Nach einer Betriebsbesichtigung begann Rudolf Fuchs seine Lehre bei der Sparkasse – mit 40 zog er in die Vorstandsetage ein. Zum Monatsende wechselt Fuchs in den Ruhestand. Im Gespräch blickt er zurück auf eine völlig veränderte Sparkassenwelt.
Frage: Im August 1964 haben Sie bei der Sparkasse Würzburg angefangen – warum gerade diese Lehrstelle?
Rudolf Fuchs: Im Alter von 16 Jahren musste ich mich zwischen den Berufen Revierförster, Industriekaufmann oder Sparkassenkaufmann entscheiden. Bei einer Betriebsbesichtigung hat mir die Sparkasse gut gefallen. Kurz entschlossen bin ich dann eben am 1. August 1964 zur Städtischen Sparkasse Würzburg. Und bei der Sparkasse bin ich ja – mit einer Unterbrechung – bis jetzt gewesen.
Sie haben dann das Abitur nachgeholt.
Fuchs: Ja, ich wollte schon immer das Abitur machen, das habe ich dann im Abendgymnasium getan.
Klingt nicht gerade nach einem lässigen Schülerleben in den wilden 60ern.
Fuchs: Das waren drei Jahre parallel zum Beruf. Ich bin da oft erst kurz vor Mitternacht nach Hause gekommen und musste um sechs Uhr früh schon wieder raus und anfangs mit dem Rad von Rimpar nach Würzburg fahren. Im letzten Jahr vor dem Abitur habe ich nicht mehr gearbeitet, sondern nur noch für die Schule gelernt.
Heute fahren Sie mit dem Auto heim.
Fuchs: Ja. Ich bin meinem Geburtsort immer treu geblieben. Ich bin kein Global Player. Ich bin eher ein Local Player und fühle mich meiner mainfränkischen Heimat sehr verbunden.
Im Alter von 40 Jahren sind Sie Vorstandsmitglied geworden.
Fuchs: Man hatte mir signalisiert, dass ich das werden könnte, als man feststellte, dass ich auch der akademischen Laufbahn gewogen war – man hatte mir damals ja einen Lehrstuhl an der Fachhochschule in Würzburg angeboten. Ich habe dann meine Frau gefragt, ob ich bei der Städtischen Sparkasse bleiben solle. Und sie hat gesagt: Ja, bleib.
Sie waren als Vorstandsmitglied für Personal und Organisation zuständig.
Fuchs: Da hängt eine Menge dran – eine gewaltige Verantwortung. Und mich haben die gestalterischen Möglichkeiten immer gereizt.
Damit waren Sie ja perfekt vorbereitet für für die große Fusion mit den Sparkassen von Main-Spessart, Kitzingen und Würzburg-Land im Jahr 2000.
Fuchs: Ja, ich sah meine Lebensaufgabe darin, aus den vier Häusern ein gemeinsames, neues zu machen.
Wie kam es eigentlich zur Fusion?
Fuchs: Da haben Zufälle eine große Rolle gespielt. Das ging lange zwischen den Sparkassen und den beteiligten Kommunen hin und her.
Und plötzlich gab es die Mainfranken-Sparkasse mit fast 1800 Mitarbeitern.
Fuchs: Das war eine kleine Sensation. Wir waren die erste Regionalsparkasse in ganz Bayern, damals die zweitgrößte Sparkasse im Freistaat.
Und eine neue Unternehmenskultur?
Fuchs: Ja, wir waren plötzlich nicht nur viel größer. Es war einfach eine andere Sparkasse mit ganz neuen Möglichkeiten. Aber auch mit enormen Herausforderungen. Die Mitarbeiter sollen sich ja mit dem neuen Haus identifizieren. Sie müssen sich kennenlernen und aneinandergewöhnen.
Wie haben damals die Kunden reagiert?
Fuchs: Das lief sehr gut, da gab es keine größeren Probleme. Nur die eigentliche technische Fusion, bei der vier Häuser IT-mäßig zusammengeführt wurden, das war Ostern 2000, war eine echte Herausforderung: Die Kunden durften nicht behelligt werden – und es hat geklappt. Nur wer eine neue Kontonummer bekam, war unglücklich.
