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Würzburg: Würzburger Mediziner fordert: "Flüchtlinge besser versorgen"

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Würzburger Mediziner fordert: "Flüchtlinge besser versorgen"

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    Prof. August Stich, Chefarzt der Tropenmedizin am Standort Missioklinik des Klinikums Würzburg Mitte, behandelt fast täglich TB-Patienten. Im Kampf gegen Tuberkulose macht er sich für eine bessere medizinische Versorgung von Migranten stark.
    Prof. August Stich, Chefarzt der Tropenmedizin am Standort Missioklinik des Klinikums Würzburg Mitte, behandelt fast täglich TB-Patienten. Im Kampf gegen Tuberkulose macht er sich für eine bessere medizinische Versorgung von Migranten stark. Foto: Daniel Peter

    Sie zählt weltweit zu den zehn häufigsten Todesursachen: 1,6 Millionen Menschen starben 2017 an Tuberkulose (TB), rund zehn Millionen Menschen infizierten sich laut Weltgesundheitsorganisation neu. Auch in Deutschland war 2018 die Zahl der gemeldeten Fälle mit 5429 erneut deutlich höher als noch vor einigen Jahren. Der Präsident des Robert-Koch-Institutes (RKI) Lothar Wieler mahnt anlässlich des Welttuberkulosetages am 24. März zu "zusätzlichen Anstrengungen in der Tuberkulosekontrolle". In Würzburg weiß man, was zu tun ist.

    Kampf gegen Tuberkulose: Experten in Würzburg

    Hier sitzt mit der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) nicht nur ein internationales Hilfswerk mit viel Erfahrung im Kampf gegen die Infektionskrankheit. August Stich, Tropenmediziner am Standort Missioklinik des Klinikum Würzburg Mitte (KWM), hat fast täglich mit TB zu tun.

    Allein seit Januar wurden an der Klinik mehr als 30 TB-Patienten behandelt. Die allermeisten haben einen Migrationshintergrund. Aktuelle RKI-Zahlen für Deutschland bestätigen: Fast drei Viertel der TB-Kranken wurden im Ausland geboren. "Ja", sagt Stich, "Tuberkulose ist eine Krankheit der Armen - und der Flüchtlinge." Grund zur Panik, dass sich die Infektion auf die deutsche Bevölkerung ausbreiten könnte, gebe es nicht: "Migranten sind keine Gesundheitsgefahr!" Ansteckend sei ohnehin nur die Lungen-Tuberkulose, und der beste Schutz vor einer Weiterverbreitung ist ein rascher Behandlungsbeginn. „Deshalb muss es unser Bestreben sein, alle Barrieren beim Zugang zu Behandlung abzubauen“, sagt Stich.

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    Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs wurden 2015 und 2016 in Deutschland 5865 und 5915 TB-Fälle registriert - etwa ein Drittel mehr als in den Vorjahren. 2017 ging die Zahl leicht auf 5486 zurück, davon 59 Fälle in Unterfranken. Stich setzt sich seit Jahren für eine bessere medizinische Versorgung von Migranten ein: "Das ist eine humanitäre Pflicht." Gerade mit Blick auf die Tuberkulose sieht er dringenden Handlungsbedarf.

    Umverteilung von Geflüchteten behindert die Behandlung

    Asylsuchenden steht eine Behandlung nur bei akuten Schmerzen und lebensbedrohlichen Erkrankungen zu. Dies führt nach Erfahrung des Tropenmediziners dazu, dass TB bei Migranten oft spät oder gar nicht erkannt wird - auch, weil es Hausärzten und sogar Fachärzten an Wissen über die Krankheit fehle. Sie kann verschiedene Organe befallen.

    Problem: Ist eine längere Behandlung mit Medikamenten angelaufen, werden Asylsuchende nicht selten ohne Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand an andere Orte umverteilt. Ein Vorgehen, das auch der Behandlung anderer Krankheiten zuwiderläuft. Eine Unterbrechung der Therapie führt wiederum dazu, dass die TB-Bakterien immer mehr Resistenzen ausbilden. In Deutschland liegt die Heilungsrate bei 80 Prozent. "Das ist nicht genug!", findet Experte Stich. Was tun?

