Die Plattform ist bei Studenten derzeit das Gesprächsthema Nummer eins. Eine Million Mitglieder hat derzeit das so genannte Studiverzeichnis, Fabian ist einer von ihnen. Der 23-Jährige studiert an der Fachhochschule in Würzburg Betriebswirtschaftslehre. Auf seiner kleinen Seite auf studivz.net verrät er neben seinem Geburtsdatum seine Vorliebe für exzessives Partyleben und schmutzigen Sex. Das zumindest verrät seine Mitgliedschaft in rund zwei Dutzend Diskussionsgruppen im Studiverzeichnis. Dazu kommen Partyfotos und Kommentare auf seiner Seite im Studiverzeichnis.
Der Würzburger BWL-Student ist jedoch keine Ausnahme. Derzeit geben Hunderttausende Jungakademiker ihr Leben online preis. Mit Details und Informationen, die einige sicher kaum ihren Eltern anvertrauen würden. studivz.net ist kostenlos und für jeden zugänglich. Auch zukünftige Arbeitgeber können also einen Blick hineinwerfen und sehen, ob ihr Bewerber eher der fleißige Bibliotheksbesucher war oder seine Hochschulzeit lieber mit Mädchen und Alkohol verbrachte. Der digitale Striptease hilft somit nicht nur den studentischen Nutzern.
Für großen Aufruhr in Internet-Blogs sorgten aber deutliche Sicherheitsmängel der Studentenseite und Angriffe von Hackern auf das ganze System. Mit wenigen Kniffen konnten auch ungeübte Nutzer auf private Daten und Fotos anderer Nutzer zugreifen und sich unter falschem Namen anmelden. Um Fehler zu beheben, ging die Seite für Tage vom Netz. Zudem kündigte der Chaos Computer Club an, am 27. Dezember ausgelesene Nutzerdaten bei einem Kongress in Berlin zu präsentieren.
Die Gründer von studivz, die sich vor kurzem als leuchtender Stern am Web-2.0-Himmel feiern ließen, bemühen sich jetzt um Schadensbegrenzung und versprachen Besserung. Die drei Unternehmensgründer Michael Brehm, Dennis Bemmann und Ehssan Dariani halten sich zurück. Besonders der 26-jährige Dariani stand in der Kritik. Er belästigte Frauen, indem er sie ohne ihr Einverständnis in der U-Bahn oder auf der Toilette filmte und die Videos dann ins Netz stellte. Zudem lud er zu einer Privatparty unter der Webadresse voelkischer-beobachter.de ein. Der schlechte Scherz hat es still um Dariani werden lassen.
studivz.net ist heute angeschlagen, trotz solider Kapitalgeber, einer Million Nutzern und Ablegern in Frankreich, Polen und Italien. Dariani & Co. haben ihr wichtigstes Kapital schon teilweise verspielt: Das Vertrauen der Nutzer, die studivz.net zum Thema Nummer eins unter Studenten machten. Massen-E-Mails unter Studenten warnen jetzt vor dem Verlust der Privatsphäre und Sicherheitslücken des Systems. Deutschlands heißestes Internet-Start-up hat sich so selbst in Richtung Abgrund manövriert.
Stichwort
studivz.net
Vorbild für das Studiverzeichnis ist
facebook.com in den USA. Die
Internetseite dient als soziales
Netzwerk für Studenten. Online
können Nutzer alte und neue
Freunde treffen, sich verabreden
und kommunizieren. Gegründet
wurde das Internet-Start-up im
Oktober 2005 in Berlin.