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MICHELAU/NEW YORK: Feuer und Flamme für „Engine 233“

MICHELAU/NEW YORK

Feuer und Flamme für „Engine 233“

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    Ernstfall für die „Engine Company 233 Brooklyn“: Eine Autowerkstatt im New Yorker Osten steht in Flammen. Frank Spitzenpfeil hilft bei der Brandbekämpfung.
    Ernstfall für die „Engine Company 233 Brooklyn“: Eine Autowerkstatt im New Yorker Osten steht in Flammen. Frank Spitzenpfeil hilft bei der Brandbekämpfung.

    Plötzlich ist es taghell in der Feuerwache im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Ein tiefer Doppelgong zerreißt die nächtliche Stille. Ihm folgt ein Glockenton. Zwei Schläge. „Engine! Ladder! Fire!“, brüllt eine sonore Computerstimme durch die Räume. Zwei Minuten genügen dem Firefighter, um auf Kommando ausgeschlafen zu sein, um aus den Federn zu kommen, die Einsatzkleidung überzustreifen und mit den Fahrzeugen gen Einsatzort zu eilen. Mit Gelb- und Rotlicht und Sirene startet die „Engine 233“ durch. Mit dabei ist auch Frank Spitzenpfeil aus Michelau.

    Frank Spitzenpfeil ist Feuerwehrler durch und durch. Die Feuerwehr bestimmt sein Leben. Eigentlich ist der 37-Jährige Koch in einem Hotel-Restaurant in Bad Staffelstein. Doch in seiner Freizeit versieht er Dienst bei der Stützpunktfeuerwehr Michelau, ist dort Zugführer. Und er engagiert sich als Telefonist in der Integrierten Leitstelle Coburg, nimmt Notrufe entgegen. Am liebsten wäre er Berufsfeuerwehrmann. Noch lieber in New York City.

    Faszination Feuerwehr

    „Die Uniformen und Ausrüstung der US-amerikanischen Feuerwehrler faszinieren mich schon immer“, sagt er. Spätestens seit dem Film „Backdraft“ ist der Michelauer Feuer und Flamme für Feuerwehren in den USA. Speziell für das „Fire Department New York“, kurz FDNY, die größte Feuerwehr in den USA mit 11 000 Firefightern. Kaum hatte er den Film gesehen, trat Spitzenpfeil in die Feuerwehr Michelau ein. Das war im Jahr 1992.

    „Mein großer Traum war schon immer, dort einmal mitfahren zu dürfen“, sagt der 37-Jährige. Dass es jemals klappte, war dem Zufall geschuldet. Frank Spitzenpfeil ersteigerte online ein Abzeichen des FDNY, kam mit dem Verkäufer per Mail ins Gespräch und merkte schnell, dass dieser dort Dienst tat und sein Sohn Glen Merkitch noch immer dort aktiv ist. Dann kam der 11. September 2001, der die gesamte USA und New York im Speziellen bis ins Mark erschütterte. Die Feuerwehrleute leisteten den schwersten Dienst ihres Lebens, auch Frank Spitzenpfeils Freund Glen schuftete in der Trümmerwüste, die einst das World Trade Center war. Die Stadt München lud Glen und einige seiner Kameraden zur Erholung nach Deutschland ein. Frank und Glen trafen sich zum ersten Mal.

    2002 folgte der Gegenbesuch. Frank Spitzenpfeil nahm an einer Feuerwehrreise teil, mit Besuch der New Yorker Feuerwehr. Reines Touristenprogramm. 2004 war der Michelauer erneut im „Big Apple“. Der dortige „Battalion Chief“ McNally fand den Deutschen nett, erlaubte ihm, auf der „Engine 233“ – einem Löschfahrzeug – mit zu Gebäudeinspektionen zu fahren. Später folgte ein Kleinbrand, auch da durfte Spitzenpfeil live dabei sein. An diesem Tag wurde es spät. Zu gefährlich, um noch durch das nächtliche Brooklyn zu laufen. Der Michelauer übernachtete in der Wache.

