Das heute noch stark ummauerte Röttingen, im romantischen Taubertal im Süden des Würzburger Landkreises gelegen, ist eine alte fränkische Stadt. Der Ort war einst Reichsgut und kam 1230 an die Herren von Hohenlohe, eine bedeutende Adelsfamilie. Spätestens 1275 erhielt Röttingen das Stadtrecht verliehen, unter Kaiser Ludwig beim Bayern wurden 1336/37 diese Rechte bestätigt. Der Chronist Lorenz Fries berichtet, dass nach 1438 die Stadtmauern so erweitert wurden, dass nunmehr die Burg Brattenstein innerhalb des städtischen Mauerrings lag.
Wappen in der Ganzhorn-Chronik
Die Ganzhorn-Chronik des Staatsarchivs Würzburg vermerkt, dass im Mittelalter die Herren von Hohenlohe nur einen Teil der Stadt Röttingen besaßen. Im Jahr 1345 verkaufte Kraft von Hohenlohe diesen Teil mit den Burgen Reichenberg und Ingolstadt im Gau um die enorme Summe von 17 000 Pfund Heller an Bischof Otto von Wolfskeel. Der Würzburger Bischof war nunmehr der Stadtherr. Bei dieser Textstelle ließ der Verfasser der Chronik das Stadtwappen von Röttingen in die Chronik zeichnen. Es fällt auf, dass Stadtwappen und Stadtsiegel bei Röttingen weitgehend identisch sind.

Das Wappenbild zeigt den Stadtpatron, den heiligen Georg, in silberner Rüstung, in der Rechten hält er eine Lanze mit goldener Fahne; am seinem linken Arm hängt ein Schild, das auf silbernem Grund ein durchgehendes rotes Kreuz, das Georgskreuz, trägt.
Im Jahre 1412 schwören die beiden Bürgermeister, der Stadrat und die gesamte Gemeinde der Stadt Röttingen, hier „Rotingen“ genannt, dass sie dem vom Würzburger Domkapitel gewählten Bischof Johann II. von Brunn und dem Domherrn Johann von Malkos als Untertanen Treue und Gehorsam leisten. Sie verpflichten sich, den Bischof vor feindlichen Angriffen zu warnen und seine Herrschaft als Fürst und Landesherr zu unterstützen.
Weiter bestätigen sie, die geistlichen und weltlichen Gerichte anzuerkennen, deren Urteile zu akzeptieren, schließlich auch das Domkapitel als Mitregenten anzunehmen. Interessanterweise geht aus der Urkunde noch hervor, dass auch die adligen Familien Truchsess von Badlersheim sowie von Berlichingen verschiedene Rechte in der Stadt besaßen. Diese Urkunde wurde von den Bürgermeistern mit dem gut erhaltenen Siegel der Stadt beglaubigt.
Stadtsiegel zeigt den wehrhaften Charakter der Stadtgemeinde

Die Pergamenturkunde liegt im Staatsarchiv Würzburg, sie wurde am 10. Februar 1412 von der Stadt ausgestellt. Das rote Wachssiegel zeigt das plastisch geformte städtische Wappen. Der Siegelabdruck ist 3,5 Zentimeter breit, trägt die lateinische Umschrift S[IGILLVM] CIVIVM CIVITATIS ROTINGEN (Siegel der Bürger der Stadt Röttingen). Auch hier ist einen aufrecht stehender, geharnischter Ritter, offensichtlich der heilige Georg, abgebildet. In der Rechten hält er einen Stab, die Fahnenlanze, links unter ihm der Wappenschild mit dem Georgskreuz. Da das Siegel in Rotwachs ausgeführt ist, muss Röttingen über ein sogenanntes Rotwachsprivileg verfügt haben, einen besonderen Gunsterweis der Würzburger Bischöfe.
Das Bildmotiv zeigt, dass hier der wehrhafte Charakter der Stadtgemeinde zum Ausdruck gebracht werden sollte. Der heilige Georg, der Drachentöter, war nicht nur Schutzpatron von Rittern, sondern auch von Städten.
Text: Ulrich Wagner
