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München/Leipzig: Journalismus: Warum das Internet Gutes gebracht hat

München/Leipzig

Journalismus: Warum das Internet Gutes gebracht hat

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    Internet-Netzwerke wie der Kurznachrichtendienst Twitter haben den Journalismus verändert.
    Internet-Netzwerke wie der Kurznachrichtendienst Twitter haben den Journalismus verändert. Foto: Armin Weigel, dpa

    Das Internet hat in den vergangenen 30 Jahren den Journalismus verändert. Online-Expertin Gabriele Hooffacker begleitet diesen Prozess fast von Anfang an. Dem Online-Journalismus gewinnt die 60-Jährige Vorteile ab.

    Frage: Wie hat das Internet hierzulande den Journalismus verändert?

    Gabriele Hooffacker: Das Publikum hat sehr viel mehr Möglichkeiten, sich zu informieren. Die Journalisten mussten für sich erst wieder neu erfinden, was den Wert ihrer Arbeit eigentlich ausmacht: Perspektiven auf Themen zu bieten, die sich nicht jedem erschließen, der googeln kann, und dafür Öffentlichkeit herzustellen.

    Ist das gut oder schlecht?

    Hooffacker: Ich glaube, dass diese Rückbesinnung dem Journalismus gut getan hat.

    Und warum?

    Hooffacker: Zunächst hieß es, dass im Online-Journalismus vor allem Schnelligkeit zählt. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass online auch Hintergrund-Informationen und lange Lesestücke funktionieren können. Die sind allerdings aufwändiger, was die Recherche angeht. Da muss man auch mal raus gehen. Der Aufwand will finanziert sein.

    Mit Wikipedia, Google und Co. kann der Journalist Daten schnell und einfach am Computer zusammentragen. Gleichzeitig ist die Gefahr gestiegen, bei der Flut an Infos aus dem Web und vor allem aus den sozialen Netzwerken Falschinformationen aufzusitzen. Ist der Journalist von heute dagegen genügend gewappnet?

    Hooffacker: Journalistenschulen, Hochschulen und Universitäten machen eine ganz gute Arbeit. Die Methoden müssen nur angewendet werden – und das kostet eben auch Zeit. Wenn die Falschmeldung zum Beispiel lautet „Dieses Merkblatt wurde an einer Dresdner Schule verbreitet“, müssen die infrage kommenden Dresdner Schulen befragt werden. Erst wenn dieser Check erfolgt ist, kann man guten Gewissens sagen: Fake. Bis dahin hat sich die Falschmeldung schon weit verbreitet. Aber auch hier gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Die Richtigstellungen verbreiten sich über die einschlägigen Fact-Checking-Portale dann ziemlich schnell und weit. Die schlechte: Wer lieber dem Fake glaubt, lässt sich von Fakten nicht irritieren.

    Online-Kommentare von Lesern und die sozialen Netzwerke haben dazu geführt, dass die Interaktion zwischen Lesern und Journalisten schneller, direkter und mitunter aggressiver geworden ist. Wer schreibt, bekommt ruckzuck Rückmeldung vom Leser. Hat das den Journalismus vorangebracht?

    Hooffacker: Naja, die Kommunikation ist in allen Bereichen schneller und aggressiver geworden. Davon können Lehrer, Ärzte, Shopbetreiber oder auch die Deutsche Bahn ein Lied singen. Die Frage müsste eher lauten: Wie bringt man wieder etwas Zivilisiertheit in die Kommunikation?

    Was sagen Sie einem Journalisten, der sich so weit wie möglich dem Internet und insbesondere den sozialen Netzwerken verweigert?

    Hooffacker: Ich kenne, ehrlich gesagt, keine Journalistin und keinen Journalisten, der oder die das heute noch macht. So kann man mit den Nutzern nicht auf Augenhöhe kommunizieren.

    Und was sagen Sie einem Journalisten, der durch und durch multimedial agiert?

    Hooffacker: Schreib einen Beitrag über den aktuellen Trend ‚Social detox‘ (Anm. der Red.: "Entgiftung", also Rückzug aus den sozialen Netzwerken) und überlege dabei, ob dir Entschleunigung vielleicht mehr bringt, als wenn Du auf allen Online-Hochzeiten tanzt.

    Gabriele Hooffacker
    Gabriele Hooffacker Foto: Noah Cohen

    Gabriele Hooffacker Die 60 Jahre alte Journalistin und Fachbuchautorin aus München beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Online-Journalismus. Sie lehrt an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig im Bereich "Medienadäquate Inhalteaufbereitung". Hooffacker gründete vor 20 Jahren die Journalistenakademie in München. Diese verlagsunabhängige Einrichtung bietet unter anderem berufsbegleitende Seminare in Online-Journalismus an. Hoffacker gibt die von Walther von La Roche (1936-2010) gegründete Lehrbuch-Reihe "Journalistische Praxis" heraus, die in der Branche als Standardlektüre gilt.

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