Vor wenigen Wochen hat ein neuer Mann die Gesamtverantwortung bei der Bavaria Yachtbau GmbH in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) übernommen: Constantin von Bülow löste den bisherigen Geschäftsführer Jens Ludmann ab. Im Gespräch mit dieser Zeitung kündigte von Bülow deutliche Veränderungen im Unternehmen an, die vor allem die Produktionsabläufe betreffen werden.
Der Wechsel an der Spitze kam für viele überraschend. Constantin von Bülow ist aber schon seit Januar dieses Jahres im Unternehmen, um sich einzuarbeiten. Er ist Senior Vice President bei Oaktree Capital, neben Anchorage Advisors einer der beiden Investoren, denen Bavaria gehört. Sein Ziel ist es, die Giebelstadter Bootswerft wieder profitabel zu machen. Von Bülow fühlt im Unternehmen eine Aufbruchstimmung und ist daher zuversichtlich, dass dies gelingen wird.
Zwei Faktoren wirken sich von Bülow zufolge ungünstig aus: Zum einen der Markt mit einer derzeit geringen Nachfrage für Jachten. Zum anderen die fehlende Profitabilität: Für die Herstellung einiger Bootstypen wird zu viel Zeit benötigt. Um die Produktionsabläufe zu beschleunigen, hat Constantin von Bülow bei Bavaria das Ruder übernommen.
Der 44-Jährige stammt aus München, hat Maschinenbau und Betriebswirtschaft studiert und seine berufliche Laufbahn in der Unternehmensberatung begonnen. Nach seinem Wechsel zu Gerresheimer Glas in Düsseldorf, einem Hersteller für pharmazeutische Verpackungen, ging er zum Autozulieferer Hella und ist seit drei Jahren als CEO (Chief Executive Officer) für die in Los Angeles beheimatete Investmentgesellschaft Oaktree Capital Management tätig. Dort gehört von Bülow zum sogenannten Operations Team, das die Portfoliogesellschaften sowohl in einer Aufsichts- als auch Managementfunktion betreut.
Die Management-Teams der betreffenden Firmen würden nach der Übernahme intensiv betreut, bis zusammen mit dem Investor die gemeinsamen Ziele und Strategien festgelegt seien, erklärt der neue Geschäftsführer. Danach könne sich das Operations Team zurückziehen. Constantin von Bülow kennt sich mit Prozessabläufen bestens aus, wohingegen die Stärke seines Vorgängers Jens Ludmann die Produktentwicklung war. Bavaria habe unter Ludmanns Führung in den vergangenen Jahren neue und gute Boote auf den Markt gebracht, lobt von Bülow.
Jetzt sei es an der Zeit, Möglichkeiten zu finden, diese Erfolg versprechenden Neuentwicklungen schneller und günstiger zu produzieren. Trotz der bei Bavaria schon lange üblichen Fließbandproduktion sieht Constantin von Bülow noch zahlreiche Möglichkeiten für konzeptionelle Verbesserungen. Jeder Mitarbeiter sei aufgerufen, an diesem Prozess mitzuarbeiten. Alle Bereiche, von der Entwicklung über die Fertigung bis hin zum Einkauf, sollen zusammenarbeiten und sämtliche Prozesse kontinuierlich hinterfragen.
Personelle Einschnitte plant Constantin von Bülow bei diesem Straffungsprogramm jedoch nicht. Sowohl der Standort in Giebelstadt soll erhalten bleiben, als auch die derzeit tätige Belegschaft. Die Schwankungen am Markt könnten über flexible Stundenkonten und mit Hilfe von Leiharbeit abgefedert werden, sagt von Bülow.
Auch das seit Monaten angespannte Verhältnis zwischen Geschäftsleitung und der IG Metall, die bei Bavaria einen Tarifvertrag durchsetzen möchte, will Constantin von Bülow so weit als möglich entschärfen. Er hofft auf eine konstruktive Zusammenarbeit und schließt, anders als Jens Ludmann, Verhandlungen mit der Gewerkschaft zumindest nicht mehr kategorisch aus.
Bis die zahlreichen Verbesserungen erarbeitet und umgesetzt sind, könne es Jahre dauern, sagt von Bülow. Er will so lange bei Bavaria bleiben, bis das derzeit noch von den Finanzinvestoren abhängige Unternehmen wieder Geld abwirft. In dieser Zeit soll auch weiterhin an neuen Entwicklungen gearbeitet werden. Derzeit verdiene kein Bootsbauer Geld, betont der neue Geschäftsführer. Er ist aber davon überzeugt, dass Bavaria in diesem harten Kampf überleben werde.
Bavaria Yachtbau
Das 1978 in Giebelstadt bei Würzburg gegründete Unternehmen ist mit derzeit 550 Mitarbeitern und jährlich über 1500 produzierten Segel- und Motorjachten eines der größten Jachtbauunternehmen der Welt. Im Boomjahr 2007 stieg der US-Finanzinvestor Bain Capital ein. In der Wirtschaftskrise brach der Umsatz von über 250 Millionen Euro auf 90 Millionen Euro ein. 2009 gab Bain Capital seine Anteile an die Hedgefonds Anchorage Advisors und Oaktree Capital Management ab. Text: md