Ein Frauenversteher und ein Sprachpurist trafen sich im Lesesaal der Karlstadter Hohen Kemenate zu einem vergnüglichen gemeinsamen Leseabend mit spritzigen und auch mal deftigen Glossen von Herbert Scheuring und Frank Weichhan.
Wäre vielleicht der Tintenfisch Paul doch die bessere Wahl als Bundespräsident gewesen? – Schließlich hat er ja neun Gehirne und kann unter Wasser beflaggte und mit Muscheln gefüllte Gläser öffnen – eine Fähigkeit, die Christian Wulff bis heute noch nicht unter Beweis gestellt hat. Was bereden Mädels von heute, wenn sie unter sich sind? Wieso kaufen Paare im Lauf ihrer Ehe immer breitere Betten und was tun, wenn das angebliche Rennpferd Mary-Lou plötzlich zu Hause anruft?
Scheuring und Weichhan haben auf ihrer Lese-Tour durch die Region auch in Main-Spessart halt gemacht, schließlich stammen beide von hier. Ersterer ist in Lohr geboren, arbeitete einige Zeit bei der dortigen Lokalredaktion der Main-Post und wechselte dann in die Zentrale nach Würzburg, wo er jetzt das Ressort Politik betreut. Bekannt ist er für seine Glossen „Unterm Strich“. Für seine großen Verdienste um die deutsche Sprache wurde der promovierte Germanist und Buchautor 2008 von „Sprachkultur Mainfranken“, der Regionalgruppe des bundesweiten Vereins Deutsche Sprache, als „Sprachbewahrer“ ausgezeichnet.
Weichhan stammt aus Aura, wirkte in Gemünden und ist jetzt in Kitzingen tätig. Seit sieben Jahren macht er dort mit seiner Wochenkolumne „Der Frauenversteher“ auf sich aufmerksam. Auch auf der Karlstadter Seite hat er Glossen als „Sack Zement“ veröffentlicht.
Bissige Treffer
Scheuring besticht durch brillante Wortspiele, seine Feder – hätte er denn noch eine statt seiner Computertastatur – wäre scharf und schnell wie ein Florett. Bissig und haargenau trifft er da, wo es mitunter auch mal etwas weh tut. Der schlampige, respektlose Umgang mit der deutschen Sprache ist dabei oft sein Ziel. Hauptfeind sind Anglizismen. Im Streifzug durch Würzburgs Innenstadt findet er kaum noch ein Geschäft mit deutschem Namen und die seltsamen Werbebotschaften wie „Come in and find out – Komm rein und finde wieder raus!“ nimmt er bitter wie Zyankali aufs Korn. Auch den Kampf des Menschen mit der modernen Technik hat er im Visier: Was haben Kaffee-Pad, Kakao-Pad und I-Pad gemeinsam?
Frank Weichhan zeigt sich scheinbar stiller und feiner. Als „Frauenversteher“ versucht er Frauen zu begreifen ohne sie zu betatschen. Die Beziehungen zwischen Mann und Frau und die Probleme, die daraus erwachsen, sind sein Thema, das er mit vorgetäuschtem braven Hundeblick verschmitzt und süffisant auf die Spitze treibt. Was tun, wenn das Schnarchen des Gatten die Partnerin unausgeschlafen mit Augenringen den nächsten Morgen erblicken lässt? Ist ein breiteres Bett hilfreich oder besser eine Trennung – nicht von Tisch und Bett, sondern nur vom Bett?
Wieso haben Männer vier Gene: das Fortgehn, das nicht Heimgehn, das Saufgehn und das Fremdgehn, Frauen aber nur ein Gen: das auf die Nerven gehn? Weichhan sitzt der Schalk im Nacken, seine Sanftheit ist nur aufgesetzt, mildert aber so manch kecken Spruch.
Lesen ist manchmal noch besser
Gelegentlich aber merkte man bei den kurzweiligen Vorträgen, dass man sich Glossen vielleicht doch besser selbst erlesen sollte. Viel zu schnell ist manchmal das gesprochene Wort und manch köstliches Wortspiel erschließt sich erst so richtig, wenn man eben noch einmal nachlesen kann. Bestes Beispiel: Scheurings „Alles Willi oder was?“, wo man als Zuhörer vor lauter Majisaschwili, Natelaschwili, Berdsenischwili, Tschubinischwili, Okruaschwili und Surabischwili (allesamt georgische Politiker) beim besten Willen nicht mehr klar kam. Der wahre Genuss stellte sich erst ein, als man den Text nachlesen konnte.
Beide Autoren haben mittlerweile ihre Glossen als Bücher herausgegeben. Von Herbert Scheuring kann man „Deutschland sucht die Superkuh“ und von Frank Weichhan den „Frauenversteher“ im Main-Post-Shop oder im Buchhandel erwerben.