    Tropenmediziner August Stich ist seit viele Jahren in der Migrantenmedizin tätig. In einem neuen Projekt setzt er Medizinstudenten als Paten für Geflüchtete ein. 
    Tropenmediziner August Stich ist seit viele Jahren in der Migrantenmedizin tätig. In einem neuen Projekt setzt er Medizinstudenten als Paten für Geflüchtete ein.  Foto: Daniel Peter

    Das Missionsärztliche Institut setzt seit September "Paten" für TB-Patienten ein: Das sind derzeit 15 Medizin-Studierende, die die Erkrankten ehrenamtlich begleiten, Sprachbarrieren überwinden und dafür sorgen, dass Migranten eine Therapie konsequent über längere Zeit durchlaufen. Die Erfahrungen sind laut Stich sehr gut, "und auch die Studierenden lernen viel dabei". Wichtig ist nach seiner Ansicht ferner das Zusammenspiel der Fachabteilungen - an der KWM Missioklinik sind das Lungenfachärzte, Tropenmediziner und Thoraxchirurgen, in Verbindung mit Spezialisten im Labor der Uniklinik.

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    Unterdessen sagt die DAHW der Tuberkulose weiterhin weltweit den Kampf an. Geschäftsführer Burkard Kömm: "Ein uneingeschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung ist entscheidend." Risikofaktoren seien Unterernährung und eine schlechte Wohnsituation.

    Burkard Kömm, Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe, hält Geflüchtete für besonders TB-gefährdet.
    Burkard Kömm, Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe, hält Geflüchtete für besonders TB-gefährdet. Foto: Thomas Obermeier

    Menschen auf der Flucht sind nach Ansicht des Gesundheitsexperten besonders gefährdet. Die Lebensrealität von Asylsuchenden in Deutschland erhöhe das Risiko einer TB-Erkrankung. Für Stress sorgten die Bleibeperspektive, Angst vor Abschiebung und auch die Unterbringung. Kömm: "Nicht Abschottung und Abweisung reduzieren die Gefahr einer TB-Ausbreitung, sondern der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und angemessene Lebensbedingungen - egal wo auf der Welt." 

    Tuberkulose: Woher sie kommt und wie man sie bekämpft Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will die globale Epidemie von Tuberkulose (TB) bis 2035 beenden. Über die Maßnahmen dazu hat im September 2018 in New York erstmals ein UN-Sondergipfel beraten. An ihm hat auch Burkard Kömm, Geschäftsführer der in Würzburg ansässigen Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) teilgenommen. TB (früher als Schwindsucht bezeichnet) ist eine chronische, seltener akut verlaufende Infektion der Lunge und anderer Organe durch das Mycobacterium tuberculosis. Laut WHO ist jeder dritte Mensch mit dem Erreger infiziert, die Übertragung erfolgt in der Regel durch eine Tröpfcheninfektion. Bei einem intakten Immunsystem können die TB-Bakterien Jahrzehnte im Körper sein, ohne dass der oder die Betroffene an TB erkrankt. Unter- oder Mangelernährung, schlechte Hygiene, hohe Anstrengungen oder schwere Krankheiten wie HIV/AIDS schwächen das Immunsystem - die Tuberkulose kann ausbrechen. Deshalb gilt sie auch als Armutskrankheit. Symptome sind laut DAHW Schwächegefühl, Nachtschweiß, Gewichtsverlust sowie andauernder Husten. Die weltweit trotz teilweise starker Nebenwirkungen praktizierte Standardtherapie: eine mindestens zwei- bzw. sechsmonatige Einnahme von vier Antibiotika. Viele Informationen zur Tuberkulose in einem Online-Special bei der DAHW: www.dahw.de/welt-tuberkulose-tag

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