Strom ist der größte Brocken im Umsatz des Konzerns der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV). Knapp 300 von 460 Millionen Euro Gesamtumsatz erwirtschaftet der Konzern in diesem Bereich (siehe Grafik). Dass der Strommarkt gleichzeitig ein besonders kompliziertes Geschäftsfeld ist, wurde bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2011 in mehrerer Hinsicht deutlich. Es ging um Strompreise, -erlöse und die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung.
„Selbstverständlich zahlen die Kunden der WVV marktübliche Preise“, betonte Geschäftsführer Thomas Schäfer im Hinblick auf das „Gutsche-Urteil“ des Oberlandesgerichts Nürnberg. Wie jüngst berichtet, gab dieses dem WVV-Kunden Lothar Gutsche recht, der Strom- und Gaspreise der WVV von 2005 bis 2008 für überteuert gehalten hatte. Um 16 Prozent kürzte das Gericht die Preise der WVV.
„Gutsche-Urteil“
Laut Schäfer ist Gutsche ein nicht vergleichbarer Einzelfall. Denn für diesen hätten besondere Konditionen gegolten. Dem Vorwurf des Gerichts, die WVV habe ihre Preispolitik nicht offengelegt, widerspricht Schäfer: In dem strittigen Zeitraum hätten gesetzliche Grundlagen der Preisbildung gefehlt. Insofern sei das Urteil nicht für die Gegenwart relevant. „Heute sind alle Netzentgelter staatlich genehmigt, alle Abgaben sind saatlich fixiert.“ Auf das Urteil hätte es bislang nur „vereinzelte“ Reaktionen von Kunden gegeben.
Dass die WVV im Stromverkauf wettbewerbsfähig ist, zeigt laut Aufsichtsratsvorsitzenden Georg Rosenthal auch der steigende Anteil im überregionalen Geschäft: 2011 wurde mit 788 Millionen Kilowattstunden erstmals überregional mehr Strom verkauft als regional (726 Millionen). Zu den Kunden gehören 985 Städte und Gemeinden in ganz Deutschland.
Im heimischen Strommarkt will die WVV vor allem über Serviceangebote und der Verankerung in der Region punkten. „Die Wechselquote bei unseren Kunden liegt unter dem bundesdeutschen Durchschnitt“, sagt Schäfer. Der Stromabsatz ging bei regionalen, privaten Kunden allerdings im vergangenen Geschäftsjahr von 385 auf 361 Millionen Kilowattstunden zurück. Gesunken ist auch der Absatz von Gas (von 3,9 auf 2,6 Milliarden Kilowattstunden) und Fernwärme (von 347 auf 299 Millionen Kilowattstunden) – was dem milden Winter zuzuschreiben ist.
Die WVV verkauft aber nicht nur Strom, sie erzeugt ihn auch zu 85 Prozent selber. Die Kraft-Wärme-Kopplung im Heizkraftwerk nennt der OB ein „ökologisches Vorzeigeobjekt, mit dem man leider kein Geld verdient“. Denn die hocheffiziente Anlage kann die schwankenden Mengen an regenerativ erzeugter Energie flexibel ausgleichen. Doch ihr Betrieb kostete 2011 mehr, als er einbrachte.
Stromproduktion rückläufig
Grund dafür ist der gesetzliche Vorrang für erneuerbare Energien, das die Preise für Strom aus dem Heizkraftwerk an der Friedensbrücke sinken lässt. So konnte 2010 noch 557 Gigawattstunden im Heizkraftwerk erzeugten Strom verkauf werden, und 2011 waren es nur noch 515. „Wir müssen die Anlage stundenweise stilllegen“, erläutert Schäfer. Die geplante Stromproduktion für dieses Jahr hat die WVV bereits um rund 20 Prozent reduziert.
Trotz dieser unguten Entwicklung erzeugen die Stadtwerke mit dem Verkauf von Strom, Gas und Wasser mit 12,1 Millionen Euro (2010 15,3) den höchsten Gewinn im Konzern. Den größten Verlust macht dagegen der Nahverkehr (siehe Grafik). Obwohl im vergangenen Geschäftsjahr mit 36,8 Millionen sogar etwas mehr Menschen Bus und Bahn gefahren sind als im Vorjahr, hat sich der Verlust der Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) von 18,1 auf 18,7 Millionen Euro erhöht. Schuld daran sind auch die gestiegenen Energiekosten. Rund 17 000 Tonnen Kohlendioxid wurden durch die Benutzung von Bus und Bahn eingespart.
Die WVV-Gesellschaften Würzburger Hafen (WHG), Trinkwasserversorgung (THG) und Stadtverkehr (SVG) haben insgesamt rund 3,1 Millionen Euro Gewinn erzielt. Dabei verdient die SVG nicht nur Geld mit der Bewirtschaftung von Parkeinrichtungen, sondern auch mit Dienstleistungen für die Bewirtschaftung. Rund zwei Millionen Euro erwirtschafteten die Würzburger Recycling- und Kompostier-Gesellschaften (WRG und WKG). Weitere gut 480 000 Euro ergaben Beteiligungen an den Stadtwerken Merseburg und Zittau.
Dass die WVV die Gewinne ihrer Gesellschaften mit dem Verlust aus dem Nahverkehr verrechnet, wurde im „Gutsche-Urteil“ nicht beanstandet. Das ist laut OB und Schäfer eine übliche und zulässige Praxis.
WVV-Bilanz 2011
Bilanzsumme: 390 Millionen Euro
Investitionen: 32,2 Millionen Euro
Eigenkapital: 77,8 Millionen Euro
Anlagevermögen: 275 Millionen Euro
Mitarbeiter: 1310
Stromverkauf: 1,5 Milliarden Kilowattstunden (kWh)
Erdgasverkauf: 2,6 Milliarden Kilowattstunden (kWh)
Trinkwasserverkauf: 8,3 Millionen Kubikmeter
Fahrgäste Straßenbahn: 36,8 Millionen
Fahrleistung Straßenbahn: 129 Weltumrundungen