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BIEBEREHREN/RÖTTINGEN: Keine klappernden Mühlen mehr

BIEBEREHREN/RÖTTINGEN

Keine klappernden Mühlen mehr

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    Der Stromgenerator der Kemmer-Mühle in Bieberehren ist an die Turbinen angeschlossen.
    Der Stromgenerator der Kemmer-Mühle in Bieberehren ist an die Turbinen angeschlossen.

    Regenerative Energien verbindet heutzutage fast jeder mit Photovoltaikanlagen und Windrädern und vergisst dabei die Wasserkraft. Längst handelt sich es dabei aber nicht mehr um das klappernde Wasserrad im rauschenden Bach, sondern um technisierte Turbinen, die hauptsächlich in Mühlen zu finden sind.

    Seit 15 Jahren organisiert der Verein Natur- und Lebensraum Rhön, das Biosphärenreservat Rhön sowie die Arbeitsgemeinschaft Hessischer Wasserkraftwerke eine Wasserkraft- und Mühlenexkursion. In diesem Jahr führte der Ausflug unter anderem zur Kemmer-Mühle in Bieberehren und zum Wasserkraftwerk Neumühle in Röttingen, besser bekannt als ehemaliges E-Werk.

    Turbinen besichtigt

    Zu besichtigen gab es in der Kemmer-Mühle die beiden sogenannten Francis-Turbinen, die es zusammen zu einer Höchstleistung von 75 Kilowatt in der Stunde bringen. Bis 1918 beziehungsweise 1920 standen an gleicher Stelle zwei Wasserräder, die den Turbinen weichen mussten. 1948 wurde eine Turbine für die jetzige ausgetauscht, 1976 folgte die zweite.

    Um die Turbinen in Gang zu bringen, fließt das Wasser erst über den Oberwasserkanal durch einen Treibgutrechen, der Fremdkörper wie große Äste davon abhält, in die Turbine zu gelangen und dort Schäden anzurichten. Ebenfalls werden so die Fische geschützt, die andernfalls in der Turbine „gehäckselt“ werden. Bei einem Gefälle von 3,25 Meter strömt das Wasser dann in die Turbinen, die den Generator zur Stromerzeugung in Gang setzen, und mündet schließlich im Unterwasserkanal.

    Strom ins Netz

    Bis 2005 verwendete Edgar Kemmer den so erzeugten Strom zum Betreiben seiner Mühle. Nachdem er das Müllerhandwerk aufgab, fließt der Strom ins öffentliche Netz. Im vergangenen Jahr konnten 425 000 Kilowatt aus den beiden Turbinen eingespeist werden. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt benötigt im Jahr circa 5000 Kilowattstunden. Wie viel Strom die Turbinen letztlich erzeugen können, ist jedoch stark von der Wassermenge abhängig. Der trockene Oktober in diesem Jahr sorgt im Moment für eine sehr geringe Leistung. Pro Kilowattstunde erhält Kemmer zwischen 7,67 Cent und 11,67 Cent.

    Im Wasserkraftwerk Neumühle in Röttingen empfing Eigentümer Wilhelm Pfenning die Besucher. Zunächst erzählte Pfenning über die Historie des Wasserwerks: 1843 gab Bauherr Anton Lochner die Fertigung der Neumühle in Auftrag. 24 Jahre später wurde erstmals das Bestehen eines Eichpfahls, der die zulässige Aufstauung markiert, dokumentiert.

    Aufwändige Sanierung

    Für 6500 Reichsmark erwarb die Stadt Röttingen 1912 die Neumühle und nutzte seither den dort erzeugten Strom. 1998 schließlich kaufte Wilhelm Pfenning das Anwesen und unternahm eine aufwändige Sanierung. Zwei Kaplan-Turbinen ließ er 2005 einbauen, die eine Leistung von 450 000 Kilowattstunden bei einem Gefälle von 2,80 Meter liefern können.

    Doch im Moment steht das Wasserkraftwerk still, denn die Wasserbehörde des Landratsamts erkennt das sogenannte Altrecht nicht an. Um nämlich die Wasserkraft zur Stromerzeugung nutzen zu können, ist ein Nachweis besonderer Wassernutzungsrechte erforderlich, die von einem Besitzer zum nächsten übergehen.

    Altrecht

    Zu unterscheiden ist hier das Altrecht, die Bewilligung und die Erlaubnis, erklärt Pfenning. Sobald das Altrecht verliehen wurde, kann es nicht mehr aberkannt werden außer in bestimmten Härtefällen. Erhält man die Bewilligung, kann man die Wasserkraft uneingeschränkt für einen definierten Zeitraum, in Bayern 30 Jahre, nutzen und hat im Gegensatz zur Erlaubnis Anspruch auf eine Entschädigung, falls die Genehmigung widerrufen wird.

    „Bei der aktuellen Vergütung von 11 Cent pro Kilowattstunde, habe ich einen jährlichen Verlust von circa 52 000 Euro“, rechnet Pfenning vor. Mit verschiedenen Dokumenten aus dem 19. Jahrhundert versucht er, die Anerkennung des Altrechts gerichtlich durchzusetzen. Pfenning hofft darauf, dass die von der Bundesregierung eingeleitete Energiewende, ausgelöst von der Atomkatastrophe in Fukushima, auch bis zur kommunalen Ebene durchstößt.

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