Zahnersatz soll natürlich aussehen, versehentliche Bisse auf einen Kirschkern aushalten. Und am liebsten wartet der Patient im Zahnarztstuhl darauf, während der Zahnersatz individuell gefräst und eingesetzt wird. Dr. Bernhard Durschang und Dr. Jörn Probst vom Würzburger Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC haben einen solchen Zahnersatz entwickelt und erhalten dafür den renommierten Fraunhofer-Preis "Technik für den Menschen". Dies teilt das Institut mit.
Zahnärzte greifen auf unterschiedliche Materialien zurück, unter anderem auf Glaskeramiken. Ein solcher Zahnersatz kann direkt in der Praxis fertiggestellt werden. "Nur wurde der Rohling bisher bei mindestens 800 Grad Celsius gehärtet", heißt es. Durch das Aufheizen veränderte sich die Farbe der Krone. Manche Brücke passe dann farblich nicht perfekt zu den restlichen Zähnen. Sie müsse durch eine Verblendung angepasst werden.
Glaskeramiken galten als ausgereizt
Bisherige Glaskeramiken galten als ausgereizt. Doch Durschang und Probst vom Fraunhofer-Institut in Würzburg ist gemeinsam mit zwei Dentalunternehmen eine neue Entwicklung gelungen.
"Unsere Glaskeramik ist deutlich fester und robuster als herkömmliche Glaskeramiken", sagt Probst, der seit 2002 für das Anwendungsgebiet Gesundheit am Fraunhofer ISC verantwortlich ist. Zudem könne das Nachhärten im Ofen entfallen. Der Zahnersatz könne entsprechend der Zahnfarbe des Patienten ausgewählt werden "und wirkt vollkommen natürlich."
Querdenken führte Wissenschaftler zum Ziel
Zum Erfolg kamen die beiden Fraunhofer-Wissenschaftler durch Querdenken. Sie brachen mit der Lehrbuchmeinung, wonach die Festigkeit über die so genannte kristalline Phase in der Glaskeramik nach oben zu treiben ist. Durschang und Probst drehten dagegen an den Eigenschaften der so genannten Glasphase. "Damit haben wir Erstaunliches erreicht", so Durschang, der seit 1996 am Fraunhofer ISC Gläser und Glaskeramiken entwickelt.

Das Projekt reichte weit über die Materialentwicklung hinaus. Die Partnerfirmen erhielten alles aus einer Hand: von der ersten Lösungsidee bis zur Produktionsanlage. Mittlerweile ist die neuartige Glaskeramik bereits bei vielen Zahnärzten im Einsatz. Der Jahresumsatz dieser Glaskeramiken bei den zwei Firmen liegt im zweistelligen Millionenbereich – laut Fraunhofer ISC werden für die kommenden Jahre jährliche Wachstumsraten von rund 20 Prozent erwartet.
Der gemeinsame Preis der Fraunhofer-Gesellschaft und der ehemaligen Vorstände und Institutsleiter der Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit der Fraunhofer-Exzellenzstiftung "Technik für den Menschen" wird alle zwei Jahre für Forschungs- und Entwicklungsleistungen vergeben, die die Lebensqualität der Menschen verbessern und deren Leistungsfähigkeit im täglichen Leben und bis ins Alter erhalten. Der Preis ist mit 50000 Euro dotiert.