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Westafrika: Ökotourismus in Sierra Leone: Wo die Rufe der Affen hallen

Westafrika

Ökotourismus in Sierra Leone: Wo die Rufe der Affen hallen

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    Unweit von Freetown liegen Traumstrände wie der Black Johnson Beach.
    Unweit von Freetown liegen Traumstrände wie der Black Johnson Beach. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn

    Wer am internationalen Flughafen Lungi landet und in die Hauptstadt Freetown möchte, muss erst mal eine alte Fähre oder ein kleines Schnellboot betreten - und einige Kilometer auf den Atlantik übersetzen.

    Am Anleger angekommen, betritt man eine Stadt, die wunderschön an der Spitze einer Halbinsel gelegen ist - mit ein paar einfachen Museen und netten Restaurants und Bars entlang der Strände. Aber auch mit viel Verkehr und Müll. Doch schon kurz hinter den Stadtgrenzen offenbart sich der große Schatz Sierra Leones: seine Natur. Und zugleich deren Zerbrechlichkeit.

    Gleich außerhalb von Freetown liegt Tacugama – ein Schutzprojekt für Schimpansen. Mehr als 100 Tiere leben hier, die Rufe der Menschenaffen hört man schon von Weitem. «Viele Schimpansen wurden früher einfach nur für die Unterhaltungsindustrie gefangen, heute essen manche Menschen noch immer Affenfleisch», erklärt Gründer Bala Amarasekaran, der mit seinem Team viele dieser Tiere gerettet hat.

    Mit Ökotourismus Schimpansen schützen

    In einem kleinen Gehege spielen junge Schimpansen, klettern an Seilen und Baumstämmen und beäugen interessiert die Besucher auf der Empore. Die älteren Tiere leben in dicht bewachsenen Großgehegen und sind für die Besucher meist nur zur Fütterung zu sehen.

    Finanziert wird das Tacugama-Projekt unter anderem durch Ökotourismus. Neben Führungen durch das Gelände bieten Bala und sein Team auch Events wie Yoga-Retreats oder Jazz-Konzerte an. Und natürlich Übernachtungen, in einfach eingerichteten Eco-Lodges.

    Zwischen den Bäumen sind Hängematten gespannt - man liegt in ihnen und hört die Rufe die Schimpansen, die Geräusche des Waldes, und sonst nichts.

    «Nur durch unsere Präsenz hier können wir das Gebiet schützen. Jeder der hierherkommt, wird sich gegen die Zerstörung aussprechen», sagt Bala. Darum sei der Ökotourismus für Tacugama so wichtig. Gerade baut er sein Gelände mit einem Ausbildungszentrum, einem Kino und einem Freilufttheater aus. Auch die lokale Bevölkerung soll davon finanziell profitieren.

    Nach diesem Vorbild will Bala gemeinsam mit dem Tourismusministerium in Sierra Leone eine ganze Ökotourismus-Route durchs Land etablieren. Denn nicht nur die Schimpansen brauchen Schutz.

    Hohe Artenvielfalt, wenig Komfort

    Sondern auch Tiere wie das Zwergflusspferd, das als sehr bedroht gilt. In der Gegend um Tiwai Island leben sie noch. Gut fünf Stunden Autofahrt sind es von Freetown hierher, in den Süden des Landes. Ein gutes öffentliches Verkehrsnetz gibt es in Sierra Leone nicht, die Straßen abseits der großen Städte befinden sich oft in schlechtem Zustand. Es kann abenteuerlich sein.

    Tiwai Island liegt zwischen zwei Flüssen am Rande des Regenwaldes. Riesige Bäume ragen in den Himmel, überall zirpen die Insekten. Die Insel ist vor allem ein Paradies für Vogelliebhaber – mehr als 135 Arten gibt es hier. Dazu eine der höchsten Konzentrationen von Primaten weltweit. Beim Spaziergang über die Insel hört und sieht man die Affen durch die Baumkronen jagen.

