Auch die Gewerkschaften sind nach einem anfänglichen Sturm der Entrüstung über Schaeffler inzwischen moderater gestimmt. Die Karten Wennemers im Übernahmepoker gelten als schlecht. Schaeffler hat sich mit einem Überraschungsangriff eine gute Ausgangsposition verschafft. Fraglich ist, ob Wennemer noch ein Ass im Ärmel hat. Im Umfeld des Unternehmens heißt es: „Totgesagte leben länger.“ Zu Beginn von Woche zwei im Abwehrkampf ließ Wennemer am Montag erst einmal einen Bericht dementieren, er drohe mit einem Rücktritt. Am Wochenende hatte Wennemer Schaeffler aufgefordert, gemeinsam eine „vernünftige Lösung“ zu finden und bekräftigt, Conti stehe einem Großaktionär nicht im Wege und unterstütze ein Engagement von Schaeffler in Höhe von bis zu 20 Prozent.
Doch Schaeffler lehnte dies umgehend ab. Das Unternehmen wolle weiter ein „strategischer Großaktionär“ bei der Conti werden und dafür mehr als 30 Prozent der Anteile erwerben. Erneut versicherte das fränkische Familienunternehmen, eine Zerschlagung von Conti werde es nicht geben. Zugleich forderte Schaeffler Wennemer erneut auf, seine „haltlosen Vorwürfe“ nicht länger aufrechterhalten. Der Conti-Chef hatte geschimpft, Schaeffler habe sich rechtswidrig an Conti „herangeschlichen“, das Vorgehen sei „egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos“. Die Schaeffler-Gruppe habe sich „marktüblicher Finanzinstrumente bedient und dabei keinerlei geltendes Recht“ verletzt, hieß es in Herzogenaurach. Schaeffler bietet den anderen Conti-Aktionären 69,37 Euro pro Aktie. Dieser Preis sei angemessen – der Conti-Vorstand wiederum sieht dies komplett anders. Schaeffler verfügt bislang über 2,97 Prozent der Conti-Aktien, ferner über Finanzinstrumente, die zum Erwerb von Aktien in Höhe von 4,95 Prozent berechtigten. Außerdem habe Schaeffler in bar zu erfüllende sogenannte Swap-Geschäfte mit Banken über rund 28 Prozent der Aktien abgeschlossen. Falls die Banken bei dem Deal bis zum Ende mitspielen, hätte Schaeffler damit insgesamt rund 36 Prozent der Anteile – und wegen der geringen Präsenz auf Hauptversammlungen faktisch das Sagen bei Conti. Die Möglichkeiten Wennemers, eine Übernahme noch abzuwehren, gelten in der Branche als wenig aussichtsreich. So ist ungewiss, ob die Finanzaufsichtsbehörde das Vorgehen Schaefflers verurteilt und sanktioniert und möglicherweise die Swap-Geschäfte blockiert. Wenig wahrscheinlich sei ein freundlich gesonnener anderer Großinvestor, ein „Weißer Ritter“, sagte der Auto-Experte Frank Schwope von der Nord/LB. Eine denkbare Kapitalerhöhung wäre wenig sinnvoll. „Das wäre ohne konkreten Verwendungszweck des Geldes nicht im Aktionärsinteresse. Zudem könnte Schaeffler kontern.“ Auch ein möglicher Verkauf etwa der Reifensparte, um die Schuldenlast zu senken, sei wenig wahrscheinlich. Dies habe Wennemer stets ausgeschlossen, außerdem käme er damit Schaeffler nur zuvor. „Wennemer hat kaum Chancen gegen Schaeffler“, lautet Schwopes Fazit. „Wennemer hat nun eigentlich im Interesse der Aktionäre nur die Aufgabe, einen besseren Preis herauszuholen.“