Bei Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften werden vor allem Fragen zum vergangenen Geschäftsjahr beantwortet: Wie gut war die Geschäftspolitik? Was blieb in der Kasse? Welchen Anteil am Erfolg – die Dividende – erhalten die Aktionäre? Doch nach dem Krisenjahr 2009 geht es bei Aktionärstreffen zur Zeit um andere Fragen: Hat man das Tief überwunden? Zieht das Geschäft wieder an? Auch bei der Hauptversammlung der Würzburger Koenig & Bauer AG (KBA) am Donnerstag stand die aktuelle Lage im Mittelpunkt. Und Vorstandschef Helge Hansen konnte den anwesenden Aktionären im Vogel Convention Center (VCC) in Würzburg durchaus Erfreuliches berichten.
Seit Anfang des Jahres gehe es bei KBA „wieder aufwärts“. Der „schlimmste Nachfrageeinbruch seit Ende des Zweiten Weltkrieges scheint überstanden zu sein“. In Zahlen: Vorläufig liegt der Auftragseingang mit fast 500 Millionen Euro um knapp 23 Prozent über dem Vorjahr. Die traditionell hohe Exportquote kletterte in den ersten Monaten gar auf einen neuen Rekordwert von 86,5 Prozent – und das trotz historisch niedriger Ausfuhren ins europäische Ausland. Es sei, so Hansen, die unverändert starke Nachfrage aus China gewesen, die das Exportgeschäft getragen hätte. Und der schwache Euro, räumte er ein, helfe dabei. Zu Euphorie jedoch gebe es keinen Anlass, die Branche sei schwer getroffen. Denn in der Krise habe sich der Weltmarkt für Druckmaschinen mehr als halbiert: von neun Milliarden Euro auf weniger als vier Milliarden Euro. Das alte Niveau werde trotz einer erwarteten Erholung wohl nicht mehr erreicht werden, so Hansen. „Auch auf einem kleineren Markt können wir gutes Geld verdienen“, sagte Hansen, man müsse nur bereit sein, die Kapazitäten entsprechend anzupassen.
Tatsächlich schrumpft sich KBA zur Zeit gesund. Man habe sich im Zuge der Neupositionierung konzernweit von fast 2000 Mitarbeitern trennen müssen, sagte Hansen, dies entspreche fast einem Viertel der ehemals über 8000 Beschäftigen. Damit werde die KBA-Gruppe Ende des Jahres nur noch etwa 6100 Mitarbeiter beschäftigen. Gemeinsam mit weiteren Maßnahmen seien im Zeitraum 2009 bis 2012 insgesamt Einsparungen in Höhe von 582 Millionen Euro vorgesehen, alleine im vergangenen Jahr waren es 109 Millionen Euro. Die Entwicklung in den einzelnen Marktsegmenten sei sehr unterschiedlich gewesen. Besonders hart habe es den Blechdruck getroffen. Daher bestehe bei der Tochter MetalPrint in Stuttgart „dringender Konsolidierungsbedarf“. Als Hansen dies sagte, blieb es still. Erstaunlich, waren doch zahlreiche Mitarbeiter von MetalPrint nach Würzburg gekommen und hatten vor Beginn der Hauptversammlung lautstark demonstriert. Einige von ihnen nahmen auch an der Hauptversammlung teil.
Der Protest der Stuttgarter richtete sich gegen die KBA-Pläne, trotz eines wieder anziehenden Geschäfts, etwa 70 Beschäftigte (MetalPrint hat rund 300 Mitarbeiter) zu entlassen. Völlig unverständlich sei zudem, so Betriebsratschef Ronny Schwarz gegenüber dieser Zeitung, dass man die bereits Gekündigten vor Kurzem „bezahlt von der Arbeit freigestellt“ habe und so das Unternehmen zusätzlich schwäche. „Wir haben Aufträge, die wir nicht fertig machen können, weil uns die Leute fehlen.“ Mit diesen Maßnahmen fahre man MetalPrint ohne Not „an die Wand“. In der Generalaussprache wandte sich Schwarz direkt an die Aktionäre: „Bei uns wird zur Zeit ihr Geld hinausgeschmissen.“
In Richtung von Vorstandschef Hansen sagte er: „Ja, wir werden dieses Jahr rote Zahlen schreiben.“ Schuld daran seien aber die künstlich hoch getriebenen Kosten für Abfindungszahlungen und die bezahlte Freistellung. Auf einen offenen Brief an den KBA-Vorstand habe es bis jetzt keine Reaktion gegeben. Für seine Rede erhielt Schwarz reichlich Applaus. Hansen ging nicht auf Details ein. MetalPrint wäre ohne KBA im vergangenen Jahr am Ende gewesen, sagte er. Zu den beschlossenen Maßnahmen gebe es keine Alternative. Schwarz und seine Kollegen verließen daraufhin demonstrativ den Saal.
Lob für den KBA-Vorstand gab es von Aktionärsvertretern. Man habe, sagte der Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, offensichtlich „die richtigen Maßnahmen ergriffen“. Ein Redner kritisierte allerdings die Erhöhung der Bezüge der vier KBA-Vorstandsmitglieder von insgesamt 1,2 auf 2,3 Millionen Euro und die Anhebung der Aufsichtsratssaläre. Anders gehe man mit den Aktionären um: Die würden – wie schon 2008 – wieder keine Dividende erhalten.