Kaum ist die „Hochzeit“ zweier traditionsreicher Druckunternehmen Stürtz (Würzburg) und Himmer (Augsburg) vollzogen, da ist die Euphorie verflogen und es gibt – um im Bild zu bleiben – Streit um den „Ehevertrag“, dass die Fetzen fliegen: Offenbar hatte die Firmenleitung in Würzburg die Notbremse gezogen: Alle Telefonanschlüsse nach Augsburg, E-Mail Verbindungen und die Leitung zur Übertragung von Produktionsdaten seien von der Zentrale in Würzburg aus gekappt, eine Weiterarbeit in Augsburg nicht möglich, meldete die Gewerkschaft ver.di. 80 Beschäftigte stünden auf der Straße.
Die hätten sich in einer Betriebsversammlung in Augsburg klärende Worte vom früheren Himmer-Vorstand Markus Fischer gewünscht. Doch der hatte sich krankgemeldet und ist in der Geschäftsführung seit 31. Juli gar nicht mehr tätig.
Stattdessen wurden die Beschäftigten der Phoenix Print Augsburg von Geschäftsführer Ronald Hof aus Würzburg informiert: Beim Amtsgericht Augsburg sei ein Antrag auf Insolvenz gestellt worden. Hintergründe erläuterte Unternehmenssprecherin Friederike Sauerbrey am Dienstag auf Anfrage: „Die Phoenix Print Augsburg GmbH hat am 4. August einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht Augsburg gestellt,“ schrieb sie. Nötig sei das geworden, nachdem einer der beiden zu Phoenix fusionierten Partner, die Augsburger Himmer AG, vertraglich vereinbarten Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Sie habe „die Summe von 1,65 Millionen Euro rechtswidrig entzogen“, sagt die Unternehmenssprecherin. Nach Informationen der Redaktion ist in zwei Schreiben von Anwälten aus Würzburg darüber hinaus von weitere 900 000 Euro die Rede, die von Fischer gefordert wurden. Das erklärt, warum die Gewerkschaft ver.di gar von 2,5 Millionen spricht.
Die Mittel seien „nachweislich an Himmer geflossen“, sagt Sauerbrey. Trotz Aufforderung seien sie nicht an Phoenix Print, die Firmenspitze in Würzburg, gezahlt worden. Die Schwestergesellschaft Phoenix Print GmbH in Würzburg sei „von dem Insolvenzverfahren nicht betroffen“. Man blicke „ungeachtet des Rückschlags“ und der „persönlichen Enttäuschung positiv in die Zukunft“.
Stürtz hatte lange um sein Überleben kämpfen müssen. Große Hoffnung setzte man seit 24. April in die Fusion mit dem ebenso traditionsreichen Druckhaus Himmer in Augsburg. Gemeinsam hatte man am Würzburger Standort Phoenix Print gegründet. Sauerbrey kündigte damals an, „zwei seit rund 180 Jahren etablierte Offsetdruckereien zusammenzuführen und um eine innovative, leistungsfähige Digitaldruckerei zu erweitern“. Das Unternehmen sollte weiterhin an den zwei Standorten unter anderem Bücher, Magazine und Kalender produzieren. Ziel war damals, gemeinsam die Krise meistern, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Synergien zu schaffen.
Die Gewerkschaft übt harte Kritik an der „Notbremse“ der Würzburger. „Ein solches Vorgehen haben wir noch nie erlebt“, sagt ver.di-Sekretär Rudi Kleiber. Sauerbrey hielt dagegen: Die Systeme hätten nach dem Insolvenzantrag getrennt werden müssen, um Kundendaten sicherzustellen und Aufträge zu erledigen.