Nach Angaben der "Welt" sei diese hohe Zahl in internen Beratungen von Vertretern der Innenministerien von Bund und Ländern gehandelt worden. Sie gelte jedoch als "nicht vollends belastbar", weil zahlreiche Rückmeldungen fehlten. Die Daten der nach Deutschland zurückgebrachten Reisenden würden weiter mit denen der Vermissten abgeglichen.
In Thailand wurden nach Angaben von Klaus Scharioth, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, bisher 46 deutsche Todesopfer identifiziert - darunter ein Ehepaar (65 und 86 Jahre alt) aus Unterfranken. In Sri Lanka wurden 14 tote Deutsche identifiziert. Aus Unterfranken galten am Sonntagabend einer Statistik des Bayerischen Landeskriminalamtes zufolge 20 Menschen als vermisst. Darunter befindet sich ein Ehepaar aus Zellingen (Lkr. Main-Spessart) und ein Ehepaar aus dem Landkreis Kitzingen. Eine vierköpfige Familie - ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern, das aus Rimpar (Lkr. Würzburg) stammt und in Mönchengladbach lebt - gilt im thailändischen Khao Lak ebenfalls als vermisst.
Scharioth kündigte an, dass Außenminister Joschka Fischer Ende der Woche in die Krisenregion reisen werde. Er wolle sich auf Fragen des Wiederaufbaus konzentrieren.
Die Vereinten Nationen gehen inzwischen von "deutlich mehr als 165 000 Toten" in den Krisengebieten aus - "das schlimmste Desaster, mit dem die UN je zu tun hatten". Die meiste Hilfe müsse derzeit mit Hubschraubern transportiert werden, was aufwendig und sehr teuer sei, sagte UN-Hilfskoordinator Jan Egeland. Es werde noch viele Tage dauern, bis manche Dörfer erreicht werden könnten. Zwei Drittel der Westküste Indonesiens seien weiter von der Außenwelt abgeschnitten, sagte eine Sprecherin der "Aktion Deutschland hilft" dem Fernsehsender n-tv.
Mit jedem Tag in der Hitze und mancherorts Dauerregen zu Beginn der Regenzeit verschärft sich die Lage für die isolierten Menschen, die Hunger und Durst leiden und nicht ärztlich versorgt werden können. Die Weltgesundheitsorganisation WHO befürchtet weitere 50 000 Opfer durch Krankheiten und Seuchen. Aus einigen Notaufnahmelagern wurden erste ansteckende Krankheiten wie Durchfall gemeldet.
Auf dem Flughafen der Hauptstadt von Sri Lanka, Colombo, konnten Flugzeuge mit Hilfsgütern wegen Kerosinmangels nicht starten. Vielerorts stapelten sich Hilfsgüter, die nicht weitertransportiert werden konnten. Von dem zu der indischen Inselgruppe der Andamanen und Nikobaren gehörenden Eiland Chowra wurde der Notruf abgesandt: "Bitte schicken Sie unverzüglich Lebensmittel, oder Menschen werden verhungern."
Für den völlig verwüsteten Norden Sumatras wurde eine Luftbrücke eingerichtet, um den isolierten Bewohnern Hilfe zukommen zu lassen. Die USA verlegten ihren Flugzeugträger USS Abraham Lincoln vor die Insel, Seahawk-Hubschrauber brachten Lebensmittel nach Aceh an der Westküste und flogen Überlebende in die Hauptstadt Banda Aceh. Transportflieger der australischen und der US-Armee brachten Tonnen von Decken, Medikamenten und Leichensäcken. Das Lazarett-Flugzeug MedEvac der Bundeswehr wird in der Nacht zum Montag zu seinem dritten Einsatzflug starten, um Verletzte nach Deutschland zu bringen.
Der UNO zufolge brauchen mehr als 1,7 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe, und zwar für Monate. Der Wiederaufbau in den Katastrophengebieten wird nach Einschätzung von UN-Generalsekretär Kofi Annan Milliarden Dollar kosten und fünf bis zehn Jahre dauern.