    Von diesen Erlebnissen zehrte Frank Spitzenpfeil lange Jahre. Musste er: Ein Besuch in New York ist alles andere als billig. Dank sozialer Medien und Mails riss der Kontakt zu Glen Merkitch und den Mannen des „Tin House“, der Feuerwache, nicht ab. Bis 2011 musste Spitzenpfeil sparen, ehe er sich erneut einen Urlaub in der größten Stadt der USA leisten zu können. Um erneut Einsätze mitfahren zu können, auf „Engine 233“.

    Eine Frage des Geldes

    Wenn das Geld reichen würde, Frank Spitzenpfeil würde wohl jeden Urlaubstag bei der New Yorker Feuerwehr verbringen. „Diese Gastfreundschaft ist unbeschreiblich“, sagt er. Bilder von seinen Besuchen hängen in der Gemeinschaftsküche und an anderen Stellen der „Engine Company 233 Brooklyn“. Selbst neuen Kollegen braucht er sich nicht mehr vorstellen. „Ah, Frank?“ – Das Gesicht ist bekannt in 25 Rockaway, Brooklyn, NY. Erst vor wenigen Wochen war der 37-Jährige wieder im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sehenswürdigkeiten ließ er einmal mehr außen vor. Uninteressant. Frank Spitzenpfeil wollte Dienst tun.

    Ganz bis in die Hochrisikozone lassen die New Yorker Feuerwehrler ihren deutschen Freund jedoch nie. Aus versicherungstechnischen Gründen. „Ich bin so etwas wie ihr Jugendfeuerwehrmann“, sagt Spitzenpfeil und lacht. „In der Regel war ich Assistent des Maschinisten, habe Schläuche mit verlegt, vom Fahrzeug zum Hydranten und umgekehrt.“

    Assistent des Maschinisten

    Meist sind es eh keine Brandeinsätze, zu denen die Jungs ausrücken. Meist lautet die Alarmierung „EMS“, also „Emergency Medical Service“ – medizinischer Notfall. „Die Hauptfahrzeuge der New Yorker Wehr sind die Engines, also die Löschfahrzeuge für die Brandbekämpfung, und die Drehleitern – Ladder, deren Besatzung grundsätzlich für Personensuche und Personenrettung zuständig ist.“ Der größte Einsatz, bei dem Frank Spitzenpfeil mitwirken durfte, war der Brand einer Autowerkstatt, in deren Inneren ein Reifenstapel in Flammen stand.

    Frank Spitzenpfeil hat höchsten Respekt vor den Jungs der „Engine Company 233 Brooklyn“. „Im Einsatzfall sind sie höchst professionell, sind militärisch gedrillt, werden hart ausgebildet und sind allesamt topfit. Sie sind sehr stolz auf ihren Job“, umschreibt er es. Untereinander sind sie wie eine große Familie. „Es ist unbeschreiblich. Ich wurde bei jedem Besuch so herzlich empfangen, mir wurde alles gezeigt, was ich nur wollte.“ Stets war Frank Spitzenpfeil Gast und „König“, wurde umsorgt, wurde bedient, wurde geherzt. Harte Schale, weicher Kern: Die furchtlosen Firefighter zeigten sich ihrem deutschen Kumpel von ihrer besten Seite. Und sie interessierten sich sehr für das Feuerwehrwesen in Deutschland.

    Bei der Vorgehensweise der Feuerwehren in Deutschland und den USA gibt es gravierende Unterschiede. „Die Ausrüstung nimmt sich wenig“, meint Spitzenpfeil. Aber: Die New Yorker fackeln nicht lange. „Bei einem Brand gehen sie zum Löschangriff grundsätzlich und sofort ins Gebäude“, sagt Spitzenpfeil. „Alles ist ein wenig risikoreicher.“

    Als Erinnerung hat der Michelauer mittlerweile eine der schwarz-gelben Einsatzjacken und einen Helm des New York Fire Departement zuhause, hat sie gegen deutsche Einsatzkleidung mit einem Firefighter getauscht. Vor allem der Helm fasziniert ihn. Die Form. Die Farbe. Das Frontschild „233“ mit der Personalnummer. Der 37-Jährige ist sich sicher, dass es nicht sein letzter Besuch in der US-Metropole war. Er spart bereits wieder. Strandurlaube können ihm gestohlen bleiben.

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