Die deutschen Bischöfe waren besorgt über die Debatten des Paulskirchenparlaments, die als gefährlich für die Kirchen, das Verhältnis von Staat und Kirche und insbesondere für die kirchliche Schulaufsicht empfunden wurden. Zudem waren die vorangegangenen Umwälzungen der Säkularisierung, der daraus entstandenen staatlichen Aufsicht über die Kirche und die bürgerlich-liberalen Ideen der französischen Revolution in der deutschen Kirche noch nicht hinreichend verarbeitet worden. Viele deutsche Bischöfe empfanden die Notwendigkeit, sich bei der Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse nicht die Initiative aus der Hand nehmen zu lassen.
Würzburg wurde vor allem we-gen seiner zentralen Lage ausgewählt. Trotz anfänglicher Befürchtungen war die Bischofskonferenz sehr gut besucht: 25 Bischöfe und Erzbischöfe waren persönlich erschienen oder hatten Vertreter entsandt. Nach zwei vorbereitenden Tagen begannen die eigentlichen Beratungen am 23. Oktober. Zutritt hatten nur die Bischöfe und ihre theologischen Berater, Laien waren ausgeschlossen. Zunächst tagte man im Priesterseminar, nach der Rückkehr der Studenten ins Semester ab dem 13. November im Franziskanerkloster. Es ist erstaunlich, dass alle Bischöfe bis zum Schluss der Konferenz in Würzburg bleiben konnten, obwohl deren vorgesehene Dauer von einer Woche um mehr als das Dreifache überschritten wurde - sicher ein Zeichen dafür, dass die Versammelten die Gespräche als wichtig und fruchtbar empfanden.
Äußerliche Höhepunkte der Konferenz waren der Empfang des Primas von Deutschland und Fürsterzbischofs von Salzburg, Kardinal Friedrich von Schwarzenberg, im Dom am 1. November, dann der Festgottesdienst im Dom am 5. November, wobei der Volksgesang des "Te Deum" die Bischöfe zutiefst beeindruckte. Auf Einladung der Bürgerschaft, die stolz auf die Wahl ihrer Stadt als Konferenzort war, fand am 9. November ein feierliches Hochamt in der Marienkapelle statt; anschließend wurden im Theatersaal 300 Arme gespeist, wobei die Bischöfe bei Tisch aufwarteten. Sie übergaben zugleich eine namhafte Spende, die sie unter sich gesammelt hatten, zur Beschaffung von Brennholz für die Bedürftigen. Ein weiterer Höhepunkt war die große Bischofsprozession vom Dom über den Marktplatz, wo ein Segen über die Stadt gesprochen wurde.
Beraten wurde in der Konferenz über das Verhältnis von Staat und Kirche, besonders intensiv über Schulfragen, dann über eine deutsche Nationalsynode sowie über soziale und klerikale Fragen. Ergebnis waren drei wichtige Denkschriften, die im Wesentlichen von den politischen und theologischen Beratern der Bischöfe verfasst worden waren.
Papst verweigerte Zustimmung
Als man am 16. November auseinander ging, erwartete man ein baldiges Wiedersehen auf einer offiziellen Nationalsynode. Dafür benötigte man aber die Zustimmung des Papstes. Diese wurde nicht gegeben, weil der Vatikan Tendenzen in Richtung auf eine deutsche Nationalkirche befürchtete, deren Entstehen auf jeden Fall verhindert werden sollte. Immerhin kam es im Gefolge dieser ersten Bischofskonferenz zu staatlichen, zum Beispiel bayerischen, und zu regionalen Bischofskonferenzen, so zur Fuldaer Bischofskonferenz. Aus dieser entstand dann mehr als 100 Jahre später die heutige Deutsche Bischofskonferenz als feste Institution.
Der Autor ist promovierter Histori- ker und wissenschaftlicher Mit- arbeiter des Stadtarchivs. Anläss- lich der 1300-Jahrfeier hat das Archiv eine mehrteilige Stadt- geschichte herausgebracht, deren erste beiden Bände bereits vorlie- gen. In loser Folge veröffentlichen wir Auszüge.