Mehr Online-Handel bedeutet mehr Arbeitsaufwand für Paketzusteller. Im Zeitalter der Digitalisierung gibt es reichlich technische Zukunftsvisionen, wie die Arbeit von Paketzustellern wie Stefan Harloff von DPD erleichtert werden kann.
„Hi.“ – „Moin.“ Ein Paket wird abgestellt. Ein Scanner piept. Stefan Harloff reicht das Gerät zum Kunden und lässt sich eine Unterschrift geben. Ein kurzes Lächeln, ein kurzer Wortwechsel und er verlässt das Stoffgeschäft wieder. Der Kunde ruft noch schnell „Bis morgen!“ nach. Mit einer Geschwindigkeit, der viele nur joggend Schritt halten können, zieht der Paketbote weiter.
Scanner helfen bei der Zustellung
Geschwindigkeit gehört für Stefan Harloff, Paketzusteller bei DPD, zum Arbeitsalltag. „Ich mach mein Ding. Ich habe meine Scheuklappen auf.“ Er will keine Zeit verlieren. Im nächsten Moment begutachtet, scannt und packt er schon das nächste Paket auf seinen Karren. Den Blick hat er oft gesenkt und konzentriert auf seinen Scanner gerichtet.
Online-Handel boomt in Deutschland. 2,5 Milliarden Pakete verschickten die Deutschen 2016 laut der Bundesnetzagentur – vor fünf Jahren waren es noch 700 Millionen weniger. Paketzusteller wie Stefan Harloff bekommen diesen Wandel zu spüren. „Die Zahl der Kundenkontakte ist größer geworden. Früher hatte ich bis zu 80 meist gewerbliche Kunden. Heute sind es 120, darunter auch viele Privatempfänger.“
Um 5 Uhr geht's im Depot los
Im Würzburger Depot von DPD, dem nach eigenen Angaben zweitgrößten Paketdienstleister Deutschlands, sind täglich rund 100 Paketboten im Einsatz. Hier werden pro Tag bis zu 16 000 Pakete empfangen und versendet. Seit 5 Uhr schaffen Harloff und seine Kollegen Kartons und Kisten vom Band zum Fahrzeug. Während sich die Pakete vor den Fahrzeugen anderer Zusteller häufen, steht an Harloffs Platz nicht ein einziges – die lagern bereits gesichert im Sprinter.
Daten bestimmen die Tour
Rotes T-Shirt, schwarze Hose, auf der linken Seite eine Tasche. Dort befindet sich der Scanner – der digitale Begleiter aller DPD-Zusteller und Zugriff auf das hauseigene IT-System. Ein auf Erfahrungsdaten basiertes Analytics-Modell nimmt jedes Paket auf. Nach dem Beladen wertet es diese aus – heute stehen 109 auf Harloffs Anzeige. Die Datenanalyse bestimmt Zustellungstour und Zeitplan. Für jedes Paket werden zwei Minuten Zeit einberechnet.
„Man kann seine Tour durch die Routen-Optimierung planen lassen, aber erfahrene Zusteller benötigen das nicht unbedingt“, erklärt DPD-Pressesprecher Peter Rey. Meist haben DPD-Zusteller ihre Stammtour.
Stefan Harloff beliefert seit sechs Jahren Geschäfts- und Privatkunden in der Würzburger Innenstadt. Seine Tour endet laut System heute um 13.15 Uhr. „Ich möchte keine Tour fahren, die ich nicht kenne.“
Was der Computer nicht weiß
Harloff wirft einen prüfenden Blick auf die vom System erstellte Route, verschiebt die ein oder andere Station mit seinem schwarzen Touch-Pen, einem Eingabestift für Computerbildschirme. Es gibt einiges, was das System im Gegensatz zu Harloffs mit seiner 14-jährigen Berufserfahrung nicht weiß: Wann öffnen welche Geschäfte, mit welcher Straßenbahn kommt welcher Ladenbesitzer an? Außerdem ist Lieferverkehr nach 11 Uhr in der Innenstadt verboten.
Zusteller: Digitale Helfer sind gut
Trotz seines persönlichen Vorteils gegenüber den digitalen Helfern urteilt der 42-Jährige: „Ich find?s 'ne feine Sache“. Neue Mitarbeiter würden alle benötigten Informationen erhalten und müssten sich nur noch um wenig kümmern.
Ähnlich wie bei anderen Zustelldiensten, haben Empfänger auch bei DPD die Möglichkeit, ihren Lieferstatus in der „Navigator“-App einzusehen. Außerdem können sie eine Lieferzeit festlegen, einen Abstellort wählen oder einen Nachbarn bestimmen.
DPD-App hat Preis bekommen
Für seine Kundenorientierung wurde der App im April dieses Jahres vom Bundesverband Digitale Wirtschaft der Deutschen Digital Award in Bronze verliehen. Seit Einführung der App im Jahr 2017 sei die Quote der angenommenen Pakete laut DPD-Pressesprecher Peter Rey gestiegen.
Das Feature, das beim Kunden die Vorfreude auf die Lieferung steigen lässt, ist eine unterbewusste Kontrolle für den Zusteller. „Mich persönlich setzt das unter Druck. Ich muss pünktlich sein“, befindet Paketzusteller Stefan Harloff. Er sitzt im Auto und sein Telefon klingelt. Er nimmt ein Gespräch der DPD-Zentrale mit seiner Apple Watch an. Ein Knopf im Ohr sorgt dafür, dass er nicht zum Hörer greifen muss. Diese technischen Spielereien hat er sich privat für seinen Job zugelegt.
Was in der Schweiz läuft
Es gibt zahlreiche Zukunftsszenarien für die Branche: „Bei der Zustellungsart gibt es immer mehr Möglichkeiten für den Empfänger: Lieferungen an Paketstationen oder Büros. In der Schweiz wird mit Cargo Souterrain an Verteilpoints für Pakete in Innenstädten gearbeitet“, erzählt Serkan Antmen vom Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT).
Ob Drohnen und Roboter Harloffs Arbeit übernehmen? Da gehen die Meinungen in der Branche auseinander. Antmen, verantwortlich für die Mitgliederbetreuung für Post und Informationslogistik beim DVPT, hält dies für möglich: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass in 20 Jahren ein Mensch Pakete zustellt.“
DPD: Zustellung per Roboter nicht möglich
Bei DPD ist man laut Pressesprecher Rey der Meinung, dass eine standardisierte Zustellung von täglich zwei Millionen Paketen mit Robotern nicht möglich sei. Zukünftig könnte sich das Unternehmen neben bereits etabliertem digitalen Service Vorteile durch das autonome Fahren versprechen. Paketboten könnten so einer einzigen und wichtigsten Aufgabe ihrer Arbeit nachgehen – dem Zustellen.
Dass Roboter zukünftig seine Arbeit erledigen, kann sich Paketzusteller Stefan Harloff nicht vorstellen: „Ersetzen können sie mich nicht. Einer muss zum Kunden.“
Unsere Serie „Arbeitswelten der Zukunft“ zeigt anhand vieler Beispiele aus der Region, wie sich die Digitalisierung auf Berufe und Unternehmen ausgewirkt hat – oder noch auswirken wird. Alle Beiträge zur Serie finden Sie auf
Nächste Folge: digitale Ferndiagnose.