„Der Kampf um die Fachkräfte wird immer härter.“ Das war der Tenor bei der Vorstellung des mainfränkischen IHK-Bildungsreports 2017 am Mittwoch in Würzburg. Weil der Bewerbermarkt schrumpfe, falle es den Betrieben immer schwerer, passende Auszubildende zu finden, sagte Lukas Kagerbauer, IHK-Bereichsleiter Berufsausbildung.
Zahl der Ausbildungsverträge leicht rückläufig
Zwar freue man sich über 3710 neue Ausbildungsverträge, die im Jahr 2017 abgeschlossen worden seien. Doch die Zahl der abgeschlossenen Verträge sei um 1,7 Prozent niedriger als die Vorjahreszahl. Gerade in kaufmännischen Berufen und im gewerblich-technischen Bereich sei der Bedarf „viel größer“ als die Nachfrage.
Im Jahr 2020 fehlen in Mainfranken 27 000 Fachkräfte
Und das macht der IHK Sorgen – auch deshalb, weil in den nächsten Jahren viele Fachkräfte in Rente gehen und unbesetzte Stellen zurücklassen werden. „Wir müssen damit rechnen, dass im Jahr 2020 allein in der Region Mainfranken 27 000 Fachkräfte fehlen werden. Darunter sind nur 2000 Akademiker“, sagte IHK-Sprecher Radu Ferendino.
Jugendliche streben oft Studium an
Dass die Zahl der jungen Leute sinkt, die eine Ausbildung anstreben, liegt nicht nur am demographischen Wandel. Es liegt Kagerbauer zufolge auch daran, dass die Jugendlichen vermehrt weiterführende Bildungswege einschlagen, dass sie, anstatt etwa nach der mittleren Reife eine Ausbildung anzufangen, immer öfter etwa an die Fachhochschulen gehen, um dann ein Studium aufzunehmen. Kann man da als IHK gegensteuern?
Ja, kann man – und zwar mit Ausbildungsmarketing. Ausbildungsmarketing, also die Werbung um Azubis, gewinne nicht nur bei den Betrieben, sondern auch bei der IHK selbst stark an Bedeutung.
Werbung mit Bildungskampagne
So hat die IHK gerade eine Bildungskampagne mit dem Titel „Dein Können. Dein Kapital“, gestartet, bei der in kleinen Filmen ehemalige Auszubildende und Teilnehmer von Weiterbildungen aus der mainfränkischen Region über ihren Werdegang berichten. „Die Leute sind authentisch, sie sind real; wir hoffen, dass das Azubis in spe anspricht“, sagte Stefan Göbel, Bereichsleiter Aufstiegsweiterbildung. Die kleinen Filme werden in Kinos der Region zu sehen sein.
IT-Ausbildung mit Chance auf Bachelor
Inhaltlich will die IHK bei ihrem Kampf um Nachwuchs-Fachkräfte auch dadurch punkten, dass sie die guten Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Job hervorhebt. „Ein Abiturient, der bei uns etwa die verkürzte IT-Ausbildung macht, bekommt durch Weiterbildung bei uns auch den Bachelor“, erklärte Stefan Göbel. Das sei eine wirkliche Alternative zum Studium.
Neue Ausbildungen für den Nachwuchs
Auch mit neuen attraktiven Ausbildungen will die IHK den Nachwuchs locken. So wurde im Zeichen des digitalen Wandels gerade das nagelneue Berufsbild des Kaufmanns im E-Commerce aus der Taufe gehoben, der ab August in Mainfranken an den Start geht.
Neu entwickelt werde gerade auch die Verbindung einer Ausbildung von Industriekaufmann und Fremdsprachenkorrespondent. Stolz ist die IHK auch auf derzeit 16 neue digitale Weiterbildungsformate. Dazu zählen etwa der „Manager Digitalisierung“, der in seinem Betrieb die Digitalisierung voranbringen kann. Dazu zählt auch die „Industriefachkraft 4.0“, ein gemeinsam mit Bosch Rexroth entwickelter Zertifikatslehrgang.
Auf der Suche nach verlässlichen Fachkräften für die Zukunft dürften Betriebe aber nicht nur den Überflieger mit Super-Schulabschluss im Blick haben, sondern täten gut daran, auch jene zu werben, denen Schule und Ausbildung etwas schwerer fielen, sagte Göbel. „Die Unternehmen haben kapiert, dass man investieren muss.“
Firmen müssen in Nachwuchs investieren
Dass Firmen schwächere Schulabgänger nähmen und in betriebliche Nachhilfe investierten, sei kein Einzelfall mehr. Auch ausbildungsreife Flüchtlinge und Spätstarter seien für die Wirtschaft interessant. „Wir haben gesehen, dass etwas ältere Auszubildende mit Lebenserfahrung oft unter den Prüfungsbesten landen“, betonte Göbel.
Grundsätzlich zeigen sich Arbeitnehmer in Mainfranken laut Göbel an Weiterbildung sehr interessiert. „Von unseren rund 4000 Azubis im Jahr machen zwei Drittel später eine Weiterbildung“, hieß es.