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KARLSRUHE: Euro-Kläger lassen nicht locker

KARLSRUHE

Euro-Kläger lassen nicht locker

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    Prüfung: Richter des Ersten Senats beim Bundesverfassungsgericht. Deutschlands höchstes Gericht muss sich wohl bald mit der Frage beschäftigen, ob die geplante Bankenunion rechtmäßig ist.
    Prüfung: Richter des Ersten Senats beim Bundesverfassungsgericht. Deutschlands höchstes Gericht muss sich wohl bald mit der Frage beschäftigen, ob die geplante Bankenunion rechtmäßig ist. Foto: Foto: Uli Deck, dpa

    Mit Milliarden mussten die Steuerzahler Banken in der Finanzkrise retten. Im Falle Irlands geriet dadurch sogar ein Staat selbst in Turbulenzen. Ähnliche Krisen will Europa in Zukunft verhindern – und startet dazu die Europäische Bankenunion. Doch eine Gruppe von deutschen Professoren stellt dieses Projekt nun infrage und zieht per Verfassungsbeschwerde vor das oberste deutsche Gericht.

    Worum geht es?

    Die Professorengruppe um den Finanzwissenschaftler Prof. Markus C. Kerber argumentiert, die Bankenunion habe keine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen und stelle einen Grundrechtsverstoß dar. Erst einmal geht es den Kritikern um die Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB, die im November ihre Arbeit aufnehmen soll. „Die Europäische Zentralbank bekommt mehr Macht, als ihr zusteht. Dies ist ein Grundrechtsverstoß“, sagte Kerber. Die Europäischen Verträge – und zwar Artikel 127 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU – erlaubten keinen „Totaltransfer“ nationaler Aufsichten auf die EZB. Eine weitere Verfassungsbeschwerde plant Kerber gegen den Banken-Abwicklungsfonds, sobald dieser rechtskräftig ist.

    Kann die Beschwerde den Start der Bankenaufsicht verhindern?

    Nein, denn es handelt sich nicht um einen Antrag auf einstweilige Verfügung. Eine Verfassungsbeschwerde wie hier hat keine sogenannte aufschiebende Wirkung, ein Gesetz kann also trotzdem in Kraft treten. Kerber hält sich jedoch ausdrücklich vor, doch noch einen Eilantrag einzureichen, um den Start der Bankenunion zu verhindern.

    Sind noch andere Beschwerden

    in Sachen Euro-Krisenpolitik anhängig?

    Dem zuständigen Dezernat beim Verfassungsgericht liegen nach Angaben eines Gerichtssprechers keine weiteren wichtigen Verfahren im Zusammenhang mit der Eurorettung vor.

    Gab es nicht schon mehrfach Klagen wegen der Eurorettung?

    Das Verfassungsgericht hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit Klagen gegen die Eurorettung beschäftigt. Zu nennen sind etwa Klagen gegen die Griechenland-Hilfe oder den Rettungsschirm.

    Wie sieht die europäische

    Bankenaufsicht aus?

    Die Bankenaufsicht ist unter dem EZB-Dach angesiedelt. Die Behörde unter Führung der Französin Daniele Nouy ist aber organisatorisch und räumlich von der Notenbank getrennt. Nach einer vorläufigen Auswahl wird die Bankenaufsicht 120 Institute im Euroraum direkt überwachen, davon 21 deutsche. Die neue Aufsicht soll gewährleisten, dass zumindest die wichtigsten, grenzüberschreitend tätigen Institute in Europa nach einheitlichen Standards kontrolliert werden. Die tägliche Aufsicht über die Geschäfte der kleinen Geldhäuser werden weiter die nationalen Behörden haben. Zuständig sind hierzulande die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), aber auch die Bundesbank.

    Wie beurteilen Finanzexperten die Klage?

    Bankenexperte Horst Löchel von der Frankfurt School of Finance and Management schließt zwar nicht aus, dass es Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Funktionen der EZB geben könnte. „Sie versorgt die Banken mit Geld und entscheidet gleichzeitig über die Qualität der Vermögenswerte der Institute.“ Die Europäische Bankenaufsicht operiere jedoch nicht im luftleeren Raum. „Sie kooperiert eng mit den nationalen Aufsehern und bei der Entscheidung über die Abwicklung einer Bank sind der EU-Ministerrat und nationale Behörden beteiligt.“ Ein Scheitern der Bankenunion hätte „katastrophale ökonomische Auswirkungen, sagt Prof. Löchel. „Wir würden zurückfallen in die Krise.“

    Bankenunion

    EU-Projekt: Die Bankenunion ist eines der ehrgeizigsten Projekte der Europäischen Union. Sie soll helfen, die Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise zu bewältigen – und künftige Krisen zu mildern. Erster Schritt ist der Start der gemeinsamen Bankenaufsicht im November 2014 unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie kontrolliert die bedeutenden Banken im Euroraum. Für die restlichen Institute bleiben die nationalen Aufseher zuständig.

    Abwicklung: Nächster Schritt sind einheitliche Regeln, um strauchelnde Institute auch schließen zu können. Künftig werden in erster Linie Eigentümer und Gläubiger zur Kasse gebeten und erst dann Großsparer sowie Hilfsfonds. Die Haftungsregeln sollen europaweit ab 2016 gelten, in Deutschland von 2015 an. Ein gemeinsamer Abwicklungsfonds soll bis Anfang 2024 schrittweise über Abgaben der Geldhäuser mit rund 55 Milliarden Euro gefüllt werden. Als weiterer Baustein werden nationale Einlagensicherungssysteme harmonisiert. Alle EU-Länder sind verpflichtet, Sicherungsfonds aufzubauen, um im Entschädigungsfall Bankeinlagen von bis zu 100 000 Euro zu garantieren. Die in Deutschland existierenden Fonds bleiben erhalten. Text: dpa

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