Er gibt ein ungewöhnliches Bild ab, dieser Kleiderschrank. Bei Wind und Wetter steht er draußen, in einem kleinen Hof in der Innenstadt. Er ist bunt bemalt und beklebt, Türen hat er keine. Stattdessen sieht man sein wirres Innenleben: Kleidungsstücke, Schuhe, Bücher, CDs und DVDs, Deko-Artikel, Geschirr, Spielsachen – allesamt Dinge, die einen neuen Besitzer suchen.
„Die Leute können alles in den Schrank stellen, was sie selbst nicht mehr brauchen, aber noch in gutem Zustand ist“, erklärt Isabell Braunger. „Wem die Sachen gefallen, kann sie wiederum kostenlos mitnehmen.“
Das ist das Prinzip der ersten Würzburger „Geschenkekiste“. Gemeinsam mit sechs anderen Würzburgern hat Braunger sie gebaut und aufgestellt. Seit knapp einem Monat steht sie m Innenhof des Cafés „Wunschlos Glücklich“ in der Bronnbachergasse und erfreut sich wachsender Beliebtheit. „Wir waren überrascht, wie gut die Idee ankam“, sagt Christina Reber, die ebenfalls zum Team gehört.
Selbst im Regen bleiben viele der Café-Gäste stehen und begutachten das ungewöhnliche Möbelstück. „Was ist das denn? Ein Trödelmarkt?“, fragt eine junge Frau. Drei andere lesen sich die „Gebrauchsanleitung“ durch und sind begeistert: „Das ist doch eine tolle Idee. Jeder hat doch Sachen zu Hause, die er nicht mehr benutzt. Dabei könnte jemand anders sie vielleicht gebrauchen.“
Genau hier wollen die jungen Leute ansetzen. „Wir möchten damit der Wegwerfgesellschaft entgegentreten“, sagt Braunger. „Und eine Alternative zum normalen Konsum schaffen.“ Denn sie und ihre Mitstreiter finden es erschreckend, wie viel Brauchbares im Müll landet. „Dabei werden so viele Ressourcen verschwendet“, findet Reber.
Von vielen Seiten wurden die beiden Studentinnen bereits belächelt, als sie von ihrem Projekt erzählten. „Viele halten es für unsinnig, weil wir damit kein Geld verdienen“, erzählt Braunger. Dabei liegt hier einer der Knackpunkte der Idee. „Dinge haben heutzutage nur noch einen Wert, wenn er sich in Zahlen darstellen lässt“, so Reber. „Dabei kann man doch auch einen anderen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Auch der Einsatz für eine Sache oder gegenseitige Hilfe sind wertvoll.“
Diesen Gedanken möchte das Team in naher Zukunft noch erweitern. „Viele Menschen haben nicht mehr das Geld, um sich zu kaufen, was sie brauchen“, sagt Braunger. „Für diese Leute wollen wir eine Anlaufstelle schaffen.“ Geplant ist ein Umsonstladen, in dem das gleiche Prinzip gilt, wie bei der Geschenkekiste – nur in größerem Stil. „Die Kiste soll die Idee verbreiten und die Menschen dafür öffnen“, sagt Reber. Ein zweiter Standort ist bereits geplant: das Jugendkulturhaus Cairo.
„Wir bekommen viele positive Rückmeldungen“, sagen die Studentinnen. Es sei schön, wie viele Menschen die Kiste glücklich mache – auch und vor allem ohne Geld.
Info: umsonstladen4wuerzburg. wordpress.com/
Ein Umsonstladen für Würzburg
Bisher ist die Gruppe für den „Umsonstladen Würzburg“ noch auf der Suche nach einem geeigneten Ladenlokal, bei dem nach Möglichkeit keine Miete anfallen sollte. Sollte sich in naher Zukunft keine kostenlose Alternative ergeben, überlegt das Team, die Mietkosten zum Beispiel über Patenschaften zu finanzieren.
Ideen und Angebote zum Ladenlokal sind willkommen (Kontakt unter umsonstladen.wuerzburg@yahoo.de). Interessierte, die Lust haben, den Umsonstladen zu gestalten und zu organisieren, sind eingeladen zum nächsten Treffen am Montag, 12. Dezember, um 19 Uhr in der Kellerperle im Studentenhaus Würzburg. Text: Reb