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"Tippmamsell" mit Dichter-Ader

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"Tippmamsell" mit Dichter-Ader

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    Die Grombühler Mundartdichterin Elisabeth Scheuring sprach die Sprache
der Würzburger.
    Die Grombühler Mundartdichterin Elisabeth Scheuring sprach die Sprache der Würzburger. Foto: FOTO WALTER RÖDER

    Mit sieben Jahren kam Liesel Wolz, wie sie als "Mädle" hieß, nach Würzburg in den Ingolstädter Hof, wo ihr Vater ein kleines Geschäft betrieb, erinnert Initiativkreis-Vorsitzender Willi Dürrnagel. Nach der Schulzeit wurde sie dann Sekretärin, wie sie sagte "Tippmamsell", bei den Schokoladenwerken Frankonia.

    Später heiratete sie nach Grombühl, natürlich einen Eisenbahner. Im Zweiten Weltkrieg fiel ihr Sohn in Griechenland, was sie nie ganz verschmerzen konnte. Ihr Mann, Vorhandwerker bei der Bahn, hatte Verständnis für ihre dichterische Leidenschaft. Er half mit beim Malen und Basteln, denn auch das gehörte zu ihrem Handwerk.

    Elisabeth Scheuring war immer eigenständig und originell in ihrer Art. In ihrer schriftstellerischen Entwicklung schrieb sie zunächst hochdeutsch, manchmal auch in Prosa. Sehr bald erkannte sie, dass die gereimte Mundart ihre Stärke war. Da verfiel sie dann gleich ins Konträre, ins Fränkische, wie man es auf dem Lande, im Dorfe spricht. Das war nichts für die Stadt, für die Grombühler.

    Mit sicherem Gefühl entschied sie sich dann für ihren Dialekt, den sie selbst sprach, den man in Grombühl in der Schiestlstraße hörte, wo sie wohnte und in dem sich auch die Leute ihrer Umgebung auszudrücken pflegten. Ihre Reime hatten aber etwas Besonderes, etwas Originelles an sich, sie waren eben unverkennbar "von der Scheuring".

    "Alles was sie schreibt und zeichnet, hat Kraft, ist voller Leben"

    Heiner Reitberger über Elisabeth Scheuring

    Seit 1930 fing sie an, allerlei aufzuschreiben, was ihr einfiel: Sagen, Gespenster- und Schmugglergeschichten, die sie von den Großeltern wusste, eigene und fremde Kindheitserlebnisse, Beobachtungen aus ihrem Alltag. Bald illustrierte sie auch ihr "Schreibes", wie sie erzählte. Auch seit dieser Zeit war sie eine geschätzte Mitarbeiterin des "Würzburger Generalanzeiger". Sie schrieb dort die "Jugendzeitung" und bis in die schlimmsten Kriegsjahre hinein hat sie darin Jung und Alt ergötzt. Vor allem ihre Grombühler Lausbubenstreiche, die Beschreibung des Alltags der kleinen Leute und die Abenteuer der Tanten und Onkel vom Land in der "Stoodt" wurden gerne gelesen. Nach dem Krieg zeichnete und dichtete sie ab 1949 für die Main-Post.

    Heiner Reitberger hat als "Kolonat" 1957 zu ihrem 60. Geburtstag geschrieben: "Wahrhaftig, sie gehört zu Würzburg wie - ja wie der Stadtteil, dessen Eigenart sie so verschmitzt darzustellen weiß: Grombühl. Alles was sie schreibt und zeichnet, hat Kraft, ist voller Leben, ist illusionslos gesehen (wie eine gute Mutter sieht), aber nie grob oder ätzend, sondern immer in jenem Mit-Leiden menschlicher Schwäche, das echten Humor ausmacht".

    Elisabeth Scheuring schloss ihre Augen am 14. Mai 1971 74-jährig für immer. Sie hinterließ eine schmerzlich empfundene Lücke, wie Dr. Franz Richter berichtete.

    Auch im Würzburger Rathaus war man auf Drängen der Grombühler der Meinung, dass etwas geschehen müsste, um das Andenken an die Grombühler Mundartdichterin zu bewahren. Zunächst dachte man an eine Straße, die ihren Namen führen sollte, und an einen Brunnen. Einen Bildhauer hatte man bereits ausgeguckt: es war der bekannte Kulturpreisträger Otto Sonnleitner, der in Würzburg schon viele Kunstwerke geschaffen hatte. Doch es sollte ein Denkmal werden. Die Frage war: Wo sollte es stehen? Nirgends besser als am Ort des ehemaligen "Flohglacile", etwas zurückgerückt, in einer Blumenrabatte an der Ecke Brückenauffahrt/Grombühlstraße. Dort steht er nun, der erhöhte Steinsockel mit dem Bronzemedaillon und dem Bildnis der Grombühler Mundartdichterin, der Aufschrift "Leut' und Kinner" (Titel eines Buches) und dem Namen Elisabeth Scheuring. Obendrauf steht in Bronze der Namenstags-Göker, eine Plastik aus dem gleichnamigen Gedicht der Autorin.

    Am 8. Oktober 1977 wurde das Denkmal an einem sonnigen Herbstvormittag eingeweiht und natürlich sangen die "Bockertöberle" dazu. Der Vorstand des Bürgervereins, der geschätzte Arzt Ernst Döller, hielt die Begrüßungsansprache. Der Oberbürgermeister überreichte namens der Stadt einen Scheck über 5000 Mark. Den gleichen Betrag stiftete ein Bruder der Dichterin. Den Rest (das Denkmal kostete 16 000 Mark) brachten die Grombühler selbst auf. Es war ja ihre Elisabeth Scheuring, ihr Denkmal und darum war auch die Einweihung ein kleines Volksfest für den Stadtteil Grombühl.

    Ihre letzte Ruhestätte befindet sich gegenüber dem Grab des Dichters Max Dauthendey und seiner Familie in der ersten Abteilung des Würzburger Hauptfriedhofes. Das Grab wurde leider vor einigen Jahren aufgelassen, doch der Würzburger Bürger, der das Grab übernommen hat, hat dankenswerterweise zu Ehren Elisabeth Scheurings auf Bitte von Willi Dürrnagel auf dem Grab eine Gedenktafel aufstellen lassen, mit dem Motiv "Leut' und Kinner" und der Beschreibung "Hier ruht Elisabeth Scheuring, geboren am 5. Januar 1897, Grombühler Mundartdichterin, gestorben am 14. Mai 1971 - Jetzt gewiss im Himmel drin".

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