    Tiwai ist ein Schutzgebiet mit einer angeschlossenen Forschungsstation, generiert aber ebenfalls Einnahmen durch den Ökotourismus. Die Ausstattung ist noch einfacher als in Tacugama: große Pavillons mit mehreren Betten ohne Decken und Kissen, geteilte Dusch- und Toilettenhäuschen. Strom oder Mobilfunkempfang gibt es nicht. Wenig Komfort, dafür Natur pur.

    Wanderungen durch den Wald und Bootstouren auf dem Fluss um die Insel kann man hier machen. Das Zwergflusspferd aber zeigt sich uns nicht. Dafür braucht es Geduld und etwas Glück. «Wenn man ab Dezember oder Januar kommt und an zwei oder drei Tagen die Bootstour macht, hat man eine Chance», erklärt Bootfahrer Alusine Koroma. «Dann wird man es wahrscheinlich sehen.»

    Es geht noch ein kleines Stück weiter in den Gola-Regenwald an der Grenze zu Liberia. Hier leben Waldelefanten und Zebraducker - kleine Waldantilopen, die ihren Namen den Streifen auf dem Fell verdanken. Die seltenen Tiere sind im dichten Regenwald ebenfalls nur schwer zu finden.

    Doch selbst wenn sich Zebraducker oder Zwergflusspferde verstecken: die unberührte Natur Sierra Leones beeindruckt auch ohne ihre scheuen Stars. Sofern man die teils beschwerliche Anreise nicht scheut.

    Traumstrände und bedrückende Vergangenheit

    Wesentlich entspannter ist der Besuch an den traumhaften Stränden mit klarem Wasser, die sich südlich der Hauptstadt entlang der Küste ziehen und die man teils für sich allein hat. Orte wie Black Johnson Beach oder Bureh Beach.

    Und dann sind da noch die vielen kleinen Inseln, die viel über die Geschichte von Sierra Leone erzählen. Wie Banana Islands: drei zusammengehörige Inseln, die man am besten mit dem Boot aus dem kleinen Ort Kent erreicht.

    Die Inseln zählten zu den wichtigsten Zentren für den Sklavenhandel zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert. Von hier legten die Schiffe Richtung Amerika ab. Historische Touren führen zu den Relikten dieser Zeit und den Spuren der Kolonialgeschichte.

    Heute leben die Menschen auf den Banana Islands von der Fischerei und vom Tourismus. Auch hier finden Reisende dichte Wälder mit Affen und Vögeln und auch Ökotourismus mit gehobenem Standard. Das Bafa-Resort etwa bietet Glamping in großen Zelten an – auf Holzterrassen mit Blick auf das Meer.

    «Es geht um den Schutz der Landschaft und die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung. Wir kaufen die Lebensmittel von ihnen und viele arbeiten bei uns im Camp», sagt Sahr Boyah, Manager des Bafa Resorts. Das hat aber auch seinen Preis. Für eine Nacht zahlt man mindestens 100 US-Dollar.

    Links, Tipps, Praktisches

    Reiseziel: Sierra Leone liegt in Westafrika. Viele verbinden das Land mit dem blutigen Bürgerkrieg von 1991 bis 2002 und der Ebola-Epidemie 2014. Heute gilt Sierra Leone als politisch stabil und als sicheres Reiseland.

    Reisezeit: Die Trockenzeit in Sierra Leone dauert etwa von November bis Mai. Die besten Reisemonate sind Dezember und Januar mit Temperaturen um die 30 Grad. In der Regenzeit (Mai bis Oktober) sind viele Straßen schlecht befahrbar und eine Reise ist eher nicht zu empfehlen.

    Anreise: Es gibt keine Direktflüge aus Deutschland. Umstiegsverbindungen gibt es unter anderem über Brüssel, Istanbul oder London. Vom Lungi-Airport nach Freetown fahren Schiffe. Eine neue, acht Kilometer lange Brücke, die den Flughafen direkt mit der Hauptstadt verbinden soll, ist in Planung.

