Die Netzentgelte als Bestandteil des Strompreises sind deutlich gestiegen, deshalb plant die Bundesregierung Entlastungen. Aber kommen die auch bei den Kunden an? Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: «Die Entlastungen müssen über die Netzbetreiber an die Kunden weitergegeben werden. Meine klare Erwartung an die Branche ist: Die Entlastungen müssen beim Kunden ankommen.»
Die schwarz-rote Koalition hat angekündigt, die Stromverbraucherinnen und -verbraucher durch Übernahme eines Teils der Übertragungsnetzentgelte sowie von Umlagen um 6,5 Milliarden Euro zu entlasten.
Die Übertragungsnetzentgelte fallen für die Nutzung des Stromübertragungsnetzes an. Sie werden dann von den Energieversorgern auf die Verbraucher umgeschlagen. Die Netzentgelte sind ein Bestandteil des Strompreises.
Die Frage ist, inwieweit die Versorger nun die Entlastungen an die Kunden weitergeben. Zudem gibt es bei den Netzentgelten große regionale Unterschiede. Die Entgelte, über die auch Kosten für den Ausbau der Stromnetze bezahlt werden, sind in Regionen mit viel erneuerbaren Energien wie im Norden oft höher als im Süden.
Genaue Entlastung für Kunden unklar
Ein Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro entlaste die Netzentgelte aller Kunden, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. «Es lässt sich aber nicht pauschal sagen, wie hoch die Entlastung jedes Kunden im Endergebnis sein wird.» Das sei regional sehr unterschiedlich. «Es ist zum einen abhängig davon, wie viel Strom im jeweiligen Verteilnetz aus dem Übertragungsnetz entnommen wird, zum anderen von der Kundenstruktur in dieser Region.»
Um die Entlastung reibungslos umzusetzen, sei es wichtig, dass bis Anfang Oktober die notwendigen gesetzlichen Beschlüsse gefasst werden, hob Andreae hervor. Nur dann könnten die Netzbetreiber den Zuschuss entgeltmindernd zum 1. Januar 2026 einberechnen. Auch die Energieversorger hätten feste Fristen, um die Entlastung in die Energiepreise einzubeziehen.
Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox sinkt durch den milliardenschweren Bundeszuschuss der Strompreis für Haushalte im Bundesdurchschnitt um rund 1,6 Cent pro Kilowattstunde. Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden spart somit rund 64 Euro. «Die Entlastung der Strompreise über die Übertragungsnetzentgelte kommt allerdings nicht überall in Deutschland an», sagte Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. «Denn Netzgebiete, in denen selbst viel Strom erzeugt wird, sind weniger abhängig von den Übertragungsnetzentgelten.» Dort käme entsprechend weniger von der Entlastung an als in Netzgebieten mit geringerer Stromerzeugung.
Weitergabe an Kunden?
«Da es sich bei Zuschüssen zu den Übertragungsnetzentgelten nicht um eine Steuersenkung handelt, sind die Energieversorger nicht verpflichtet, diese direkt an die Haushalte weiterzugeben», so Storck. Sie würden indirekt in die Kalkulation der Versorger einfließen und mit anderen Kostenfaktoren verrechnet werden. «Dass der individuelle Strompreis dann tatsächlich sinkt, ist nicht sicher. Voraussichtlich müssen sich viele Haushalte selbst um einen günstigeren Stromtarif kümmern, um von den Zuschüssen zu den Übertragungsnetzentgelten zu profitieren.»
Teurer Netzausbau
Die Netzentgelte sind deutlich gestiegen. Über die Entgelte wird unter anderem der teure Ausbau der Stromnetze in Deutschland finanziert. Es sind tausende Kilometer neue Leitungen notwendig, damit der vor allem im Norden produzierte Windstrom in große Verbrauchszentren im Süden transportiert wird.
Spielräume für Entlastungen durch schnelles Wachstum
Die Bundesregierung hat zudem beschlossen, die Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe ab 2026 zu verstetigen sowie die Gasspeicherumlage abzuschaffen. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD angekündigt, die Stromsteuer für alle zu senken - wenn auch unter Finanzierungsvorbehalt. Die Bundesregierung hat die umstrittene Entscheidung, die Stromsteuer zunächst nicht für alle zu senken, mit Haushaltszwängen begründet und damit, dass die Entlastung der Industrie Priorität habe, um Jobs zu sichern.
«Um die weiteren Entlastungen und den klaren Auftrag des Koalitionsvertrags umzusetzen, müssen wir uns die notwendigen Spielräume erarbeiten», sagte Reiche. «Spielräume können wir im existierenden Haushalt schaffen und ganz entscheidend: durch Wachstum. In dem Moment, wo wir uns Spielräume erarbeitet haben, werden wir sie nutzen, um die Energiekosten weiter zu senken.»


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