Vielleicht nur ein Aufatmen für ein paar Monate oder doch ein Zeichen, dass die Krise irgendwann zu Ende geht: GKN Sinter Metals, mit 450 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Bad Brückenau, hat seit März keine Kurzarbeit mehr, bis Ende Juni liegen ausreichend Aufträge vor, und das Unternehmen investiert in den Standort.
Das klingt wie ein Gegentrend zu den Wirtschaftsnachrichten in der Region Main-Rhön: 840 Mitarbeiter von Siemens in Bad Neustadt sollen gehen, 550 bei Bosch-Rexroth in Schweinfurt, 150 bei SRAM in Schweinfurt, 100 bei Husqvarna in Gochsheim, mehr als 80 bei Dressler in Stadtlauringen. Vor einem halben Jahr hat auch das Metallwerk GKN in Brückenau 40 Mitarbeiter entlassen. Schon seit November 2008 war der Betrieb in Kurzarbeit, dann sahen die Verantwortlichen keine andere Möglichkeit mehr, als Stellen abzubauen.
Die Krise war nicht über Nacht, aber doch sehr überraschend gekommen. Mitte 2007 hatte die Belegschaft noch jede Menge Überstunden geleistet, um die Arbeit zu schaffen, Anfang 2008 kam schlagartig der Auftragseinbruch für den Automobilzulieferer. „Es war eine schwierige Zeit“, sagt Personalleiter Wolfgang Müller. Als er vor drei Jahren an den Standort Brückenau kam, boomte das Geschäft; da war nicht abzusehen, dass er zwei Jahre später an einem Sozialplan arbeiten und 40 Mitarbeitern die Kündigung überreichen muss. Jetzt verlässt Müller Brückenau, eigentlich hätte er nur zwei Jahre bleiben sollen, bis er wieder an den Standort Radevormwald zurückkehrt. Die Krise und die damit nötigen Umstrukturierungsmaßnahmen haben ihn länger bleiben lassen.
Er schaut auf bewegte Zeiten in Brückenau zurück. Da sich bei GKN die Krise früher als bei anderen großen Betrieben der Region niederschlug, hofft er jetzt darauf, dass GKN auch ein Barometer sein könnte, dass das tiefste Tal durchschritten ist. Auch wenn es im Schweinfurter Raum und in Bad Neustadt gerade noch ganz anders aussieht.
Trotz des wirtschaftlich schwierigen Jahres 2009 hat der weltweit tätige Konzern GKN rund 1,2 Millionen Euro ins Brückenauer Werk investiert. Heuer sind es sogar etwa 1,3 Millionen, sagt Müller. Die größte Anschaffung heuer ist die siebte Drehzelle, an der die Sinter-Teile vollautomatisch bearbeitet und gereinigt werden. Die Hauptzufahrt und der Kanal darunter werden gerade saniert. Die Werkshallen werden Stück für Stück hergerichtet, Wände und Maschinen hell gestrichen, der Fußboden erneuert. Die Fahrwege sind jetzt farblich markiert, neue Beschilderungen wurden angebracht, die Mitarbeiter haben neue Arbeitskleidung. GKN soll europaweit ein einheitliches Erscheinungsbild haben.
Zur Tagung von 100 GKN-Top-Managern vor wenigen Wochen in Brückenau war zumindest ein Teil des Werkes schon hergerichtet. „Die haben jetzt gesehen, was hier ist“, sagt Müller. Gerade mit den Drehzellen sei Brückenau ein Stück weit Technologieführer. Kein Wunder also, dass jetzt ein Techniker aus Brückenau in einem kanadischen Werk aushelfen soll. Für die Produktion in China fertigt Brückenau Werkzeuge. Statt gewöhnlich acht neuer Auszubildender pro Jahr werden heuer elf eingestellt, die Plätze sind vergeben. GKN braucht Fachkräfte, im Idealfall selbst ausgebildete Mitarbeiter.
„Im Moment sind wir sehr froh mit der Situation“, sagt Müller zur Auftragslage. Zwar gibt es nach dem Sozialplan von Oktober die Option, heuer weitere 20 Stellen abzubauen. Aus heutiger Sicht unnötig, aber die Aufträge kommen weiterhin sehr kurzfristig. Deswegen bleibt Müller vorsichtig: „Es ist äußerst schwierig, in das zweite Halbjahr zu gucken.“