    Einreise: Reisende brauchen ein Visum, das vorab im Internet beantragt werden kann. (Infos: https://evisa.sl/#/home) Dazu muss eine Sicherheitsgebühr für den Flughafen in Höhe von 25 US-Dollar vorab online bezahlt werden.

    Gesundheit: Eine Gelbfieberimpfung ist für die Einreise vorgeschrieben, weitere Reiseimpfungen sind sinnvoll. Sierra Leone ist Hochrisikogebiet für Malaria.

    Aktivitäten:

    Geld: Außerhalb der Hauptstadt gibt es nicht überall funktionierende Geldautomaten. Es empfiehlt sich, ausreichend Bargeld in Dollar oder Euro zum Tauschen mitzunehmen.

    Links: tourismsierraleone.com, tacugama.com, tiwaiisland.org, golarainforest.org

    Freetown ist die Hauptstadt Sierra Leones. Sie liegt malerisch auf der Spitze einer Halbinsel.
    Freetown ist die Hauptstadt Sierra Leones. Sie liegt malerisch auf der Spitze einer Halbinsel. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Naturparadies in Sichtweite: Gleich hinter der Hauptstadt beginnt der Western Area Peninsula National Park.
    Naturparadies in Sichtweite: Gleich hinter der Hauptstadt beginnt der Western Area Peninsula National Park. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Bala Amarasekaran hat das Schimpansen-Schutzprojekt Tacugama gegründet.
    Bala Amarasekaran hat das Schimpansen-Schutzprojekt Tacugama gegründet. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Schimpansen klettern durchs Gehege im Tacugama Chimpanzee Sanctuary.
    Schimpansen klettern durchs Gehege im Tacugama Chimpanzee Sanctuary. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Es gibt tägliche Besuchertouren durch das Tacugama-Gelände - wie auch die Übernachtungsangebote dienen sie der Refinanzierung des Schutzprojekts. Auch Patenschaften für Affen können übernommen werden.
    Es gibt tägliche Besuchertouren durch das Tacugama-Gelände - wie auch die Übernachtungsangebote dienen sie der Refinanzierung des Schutzprojekts. Auch Patenschaften für Affen können übernommen werden. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    In solchen Gästebungalows können Touristen im Tacugama Sanctuary übernachten.
    In solchen Gästebungalows können Touristen im Tacugama Sanctuary übernachten. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Ein Baby-Schimpanse mit seiner Ersatzmutter: Viele der Tiere, die in dem Sanctuary ankommen, wurden jung von ihrer Mutter getrennt und illegal als Haustiere verkauft.
    Ein Baby-Schimpanse mit seiner Ersatzmutter: Viele der Tiere, die in dem Sanctuary ankommen, wurden jung von ihrer Mutter getrennt und illegal als Haustiere verkauft. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Das Tacugama Sanctuary wird ausgebaut - unter anderem ein Ausbildungszentrum und ein Kino entstehen.
    Das Tacugama Sanctuary wird ausgebaut - unter anderem ein Ausbildungszentrum und ein Kino entstehen. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Das Bafa Resort auf den Banana Islands bietet Luxuszelte direkt am Meer.
    Das Bafa Resort auf den Banana Islands bietet Luxuszelte direkt am Meer. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Im Boot geht es durch den Regenwald zum Schutzgebiet Tiwai Island.
    Im Boot geht es durch den Regenwald zum Schutzgebiet Tiwai Island. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Historische Touren auf Banana Islands führen zu den Relikten kolonialer Vergangenheit - wie dieser wiederaufgebauten Kirche.
    Historische Touren auf Banana Islands führen zu den Relikten kolonialer Vergangenheit - wie dieser wiederaufgebauten Kirche. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
    Ein Boot vor Banana Islands: Die Inseln waren einst Zentren für den Sklavenhandel.
    Ein Boot vor Banana Islands: Die Inseln waren einst Zentren für den Sklavenhandel. Foto: Julian Hilgers/dpa-tmn
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