt er sie: „Sie krempeln die Ärmel hoch und machen weiter.“ Für Khao Lak heißt das aber auch: Die Hotels wurden zügig wieder da aufgebaut, wo sie auch vor dem Tsunami standen. Direkt am Meeresufer. An jenem wunderbar flachen Strand, an dem die Wellen sich über zehn Meter hoch aufbauen konnten. Die Behörden, bedauert Meusberger, hätten die Chance verpasst, Tourismus neu zu denken und zu ordnen. Ein Konzept zu entwickeln und umzusetzen.

    Ein Konzept, ein Plan: Was würde er helfen, wenn alles genau so wieder passieren würde? Mit seinem Personal übt Wolfgang Meusberger inzwischen nicht nur die Hotelevakuierung bei Feueralarm, sondern spielt auch den Tsunami-Notfall durch. An den Strandzonen und Straßenrändern sind Schilder angebracht, die Tsunami-Fluchtrouten ins Hinterland anzeigen. Es wurden Lautsprecher-Türme gebaut und mancherorts sogar Fluchttürme, auf denen die Menschen sich im Fall der Fälle in Sicherheit bringen könnten.

    „Touristen haben Verantwortung“

    Heute gibt es darüber hinaus auch im Indischen Ozean ein Tsunami-Frühwarnsystem. Harald Spahn hat es mitentwickelt. Der Geologe arbeitet für die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im indonesischen Jakarta. 45 Millionen Euro deutsche Steuergelder flossen in das Frühwarnsystem, das Schlagzeilen machte wegen der Funktionsuntüchtigkeit seiner Bojen. Dass diese unnötig sind, hat das Entwicklungsteam mittlerweile gelernt. Messpunkte am Meeresboden, die Seebeben registrieren, sind weit effektiver.

    Harald Spahn ist optimistisch. Er glaubt, dass auch ein so mächtiger Tsunami wie vor sieben Jahren heute nicht mehr dasselbe katastrophale Ergebnis hätte. Schon deshalb, weil die Menschen inzwischen mit dem Begriff Tsunami etwas anfangen könnten. Weil sie um die möglichen Auswirkungen wüssten und gesehen hätten, wie wichtig es sei, so weit und so schnell wie möglich von der Küste weg ins Hinterland zu kommen. Oder sich so hoch wie möglich in Sicherheit zu bringen. Die Aufgabe der Zukunft sei es, diese Erkenntnis zu erhalten. „Touristen“, sagt Spahn, „dürfen nicht freigesprochen werden von Verantwortung.“

    Am Super-Pool des JW Marriott Resorts in Khao Lak sonnt sich ein Ehepaar aus dem Ruhrgebiet. Den Blick aufs harmlos schwappende Meer gerichtet. Angst vor einem Tsunami? Aber nein, haben die beiden nicht. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit spreche dagegen, sagt der Mann. Gerade hier – auf dem Gelände jenes Hotels, das vor sieben Jahren für 182 Menschen zum Grab wurde. Es war das Haus, in dem damals die meisten Deutschen starben. Damals, als das Hotel fast nagelneu war; damals, als es „Sofitel Magic Lagoon“ hieß und die Boulevardpresse es „Hotel des Todes“ betitelte. Kaum ein Stein war auf dem anderen geblieben, jahrelang lag die Ruine brach, jetzt ist hier wieder Ferienstimmung eingekehrt. „Warum auch nicht“, sagt der Mann. Warum auch nicht. In den Strandbars und Massagebuden gleich nebenan wollen die Thais schließlich auch Geld verdienen.

    Gedenkstätten für die Opfer

    Der Platz in Khao Lak, an den vor sieben Jahren das Patrouillenboot 813 geworfen wurde wie ein Walross auf eine Wiese zwei Kilometer im Landesinneren, ist zu einer von vielen Tsunami-Gedenkstätten geworden. Das Boot hatte König Bhumipols Enkel zum Surfen begleitet – der starb wie Tausende andere. Eine handgeschriebene Tabelle an einem Stand gleich in der Nähe gibt einen Überblick über Tote, Vermisste, Verletzte. Die thailändische Regierung hat damals irgendwann die Zahlen festgesetzt. Exakte Angaben zu bekommen, war nie möglich. Schon deshalb, weil niemand sagen kann, wieviele „Illegale“ umkamen: nirgendwo registrierte Burmesen zum Beispiel, die sich auf den Kautschuk-Plantagen verdingten. Einen Friedhof für alle namenlosen Opfer gibt es in der Nähe von Baan Nam Khem. Das alte Baan Nam Khem, wo Fischer lebten und Thais, die in den Touristenhotels von Khao Lak arbeiteten, war ans Meer gebaut gewesen. Das Dorf wurde 2004 fast ausgelöscht, rund 70 Prozent seiner Bewohner kamen ums Leben.

    Jetzt steht ein „Memorial“ am Strand, aus Beton geformt wie eine Welle, voller Gedenktafeln mit den Namen der Opfer. Still ist es auf der kleinen Landzunge, ein warmer Wind streicht durch die Palmen, und Wellen lecken am hellen Sand. „Sie haben das Paradies gesucht“ steht unter dem Foto einer vierköpfigen Familie auf einem Zettel, der an der Wand steckt. An Weihnachten vor sieben Jahren. Harald Spahn sagt da gerade, „heute wissen die Menschen über Tsunamis Bescheid. Unsere große Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass das Wissen bleibt“.

    Tipps zum Trip

    Information: Thailändisches Fremdenverkehrsamt, Bethmannstraße 58, 60311 Frankfurt; Tel. (069) 13 813 90. Internet: www.thailandtourismus.de Preisbeispiel: Thailand gibt es bei ganz vielen Reiseveranstaltern im Programm. Im Asien-Katalog der TUI kostet zum Beispiel das Luxushotel JW Marriott Khao Lak Resort & Spa ab 1321 Euro pro Person und Woche (DZ mit Frühstück) samt Flug ab München. Hilfsprojekte: Die „Hanseatic School of Life“ in Na Nai 20 Kilometer von Khao Lak entfernt, hauptsächlich getragen von deutschen Sponsoren, entstand aus einem Hilfsprojekt für Tsunami-Waisen. Dort werden Kinder unterrichtet und ausgebildet. Ein angegliedertes Tourismuspro- jekt– 18 Bungalows für maximal 50 Gäste – trägt zum Erhalt des Projekts bei (wwwhsfl.net). Auch das Tsunami Volunteer Center in Khao Lak entstand nach der Katastrophe 2004 und arbeitet bis heute vor allem mit Kindern. Im Internet: www.tsunamivolunteer.net/english/ Ausflüge: Wandern oder auf einem Elefanten reiten – der Khao Lak Nationalpark ist was für Naturfreunde. Ausflüge werden in den Hotels angeboten. Das gilt auch für Bootsfahrten zu den Similan-Inseln oder in den Phang Nga Nationalpark. Die Felsformationen dort sind weltberühmt. Hochwassersituation: Das Hochwasser, von dem jüngst vor allem der Norden Thailands und die Region um Bangkok betroffen waren, ist weitestgehend zurückgegangen. Die Touristengebiete im Süden waren und sind nicht betroffen. Aktuelle Hinweise, auch zur Sicherheitslage im Land, sind abrufbar beim Auswärtigen Amt. Im Internet: www.auswaertiges-amt.de

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