Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr in Nordbayern zugelegt. Die am Donnerstag vorgelegten Geschäftszahlen sind in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zugleich ein Blick auf die Gemütslage des Mittelstandes, der in Mainfranken die Unternehmenslandschaft prägt.

Vom Mittelstand werden auch die acht Niederlassungen getragen, die die Frankfurter Commerzbank in Nordbayern hat und die von Würzburg aus verwaltet werden. Denn 9500 der 10.000 Geschäftskunden sind Unternehmen mit einem jährlichen Jahresumsatz von maximal 15 Millionen Euro, dürfen also als kleine oder mittelgroße Betriebe gelten. Der Rest sind Großunternehmen.
7,8 Prozent mehr Kredite der Commerzbank
"Sie investieren wieder", fasste Commerzbank-Spartenleiter Wolfgang Bauer am Donnerstag die Gemütslage der von ihm betreuten Mittelständler zusammen. So sei das Volumen der an solche Unternehmen ausgegebenen Kredite 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 7,8 Prozent auf 331 Millionen Euro gestiegen.
Bei der Präsentation der Jahreszahlen für die Filialen in Würzburg, Schweinfurt, Bad Kissingen, Wertheim, Bamberg, Coburg, Forchheim und Sonneberg betonten Bauer sowie sein für die Großkunden zuständiger Kollege Holger Perrey, dass die Unternehmen verhalten optimistisch seien.
Und plötzlich finden Firmen die Lagerhaltung wieder attraktiv
Die Corona-Pandemie und die bundesweiten Lieferengpässe hätten im vergangenen Jahr zu einem Umdenken geführt: Galt die Lagerhaltung bislang in der Wirtschaft als teuer und geparktes Kapital, seien nun vermehrt Investitionen eben in Lagerhallen festzustellen. Und wer investiert, braucht meistens Kredite.

Trotz der Zuversicht und vielerorts vollen Auftragsbücher "sehen wir eine große Unsicherheit" in der Geschäftskundschaft, sagte Perrey. Auch das erkläre den Drang zu eigener Lagerhaltung - frei nach dem Motto "Was ich habe, das habe ich". Für Perrey ist deutlich geworden: "Es geht den Unternehmen darum, Kalkulationssicherheit zu haben."
Commerzbank: Nachfrage nach Aktien legt zu
In die Seele von Otto Normalverbraucher lassen auch die Zahlen des Privatkundengeschäfts der Commerzbank in Nordbayern blicken, die Spartenleiter Michael Krauß vorstellte. Kernaussage: Die Menschen in der Region finden für ihre Geldanlage zunehmend Aktien attraktiv und legen dabei auf Nachhaltigkeit wert.
So nahm die Zahl der Wertpapier-Sparpläne im Jahresvergleich um 16 Prozent zu. 80 Prozent davon gingen rein auf Aktien, so Krauß. Mit einem Sparbetrag von durchschnittlich 250 Euro pro Monat liege die Kundschaft der Commerzbank in Nordbayern über dem Branchenwert.

Gewachsen ist auch das Volumen der von der Commerzbank in der Region betreuten Depots: 3,1 Milliarden Euro und damit 19 Prozent mehr als 2020. In Zeiten von Niedrig- und Minuszins zeige sich deshalb, so Krauß: "Unsere Kunden trauen sich zunehmend an das Thema Geldanlage heran."
Nachhaltigkeit beim Bauen ist gefragt
Dass die 85.400 Privatkundinnen und -kunden in Nordbayern offenbar auch ihren Blick schärfen für Nachhaltigkeit, lässt sich aus der Baufinanzierung der Commerzbank interpretieren. So lag den Angaben zufolge der Anteil von Darlehen für umweltbewusste Vorhaben im vergangenen Jahr bei 28 Prozent (2020: 20 Prozent).
Das Volumen der gesamten Baufinanzierung stieg im Jahresvergleich auf 1,43 Milliarden Euro und damit um 18 Prozent. Mit anderen Worten: In Nordbayern haben die Menschen gesteigerte Lust auf eigene vier Wände - und das so ökologisch wie möglich.
Im Zuge des bundesweiten Umbaus des Commerzbank-Konzerns kommt es zu Schließungen von Außenstellen. So wird nach Bankangaben in diesem Jahr die Filiale in Wertheim (Main-Tauber-Kreis) dichtgemacht. Bad Kissingen hingegen bleibe erhalten, trat Krauß anders lautenden Gerüchten entgegen.
Commerzbank: Wie es mit Filialen weitergeht
Alles in allem arbeiten derzeit 111 Menschen (Vorjahr: 124) in den acht nordbayerischen Niederlassungen. Wichtige Geschäftszahlen einer Bank sind in der Regel das Zins- und Provisionsergebnis. Hierzu gebe es allerdings keine für die Region aufgeschlüsselten Daten, hieß es am Donnerstag.
Vor zwei Wochen hatte die Commerzbank in Nürnberg für Aufsehen gesorgt, weil dort wohl im Zuge einer Erpressung ein Brief in Stichflammen aufging. Eine Bankangestellte erlitt Verletzungen, der Täter ist unbekannt. Am Mittwoch warnte die Polizei, dass sich weitere Fälle dieser Art ereignen könnten.
Spartenleiter Krauß zufolge ist der Geschäftsbetrieb in den nordbayerischen Filialen davon "nicht beeinträchtigt". Wer verdächtige Briefsendungen beobachte, solle sich an die Polizei wenden.