Kurz nach der Fusion sind Sie Vorstandschef geworden. Was war in diesen zwölf Jahren das wichtigste Ereignis?
Fuchs: Ganz sicher die Finanzkrise, die ja schon Anfang 2007 spürbar wurde. Man hatte ja in der Branche von diesen Finanzprodukten in den USA gelesen. Man wusste, dass es ein Problem geben könnte. Aber man dachte: Was soll denn da passieren? Wir haben diese Finanzprodukte ja nicht.
Worum ging's damals genau?
Fuchs: Um die Bündelung von Hypothekarkrediten zu Wertpapieren, die an interessierte Anleger verkauft werden konnten. Diese Wertpapiere galten als sicher, weil sie durch Sachwerte – ähnlich dem deutschen Hypothekenpfandbrief – abgesichert waren.
Was ging dabei schief?
Fuchs: Die Käufer der Immobilien in den USA gingen von fallenden Zinsen und steigenden Immobilienpreisen aus. Dies war auch lange der Fall. Danach stiegen die Zinsen und in der Folge auch die Mieten. Zinsen und Tilgungen konnten von den Immobilienkäufern nicht mehr bezahlt werden. Wenn in den USA jemand seinen Hauskredit nicht mehr tilgen kann, gibt er seiner Bank einfach den Schlüssel für das Haus zurück und entledigt sich seiner Verpflichtung. Das haben damals immer mehr Käufer von Immobilien getan.
Im September 2008 gab es dann die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers.
Fuchs: Wir haben nie Produkte von Lehman Brothers empfohlen.
Dennoch haben Sie aber die darauf folgende Rezession zu spüren bekommen?
Fuchs: Das hat man natürlich auch in Mainfranken zu spüren bekommen. Es gab ja eine riesige konjunkturelle Verunsicherung. Insbesondere Exportunternehmen bekamen Schwierigkeiten. Deren Umsätze brachen nicht selten ein. Damit verringerten sich auch die dafür vorgesehenen Kredite. Und auch das Verhalten der Privatkunden veränderte sich. Sie wurden vorsichtiger.
Klingt nach schlaflosen Nächten.
Fuchs: Aus Sparkassen-Sicht hatte ich die nicht. Aber man macht sich schon Gedanken um Beteiligungen. Die sind heute eben oft nicht mehr das, was sie in der Vergangenheit waren. Man muss da genau hinsehen.
Eine Beteiligung der bayerischen Sparkassen war auch die Landesbank . . .
Fuchs: Dieses Thema ist an den Sparkassen nicht spurlos vorbeigegangen. Nein, das war keine schöne Sache.
Alles in allem hatten Sie in Ihren letzten fünf, sechs Jahren als Vorstandschef ziemlich unruhige Jahre, oder?
Fuchs: Es waren spannende Jahre.
Die dürfte auch Ihr Nachfolger haben.
Fuchs: Wir sind gut unterwegs. Wir sind ein großes Schiff, das in rauer See ruhig und sicher liegt – und dennoch noch wendig genug ist.
Ihre Lehre aus der Krise?
Fuchs: Wo ein höherer Zins ist, ist auch ein höheres Risiko. Das ist eine meiner Lebensweisheiten, das habe ich Mitte der 60er Jahre schon in der Berufsschule gelernt. Jeder, der nach höheren Zinsen schielt, muss auch mit dem Risiko leben.
Wie hat sich das Geschäft verändert?
Fuchs: Es ist hektischer geworden, der Wettbewerb ist größer geworden. Sie dürfen keinen technischen Trend verpassen.
Rudolf Fuchs
Seit 2001 ist Fuchs Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mainfranken Würzburg, die im Jahr 2000 aus der Fusion der damaligen Städtischen Sparkasse Würzburg mit den Sparkassen der Landkreise Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart entstand. Der 1948 in Rimpar bei Würzburg geborene Fuchs studierte in Augsburg und Würzburg Betriebs- und Volkswirtschaftslehre und war anschließend an der Uni Würzburg Assistent von Otmar Issing. text: md